Fürstenfeldbruck:Tödliche Badeunfälle häufen sich

Fürstenfeldbruck: Das Großaufgebot an Helfern kommt für einen 76 Jahre alten Gröbenzeller zu spät. Taucher bergen den Ertrunkenen tot aus dem Badesse.

Das Großaufgebot an Helfern kommt für einen 76 Jahre alten Gröbenzeller zu spät. Taucher bergen den Ertrunkenen tot aus dem Badesse.

(Foto: Wasserwacht)

Am Olchinger See ertrinkt am Samstag ein 76 Jahre alter Mann. Damit sind in diesem Sommer bereits acht Menschen in den Gewässern im Landkreis ums Leben gekommen

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Am Samstag ist erneut ein Mann beim Baden ums Leben gekommen. Der 76-jährige Rentner aus Gröbenzell ertrank im Olchinger See. Seine Ehefrau hatte ihn als vermisst gemeldet, nachdem er nachmittags nicht vom Schwimmen zurückgekehrt war. Wasserwacht, Polizei und Rettungsdienste suchten mit Booten und Hubschrauber, Taucher fanden ihn schließlich leblos auf dem Seegrund. Damit steigt die Zahl der tödlichen Badeunfälle in diesem Sommer im Landkreis Fürstenfeldbruck auf acht an.

In fünf weiteren dramatischen Fällen konnten Helfer der Wasserwacht Menschen vor dem Ertrinken retten. Unter anderem ebenfalls am Samstag, als während der Suche nach dem Rentner ein Rettungstaucher einen 21-jährigen Asylbewerber aus Syrien aus dem Wasser zog. Zuvor waren die Rettungskräfte zu einer Übung am Karlsfelder See gewesen. Dort zogen Passanten einen 17-Jährigen aus dem Wasser, der bereits bewusstlos war. Er wurde reanimiert und ins Krankenhaus gebracht.

"Das war echt heftig in diesem Jahr", bilanziert Rainer Bertram, Kreisgeschäftsführer des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK). In den vergangenen Jahren hatte es nie derart viele Tote an den Seen und Flüssen im Landkreis gegeben wie in diesem Sommer. Bertram erinnert sich daran, "dass Jahre dabei waren, da gab es im Landkreis gar keine Toten". Heuer ist alles anders: Allein bis Anfang August waren in bayerischen Seen und Flüssen fast 60 Menschen ertrunken, im vergangenen Jahr waren es insgesamt 79 gewesen. Deutschlandweit ertranken im Vorjahr fast 400 Menschen, die meisten davon in Seen und Flüssen in Süddeutschland. Auch in diesem Sommer häuften sich die Badeunfälle dort, wo es besonders heiß war: im Süden und im Osten Deutschlands. An den Küsten von Nord- und Ostsee hingegen gab es wegen der eher wechselhaften Witterung nur wenige Notfälle.

"In einem heißen Sommer wie in diesem Jahr sind auch mehr Badegäste unterwegs und die Badesaison dauert länger", versucht Rainer Bertram eine Erklärung zu finden. Folglich könne es auch häufiger zu Unfällen kommen. Immer wieder werden Bertram zufolge dabei die Baderegeln missachtet: So wie im Falle eines 14-jährigen Buben, der bei Günding im Landkreis Dachau von einer Betonmauer in einen Werkskanal gesprungen und nicht mehr aufgetaucht war. Baden ist dort ausdrücklich verboten, Hinweisschilder warnen vor Lebensgefahr. Oder der 19-jährige Gilchinger, der den 4. Juni bei einer Familienfeier am Germeringer See verbrachte und anschließend möglicherweise "mit vollem Bauch", wie Bertram vermutet, ins Wasser ging und nicht mehr auftauchte. Auch Regeln wie jene, die besagen, sich vor dem Sprung ins kalte Wasser abzukühlen oder längere Schwimmstrecken niemals allein zurückzulegen, würden oft nicht befolgt. Dabei könne es jedem passieren, im Wasser einen Krampf zu erleiden oder zu kollabieren, sagt Bertram.

Tendenzen darüber, welche Personengruppe als besonders gefährdet gilt, lassen sich indes keine ausmachen. Die Opfer im Landkreis sind zwischen 19 und 79 Jahre alt, es sind Frauen und Männer. Zuletzt waren es allerdings vermehrt ältere Menschen: Der 76-Jährige vom Samstag, ein weiterer 76-Jähriger, der am 5. Juli tot aus der Amper geborgen wurde, eine 79-Jährige und eine 78-Jährige, die am 19. Juli im Pucher Meer und am 13. August im Germeringer See ertranken. Am 26. Juli wurde ein 23-Jähriger zwar noch aus dem kleinen Ampersee gerettet. Er verstarb laut Polizei aber an den Folgen des Badeunfalls. "Alle konnten schwimmen", betont Bertram.

Das ist nicht selbstverständlich, Fachleute wie die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) beklagen, dass die Hälfte aller zehnjährigen Kinder in Deutschland nicht richtig schwimmen kann. Auch "viele Menschen mit Migrationshintergrund sind mit dem Baden in Gewässern überhaupt nicht vertraut", warnt die DLRG. Wie jene Asylbewerber aus Eritrea, 23, und Afghanistan, 31, die im Emmeringer See ertranken. Kurz nach den Vorfällen wurden ein Warnschild aufgestellt und an der Erstaufnahmeeinrichtung Flyer verteilt, die vor den Gefahren des Badens in unbekannten Gewässern warnen. Einen Asylbewerber konnten die Helfer der Wasserwacht bein einem Einsatz am Mammendorfer See rechtzeitig aus dem Wasser ziehen, am Germeringer See retteten die Einsatzkräfte einen 16-jährigen Jungen und am Olchinger See eine 76-jährige Frau.

Nicht alle Badeseen im Landkreis werden überwacht. Rettungsstationen der BRK-Wasserwacht gibt es an den Seen in Germering, Olching, Eichenau, Mammendorf, am Pucher Meer und an der Amper in Grafrath. Diese sind an den Sommerwochenenden und Feiertagen besetzt. An Werktagen nur, sofern "Helfer Urlaub haben und Wachdienst leisten", erläutert Rainer Bertram. Er sagt aber auch: "Wir können nicht an jeden See jemanden hinstellen. Hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht." Bei einem Alarm seien die Helfer in sechs bis sieben Minuten vor Ort.

Jemandem direkt im Wasser zu Hilfe kommen sollten ohnehin nur geschulte Helfer der Wasserwacht. Denn "wenn jemand am Untergehen und in Todesangst ist, klammert er sich derart an den Helfer, dass dieser mithinuntergezogen werden kann", warnt Bertram. Deshalb sollten Laien nicht einfach hinterherspringen. Rettungsschwimmern stehen indes Hilfsmittel wie Schwimmbretter oder Rettungsringe zur Verfügung, und auch in ihrer Ausbildung lernen die Rettungsschwimmer entsprechende Griffe, die sie befähigen, sich aus einer gefährlichen Umklammerung im Wasser zu befreien. Zeugen von Badeunfällen sind dennoch wichtig, um den Rettern Hinweise auf die Unglücksstelle zu liefern. Sie sollten deshalb exakt jene Stelle im Gewässer benennen können, an denen sie den Schwimmer in Not bemerkt haben.

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