Tierärztin:"Sie kriegen gar nicht mit, was schief läuft"

Schalchthof

Die Tierärztin Kathrin Zvonek von der Tierschutzakademie kritisiert die Nachlässigkeit am Brucker Schlachthof.

(Foto: Privat)

Kathrin Zvonek erklärt, was im Brucker Schlachthof beim Betäuben der Tiere offenbar falsch gemacht wurde

Interview von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Bayernweite Kontrollen zeigen, dass zwei Drittel von insgesamt 30 untersuchten Schlachthöfen Probleme mit der Betäubung haben. Worauf es dabei ankommt und was man falsch machen kann, erklärt die Tierärztin Kathrin Zvonek von der Tierschutzakademie des Tierschutzbundes.

SZ: Worauf kommt es bei der Betäubung von Schweinen an?

Zvonek: Grundsätzlich muss die Betäubung so durchgeführt werden, dass das Tier tief betäubt ist und von der Tötung selbst nichts mehr mitbekommt. Bei der Elektrobetäubung betäubt der Metzger das Tier, in dem er eine Zange am Kopf ansetzt, der Strom fließt durch das Gehirn. Dazu kommt im Regelfall eine zweite Betäubung, bei der die Zange am Herzen angesetzt wird. Dadurch wird ein Herzkammerflimmern ausgelöst, was zu einer deutlich tieferen und irreversiblen Betäubung führt. Wenn man nur am Kopf betäubt, ist das Risiko, dass die Betäubung nicht ausreicht, relativ groß. Darum wird im Regelfall kombiniert betäubt, am Kopf und am Herzen.

Gibt es noch andere Methoden?

Ja, es gibt beim Schwein noch die Betäubung mit Kohlendioxid. Dabei werden die Tiere in eine Kammer gefahren, durch das Kohlendioxid werden die Tiere betäubt. Die Effektivität ist im Vergleich zur Elektrobetäubung leichter zu überprüfen, allerdings bedeutet die Einschlafphase Stress für die Tiere, sie leiden an Atemnot und die Schleimhäute werden stark gereizt.

Was kann man falsch machen bei der Elektrobetäubung?

Das Gerät kann defekt sein, es kann nicht richtig eingestellt sein. Die Stromstärke muss dem Gewicht des Tieres angepasst sein. Der Metzger kann die Zange falsch ansetzen, so dass das Gehirn nicht im Stromfluss liegt. Fehlbetäubungen können prinzipiell in jedem Betrieb vorkommen. Es gibt einfach keine optimale Methode. Wichtig ist jedoch, dass die Mitarbeiter gut geschult sind, Fehlbetäubungen erkennen und die Tiere umgehend nachbetäuben.

Woran erkennt man, dass die Betäubung nicht richtig wirkt?

Das Tier bekommt durch den Strom eine Art epileptischen Anfall, es verkrampft sich, die Vorderbeine strecken sich, die Hinterbeine werden angezogen. Diese Verkrampfungen und bestimmte Bewegungsmuster sind nach einer Elektrobetäubung normal, das macht die Beurteilung so schwierig. Aber es gibt auch Bewegungen, die sind typisch dafür, dass die Elektrobetäubung nicht richtig wirkt. Das zeigt sich, wenn ein Schwein versucht, wieder aufzustehen, wenn es den Kopf seitlich hebt, wenn es mehrmals das Maul öffnet oder auf den Entblutungsstich reagiert. Dann handelt es sich um eine nicht ausreichende Betäubung. Und genau das ist leider auf den Videoaufnahmen vom Brucker Schlachthof zu sehen.

Was sollte der Metzger eigentlich tun?

Er muss das Tier sofort nachbetäuben. Es ist unbedingt notwendig, dass der Metzger das Tier während des gesamten Prozesses ständig genau beobachtet. Er muss prüfen, ist das Schwein richtig betäubt. Das gilt auch für das Ausbluten. Er muss kontrollieren, ob das Tier richtig betäubt und am Ende der Entblutung wirklich tot ist.

Wie lange dauert das?

Vor weiteren Schlachtarbeiten an ihnen sollten Schweine mindestens drei Minuten lang ausbluten.

Und was erkennen Sie auf den Videos der Soko Tierschutz?

Im Filmmaterial, das mir vorliegt, wurde keine Überprüfung der Betäubungs- und Entblute-Effektivität durchgeführt. Die Metzger gehen einfach weg oder drehen sich um. Sie kriegen gar nicht mit, was schiefläuft.

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