Fürstenfeldbruck:Unser Land rechtfertigt Online-Kooperation

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Der Vertriebsleiter des Regionalvermarkters lobt die gute Zusammenarbeit mit dem Lieferservice der Amazon-Tochter Prime Now. Ein Gründungsmitglied der Solidargemeinschaft Brucker Land sieht dies kritischer

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Seit einigen Monaten bietet die Amazon-Tochter Prime Now ausgewählte Produkte von Unser Land an. Nachdem Bäckereichef Max Wimmer, der bedeutendste Mehl-Abnehmer von Brucker Land im Landkreis, vor einer Woche angekündigt hat, seine Verträge auslaufen zu lassen und dies mit "der neuen Ausrichtung" des Regionalvermarkters begründet hat, melden sich Kritiker, aber auch Fürsprecher zu Wort.

Lebensmittel aus der Region frisch auf den Tisch - das ist der Grundgedanke von Brucker Land (das Bild zeigt die Hauswirtschaftsmeisterin und Kochkurs-Leiterin Martina Oswald). (Foto: Brucker Land/oh)

Steffen Wilhelm, Vertriebsleiter von Unser Land, versteht die ganze Aufregung nicht und spricht von "viel zu viel Tamtam". Vor allem ist ihm wichtig, dass Prime Now nicht in einen Topf geworfen wird mit dem weltweit tätigen Handelsriesen Amazon. Anfragen des US-Konzerns, Lebensmittel in den deutschlandweiten Bestell- und Lieferservice aufzunehmen, seien bislang abgelehnt worden, weil dies "gegen unsere regionale beziehungsweise lokale Abgrenzung steht". Prime Now versorge als regionaler Bestell- und Lieferservice München und sein Umland und "liegt damit vollständig im Unser-Land-Netzwerkgebiet". Die Zusammenarbeit bezeichnet Wilhelm als "erfolgreich und partnerschaftlich", der Umsatz in diesem Bereich sei aber sehr überschaubar. Mit den 43 Produkten (Stand Donnerstag), die auf der Prime-Now-Homepage aufgelistet sind - von Holundersirup, Senf und Marmelade über Eier bis hin zu Nudeln, Zucker und Mehl - werde weniger erwirtschaftet als beispielsweise durch die Belieferung des Maisacher Rewe-Markts. Die gekühlten und ungekühlten Artikel werden zweimal pro Woche an das Prime-Now-Lager in der Münchener City geliefert, von wo aus sie den Haushalten zugestellt werden. Mit der Zusammenarbeit folge man lediglich "dem Wunsch der Verbraucher, auch auf diesem Wege in den Genuss unserer regionalen, fair erzeugten und hochwertigen Produkte zu kommen". Prime Now zahle in München seine Steuern, beschäftige dort auch seine Mitarbeiter und setze verstärkt Elektroautos ein, so Wilhelm.

Die Kooperation hatten die Mitglieder des von den Solidargemeinschaften getragenen Dachvereins Unser Land nach teils kontroversen Diskussionen mehrheitlich beschlossen. Vor allem viele jüngere Mitglieder plädierten für den Testbetrieb, viele der langjährigen Mitglieder hingegen waren skeptisch. In diesem Sommer soll die Unser Land GmbH als zweite Säule des Regionalvermarkters dem Fachbeirat einen Bewertung vorlegen, bevor die Solidargemeinschaften darüber abstimmen, ob die Online-Kooperation aufrecht erhalten werden soll.

Die auf Prime Now aufgelisteten Produkte, die übers Internet vermarktet werden. (Foto: Screenshot)

Unser-Land-Gründungsmitglied Rita Multerer aus Adelshofen glaubt kaum, dass sie bis dahin ihre Meinung ändern wird. Mitte 2017 hatte sie gegen die Kooperation gestimmt, dabei wird sie wohl bleiben. Eine knappe Mehrheit der Brucker Solidargemeinschaft habe für die Partnerschaft mit Prime Now gestimmt, das sei demokratisch und mithin zu akzeptieren. Aber sie bleibt dabei: Unser Land sei in der Lage, regionale Kreisläufe aus eigener Kraft zu schließen. Ihrer Meinung nach ist der Regionalvermarkter auf einem sehr guten Weg und hat es gar nicht nötig, seine Produkte zusätzlich über die Internetschiene vermarkten zu lassen.

© SZ vom 09.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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