Fürstenfeldbruck:Ur-Pirat will in den Bundestag

Der Gröbenzeller Ralf Reinhardt bewirbt sich im Stimmkreis Fürstenfeldbruck/Dachau um ein Mandat. Der Mitgründer der Partei setzt allerdings nicht aufs Internet, sondern auf Straßenwahlkampf.

Von Andreas Ostermeier

Die Piraten im Bundestagswahlkreis Dachau/Fürstenfeldbruck schicken einen der Parteigründer ins Rennen. Ralf Reinhardt aus Gröbenzell gehört nach seinen Worten zu den 53 Männern und Frauen, die im September 2006 in Berlin die Piratenpartei gegründet haben. Dieses Engagement brachte ihm den Beifall der weiteren 14 Parteimitglieder ein, denen er sich am Sonntag auf der Wahlversammlung vorstellte.

Ralf Reinhardt

Wahlkampf analog: Ralf Reinhardt setzt auf Straßenwahlkampf, um für die Piraten zu werben; links neben ihm: Landtagskandidat Andreas Ströhle.

(Foto: Günther Reger)

Der 40 Jahre alte Reinhardt lebt mit seiner Frau und zwei Kindern seit rund drei Jahren im Landkreis. Er ist Geschäftsführer einer Firma für Sicherheit von Internet-Anwendungen. Ihm ist es ein Anliegen, die Kontrolle über die eigenen Daten zu behalten. Deshalb hat der Gröbenzeller, der sich nun in den Landkreisen Fürstenfeldbruck und Dachau um Erststimmen für den Einzug in den Bundestag bewirbt, selbst weder eine Homepage hat, noch einen Facebook-Auftritt noch twittert er - wohl erstaunlich für einen Piraten. Auch der Laptop "muss nicht immer dabei sein", sagt er, während andere Parteimitglieder am Tisch auf die Bildschirme ihrer tragbaren Computer blicken.

Die Aufdeckung der Datensammelwut des amerikanischen Geheimdienstes NSA habe "alle Hacker-Albträume wahr gemacht", sagte Reinhardt. Gesetzlichen Beschränkungen des Datensammelns im Internet gibt der Pirat der ersten Stunde wenig Chancen. Das Erstellen von Profilen im weltweiten Netz sei schließlich eine Erfindung von Privatfirmen. Deshalb müssten sich die Nutzer selbst schützen. Am besten so wie er selbst, indem sie eben keine privaten Daten preisgäben, sagte Reinhardt.

Doch der Kandidat muss nun selbst Zugeständnisse machen. Schließlich sollen die Wähler ihn und seine Themen kennen lernen können. Der Ur-Pirat stimmte deshalb zu, wenigstens für die Dauer des Wahlkampfes eine eigene Homepage einzurichten.

Reinhardts politische Anfänge liegen jedoch nicht in der Piratenpartei. Zehn Jahre lang war Reinhardt bei den Jusos. Dann zog es ihn laut seinen Worten wegen der "bürgerlichen Freiheitsthemen" zu den Piraten. Deren gesundheitspolitische Vorstellungen würde Reinhardt gerne ändern. So schwebt ihm die Einführung einer staatlichen Gesundheitsvorsorge vor, die jedem einen Basisschutz gewährt und keine Trennung in gesetzliche und Privatversicherung kennt. Auch der Einfluss der Lobby-Gruppen auf die Politik ist Reinhardt ein Dorn im Auge. Es könne nicht sein, dass diese bestimmten, wie die sie betreffenden Regeln aussehen, sagte er.

Kommunale Themen interessierten ihn hingegen weniger, gab Reinhardt bei seiner Vorstellung zu. Doch in die wird er sich wohl ein bisschen einarbeiten müssen, denn der Pirat setzt vor allem auf Straßenwahlkampf und das Gespräch mit den Einwohnern des Landkreises. Die werden von dem Kandidaten aber eher wissen wollen, wie er zu Fragen wie der Kinderbetreuung steht als zur Datensicherheit im Internet, mutmaßte einer der Piraten in der Wahlversammlung.

Ändern muss sich aber nicht nur der Kandidat der Piraten, auch die Mitglieder im Landkreis denken über die Bildung einer Struktur nach und streben wohl doch die Gründung eines Kreisverbandes an. Landtagskandidat Andreas Ströhle sagte, ein Kreisverband sei vor allem für den Kommunalwahlkampf im kommenden Jahr von Vorteil. Noch im vergangenen August hatten die Brucker Piraten eine solche Organisation abgelehnt.

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