Fürstenfeldbruck:Sorgsam geführte Stimmen

Anspruchsvolles Gastspiel des Knabenchores "capella vocalis Reutlingen" in der Klosterkirche Fürstenfeld

Von Klaus Mohr

Es ist eine ideale Verbindung, wenn ein Chor zunächst den sonntäglichen Gottesdienst in der Klosterkirche Fürstenfeld mitgestaltet und dann anschließend noch bei einer Matinée im Konzert zu hören ist. Das gilt umso mehr, wenn das Fest Kirchweih gefeiert wird und damit an die Gründung des Klosters und den Bau der Kirche erinnert wird. Das Knabenseminar des Zisterzienserkonvents ist zwar seit der Säkularisation 1803 Geschichte, aber gerade deshalb ist es ein erinnerndes Zeichen, wenn dort ein Knabenchor auftritt. Nach dem ersten Gastspiel im Sommer 2016 war der Knabenchor "capella vocalis Reutlingen" unter der Leitung von Christian J. Bonath jetzt zum zweiten Mal in Fürstenfeld. Das Programm der Matinée war mit "Dona nobis pacem" überschrieben, eine in unseren Tagen sicher wieder besonders aktuelle Bitte um den Frieden in einer wenig friedlichen Welt.

Bitten hat auch musikalisch oft etwas mit Demut gegenüber Gott zu tun. Diese wird, so zeigten es zahlreiche Vertonungen zu diesem Themenkreis aus mehreren Jahrhunderten, mit getragenem Tempo, eher mäßiger Lautstärke und einem gebundenen Klanggestus assoziiert. Die "capella vocalis Reutlingen" präsentierte sich dabei in Fürstenfeld nicht nur als stimmlich gut betreutes Ensemble aus 36 Knaben- und Männerstimmen, sondern überraschte insbesondere auch durch ihre hohe Konzentration und bewundernswerte Disziplin. Beides hat aber Grenzen, und die wurden leider überschritten: Nach einem Konzert am Samstag in München und der unmittelbar vorausgegangenen anspruchsvollen Gottesdienstgestaltung waren die Kraftreserven zum Konzert doch schon zu einem großen Teil aufgebraucht, was nicht zu überhörende intonatorische Schwächen nach sich zog.

Wie eine Klangfläche, in die Worte als Impulse gesetzt waren, traf das "Da pacem Domine" von Arvo Pärt auf die Ohren der Zuhörer. In gut austariertem Gesamtklang wirkten die Veränderungen wie eine fluide Klangstudie. Im Kanon für dreistimmigen Chor und Orgel von Christoph Ludwig Fahre wechselte der Chorleiter an die Marienorgel. Da der Chor rechts vom Kreuzaltar Aufstellung genommen hatte, war kein Blickkontakt zwischen Chorleiter und Chor möglich, was mehrmals zu kleineren Ungenauigkeiten im Zusammenspiel führte. Das wiederum wäre wohl zu vermeiden gewesen, wenn sich der Chor wieder auf die vom Gottesdienst noch stehenden Podeste im Altarraum gestellt hätte.

Felix Mendelssohn Bartholdys Choralkantate "Verleih uns Frieden" war von Christian J. Bonath sehr sorgsam geführt und wurde von Christoph Hauser an der Marienorgel begleitet. Hier entwickelte sich ein sehr homogener Schönklang, in dem Chor- und in dieser Spur folgende Orgelregister korrespondierend einander gegenüberstellt wurden.

Eine Feinjustierung des Tempos um eine Spur schneller hätte die klanglichen Probleme in der Motette für Knabensolisten, Knabenchor und Basso continuo von Marc-Antoine Charpentier und in der Arie "He shall feed his flock" aus Georg Friedrich Händels "Messiah" mit dem Altus Jan Jerlitschka wahrscheinlich gelöst. Denn die Solisten waren zwar äußerst profund vorbereitet, "verhungerten" aber angesichts des Tempos immer wieder fast.

Ein Highlight des Programms war die Motette "Jauchzet dem Herrn" von Mendelssohn zum Abschluss. Hier öffnete sich der Chorklang und von der Deklamation gingen Impulse für die Intonation, was schließlich in einen ätherisch schönen Schlussakkord führte. Was schon im Konzert möglich und erforderlich gewesen wäre, zeigte schließlich eine wunderbare Parlando-Zugabe am Schluss, die auf diesem Weg noch andere Klang- und Spannungsräume erschloss.

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