Fürstenfeldbruck:Stellvertreter dringend gesucht

Klaus Quinten

Klaus Quinten tritt als BBV-Fraktionsvorsitzender zurück.

(Foto: Günther Reger)

BBV hat Anspruch auf den Posten des Zweiten Bürgermeisters, aber keinen Kandidaten

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Großes Rätselraten herrscht in der Kreisstadt nach der Wahl Erich Raffs zum Oberbürgermeister darüber, wer künftig dessen Stellvertreter wird. Traditionell wird der größten Fraktion, die selbst nicht den OB stellt, das Amt des Zweiten Bürgermeisters zugestanden. CSU-Fraktionschef Andreas Lohde und auch Raff haben bereits angedeutet, dieses ungeschriebene Gesetz zu beachten - wohlwissend, dass sie im Stadtrat ohnehin nicht über eine eigene Mehrheit verfügen.

Doch die BBV steht nun selbst vor einem Problem. Will sie in spätestens sechs Jahren bei der nächsten Oberbürgermeisterwahl nicht erneut auf einen auswärtigen Kandidaten angewiesen sein, wie diesmal in Person des Gröbenzellers Martin Runge, dann muss sie langfristig einen eigenen Bewerber aufbauen. Am besten ließe sich diese Person erfahrungsgemäß in Stellung bringen, wenn sie bereits Erfahrung an exponierter Stelle gesammelt hat. Als zweiter Bürgermeister kann man sich einarbeiten, vertritt bei manchen offiziellen Terminen den Oberbürgermeister und macht sich bei den Bürgern bekannt. Erich Raff selbst ist der beste Beweis, dass dies von großem Vorteil sein kann. Geeignete Bewerber sind in den Reihen der BBV aber Mangelware. Entweder sie wären bei der nächsten Wahl schon jenseits der 60 oder sie wollen gar nicht. Nach dem Austritt von Florian Weber gibt es lediglich noch zwei Kandidaten, die BBV-intern als "Nachwuchshoffnungen" um die 40 durchgehen würden. Der eine, Tommy Beer, soll bereits abgewunken haben. Der andere, Lehrer und Biologe Christian Götz, hat dies ebenfalls getan. Mancher in der BBV setzt aber darauf, dass der Vater zweier Kinder seine Absage aus der Zeit vor der aktuellen Wahl noch einmal überdenkt und sich doch noch zu einem stärkeren politischen Engagement bereit erklärt - mag dies auch auf Kosten von Familie und Beruf gehen. Doch auch wenn er dies tun würde, ist die Sache mitnichten in trockenen Tüchern. Denn Götz hat sich im Stadtrat durchaus einige Male sehr deutlich zu Wort gemeldet und sich damit bei der CSU keine Freunde gemacht. Dem CSU-Bürgermeister dürfte aber ebenso wie seinem BBV-Vorgänger Klaus Pleil zugestanden werden, bei der Auswahl seines Stellvertreters ein gewichtiges Wort mitzureden. Schließlich soll an der Stadtspitze eine vertrauensvolle Zusammenarbeit möglich sein. Pleil hatte 2014 bereits kurz nach seiner Wahl kategorisch die von den Christsozialen vorgeschlagenen CSU-Stadträte Andreas Lohde sowie Hans Schilling als seine Stellvertreter abgelehnt. Die CSU wiederum lehnte eine Kandidatur von Pleils CSU-Wunschkandidat Franz Höfelsauer ab. Am Ende einigte man sich damals auf Erich Raff.

An diesem Mittwoch geht es bei der einberufenen Sondersitzung der BBV um eben diese Personalie. Zudem wird Klaus Quinten, 68, seinen Rücktritt vom Fraktionsvorsitz bekannt geben. Dieser Schritt stehe "eher weniger" mit der Wahlniederlage des von ihm protegierten Martin Runge in Verbindung. Vielmehr wolle er sich mehr auf das Amt des BBV-Vorsitzenden konzentrieren und auf die Mitarbeit in der landkreisweiten Unabhängigen Bürgervereinigung (UBV).

Die Chancen für eine von Raff bereits angemahnte Rückkehr zur fraktionsübergreifenden Sacharbeit im Stadtrat stehen laut Quinten nicht so schlecht, auch wenn mit der CSU und der BBV die beiden größten Stadtratsfraktionen jüngst beim Thema Sportzentrum III wiederholt aneinandergeraten waren. Quinten ruft aber ebenso wie Raff die Verantwortung aller Stadträte in Erinnerung, "in der Stadt etwas voranzubringen". SPD-Stadtrat Walter Schwarz, einer der bislang größten Kritiker Raffs, hatte bereits kurz nach der Wahl am Sonntagabend angedeutet, dass er ebenfalls bereit sei, seinen Teil beizutragen. Beim Gratulieren sagte er zu Raff: "Vielleicht finden wir doch wieder näher zusammen."

Zu einem wirklichen Neuanfang würde nach Meinung von Klaus Wollenberg (FDP) auch die Neuwahl des Dritten Bürgermeisters gehören. 2014 war Karin Geißler (Grüne) mit Zustimmung Pleils mit knapper Mehrheit gewählt worden. Schon damals hatte es Kritik gegeben, dass die nominell stärkere SPD-Fraktion leer ausging. Auch Wollenberg freilich hält einen Rücktritt Geißlers für unwahrscheinlich.

Nicht für Raff in den Stadtrat nachrücken wird Karlheinz Stoklossa. Der 75-Jährige gehörte dem Stadtrat 36 Jahre an - vier davon als CSU-Fraktionsvorsitzender. 2014 verpasste er knapp den Wiedereinzug in das Gremium. Er freue sich sehr über Raffs Wahlerfolg, habe sich aber entschlossen, nach der dreijährigen politischen Abstinenz nicht mehr zurückzukehren, sondern dem auf der CSU-Nachrückerliste ihm folgenden Peter Glockzin den Vortritt zu lassen.

Mittlerweile scheint es eine Erklärung zu geben für den sehr auffälligen und vom Gesamttrend stark abweichenden Vorsprung Martin Runges im Stimmbezirk Volkshochschule. Dort hatten 65,85 Prozent der Wähler für den Kandidaten von BBV und Grünen votiert. Ursache dürfte der Ärger vieler Anwohner über das Neubaugebiet Am Krebsenbach sein. Deren Einwände und Bedenken, was die Höhe und Dichte der dort geplanten Bebauung betrifft, sei von Raff mit ein paar Sätzen abgebügelt worden, erinnert sich Wollenberg. Viele seien sauer gewesen und haben laut dem FDP-Stadtrat wohl darauf gewartet, Raff in der Wahlkabine einen Denkzettel verpassen zu können.

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