Fürstenfeldbruck:Streit um den Schlachthof

Michael Leonbacher und Peter Falk

Michael Leonbacher und Peter Falk Die Kreisräte Michael Leonbacher (FW, links) und Peter Falk (SPD) verlangen mehr Kontrollen und Aufklärung über die Vorgänge im Schlachthof.

(Foto: Günther Reger)

Grüne und SPD machen den Landrat wegen der Teilprivatisierung der Kontrollen verantwortlich, doch Thomas Karmasin sieht keinen Zusammenhang zu den Vorfällen. Alle Kreispolitiker unterstützen einen Neuanfang

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Die Vorgänge im Brucker Schlachthof haben ein politisches Nachspiel. CSU, Freien Wähler, Grüne und SPD fordern Konsequenzen. Die Kreisräte Peter Falk (SPD) und Martin Runge (Grüne) kritisieren den Landrat: Die Vorfälle zeigten, dass die Privatisierung der Kontrollen ein Fehler gewesen sei. Thomas Karmasin wies dies zurück. Einigkeit besteht darin, dass der Betrieb mit neuem Personal fortgeführt werden soll.

Falk und Runge erinnerten, dass dem Kreisausschuss im April ein Beteiligungsbericht über 2015 vorgelegt wurde, weil der Landkreis als stiller Teilhaber mehr als 21 Prozent der Anteile am Schlachthof hält. Von Mängeln sei darin keine Rede gewesen, auch nicht dass Investitionen für Umbauten anstünden, sagte Falk. Auf Nachfragen hätten weder der Landrat noch der Geschäftsführer des Betriebes und Kreisrat Max Keil (ÖDP) darüber berichtet.

Für Falk resultieren die Vorfälle aus der neoliberalen Ideologie, die der Landrat vertrete, sowie der Grundhaltung, "sich wenig kümmern zu wollen". Runge machte den Landrat für die Zustände im Schlachthof mitverantwortlich, weil der Landkreis als staatliche Behörde Kontrollfunktion habe und als kommunale Körperschaft stiller Teilhaber sei. Karmasin wies die Kritik zurück. Die Vorfälle seien Anfang April unbekannt gewesen und die baulichen Mängel "unbedeutend" und gingen den Kreistag nichts an, weil das staatliche Amt dafür zuständig sei. Was die Privatisierung betrifft, sieht der Landrat keinen Zusammenhang mit den Vorfällen. "Hoheitliche Aufgaben werden öfter privatisiert, siehe den TÜV", sagte Karmasin.

Falk forderte wie die Fraktionsvorsitzenden von CSU und FW eine umfassende Aufklärung. Der SPD-Politiker verlangte, auch die Aufwandsentschädigung des Geschäftsführers offenzulegen und zu prüfen, ob Mindestlöhne eingehalten wurden. CSU-Fraktionssprecher Frederik Röder sagte, man müsse über ein effektiveres Kontrollsystem nachdenken. Es seien vermutlich Investitionen in bessere Ausbildung und Aufsicht notwendig, ein weiterer Punkt sei die räumliche Enge im Schlachthof, meinte der Allinger Bürgermeister.

Michael Leonbacher (FW) sieht die Staatsregierung in der Verantwortung. "Wir brauchen schärfere und wirksame Kontrollen, die die Umweltministerin abgelehnt hatte", rügte der FW-Fraktionschef. Die Freien Wähler haben ebenso wie die Grünen im Landtag Anfragen zu den Brucker Vorgängen gestellt.

"Es ist ärgerlich, dass ein gutes Konzept durch das Versagen einzelner in Misskredit gerät", sagte Reinhold Bocklet (CSU). Man müsse sich fragen, wieso die Kontrolleure nichts gesehen hätten und illegale Aktionen notwendig waren, "um der Wahrheit auf die Schliche zu kommen, sagte der Landtagsabgeordnete. Er betonte, dass es den Schlachthof ohne ihn nicht gäbe. Als Landwirtschaftsminister hatte Bocklet ein Metzger-Schlachthofprogramm aufgelegt, um Direktvermarkter und mittelständische Betriebe zu fördern, die EU-Vorgaben nicht stemmen konnten. Alle Kreispolitiker sind sich einig, dass die Grundidee des Schlachthofes gut ist. "Wir sollten das mit neuen Leuten weiterführen", meinte Leonbacher. Der Betrieb müsse neu aufgestellt werden, sodass er von der Bevölkerung akzeptiert werde, forderte Röder.

Derweil sucht man am Schlachthof auch nach dem Insider, der die Soko Tierschutz informiert hat, sagte Geschäftsführer Max Keil der SZ. Der Lebensmittelbetrieb sei "mehrfach abgesperrt" und dennoch "zehn Monate lang sabotiert" worden, sagte er in Anspielung auf die Videoüberwachung. Gleichzeitig betonte Keil seine Empörung über die Tierquälerei: "Was auf den Videos zu sehen ist, ist nicht unsere Leistung." In den Erklärung des Verwaltungsrates und Keils vom Dienstag fehlten solche Aussagen. In einer ersten Pressemitteilung des Unternehmens vom Freitag war die Rede von Verfehlungen einzelner, die man außerordentlich bedauere: "Diese sind in keinster Weise zu rechtfertigen."

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