Fürstenfeldbruck:Schachzüge des Lebens

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Hans-Joachim Hecht, Schachgroßmeister aus Fürstenfeldbruck, hat ein Buch geschrieben. (Foto: oh)

Großmeister Hans-Joachim Hecht stellt seine Erinnerungen vor

Von Andreas Grebl

FürstenfeldbruckSchach, der Gedankensport, verbindet nicht nur die zwei Spieler am Tisch, auch zwei unterschiedliche Staaten. Mit seinem neuen Buch "Rochaden - Schacherinnerungen" erzählt der in Fürstenfeldbrucker Stadtteil Buchenau lebende Schachgroßmeister Hans-Joachim Hecht über seine zahlreichen Rochaden im Leben. Eine Rochade gilt als Königszug - einfach erklärt, werden die beiden noch unbewegten Figuren, König und Turm, ausgetauscht. Mit vielen Rochaden hat der gebürtige Luckenwalder seine ungewöhnliche Karriere begonnen. Vorstellen wird der ehemalige Deutsche Meister sein Werk am Sonntag im Brucker Gasthaus "Auf der Lände" (9.30 Uhr).

Seit 30 Jahren lebt der heute 76-Jährige mit seiner Frau Annemarie in Fürstenfeldbruck. Als Sohn eines selbstständigen Schreinermeisters wuchs er im damaligen Zonenrandgebiet von Ost-Berlin auf. Eher unbewusst machte er damals schon täglich eine Rochade: Obwohl er in der DDR wohnte, ging er ganz regulär von 1950 an in Berlin zur Schule, wo er auch einem Schachverein beitrat. Das eigenständige und unabhängige Arbeiten seines Vaters hat den Jungen damals schon beeindruckt. Fasziniert haben ihn laut eigener Aussage auch die großen und ungewöhnlichen Figuren. Sein erstes Wissen holte er aus Schachzeitschriften. Seiner Jugend und Unbeschwertheit wegen sei er bei Schachpartien oft unterschätzt worden, erwähnte der mehrfache Deutsche Mannschaftsmeister.

Wieder wurde eine Rochade arrangiert, Hecht wurde in die Nationalmannschaft der damaligen Bundesrepublik Deutschland berufen - ungewöhnlich für einen DDR-Bürger. Seine Rochaden zwischen Ost und West waren nicht unproblematisch, deshalb entschied er sich im August 1961, ganz in den Westen zu wechseln. Im Laufe seiner Karriere nahm er an Schacholympiaden, internationalen und nationalen Turnieren teil. Für ein Ausscheidungsturnier der WM rochierte er wieder, kündigte den damaligen Job und wurde Berufsschachspieler. "Dann lief es", erinnerte sich der gelernte Organisationsprogrammierer. 1973 wurde ihm der Titel Schachgroßmeister verliehen, er erlangte alle dafür nötigen Anforderungen in Spanien. Nach fünfjähriger Laufbahn gab er das Profi-Dasein auf und rochierte ins normale Berufsleben zurück.

1976 wurde Hecht das silberne Lorbeerblatt, die höchste sportliche Auszeichnung in Deutschland, verliehen. In Deutschland spielte er für den Solinger Schachclub und für Bayern München, beim TuS Fürstenfeldbruck war er später als Aktiver und in der Nachwuchsförderung aktiv. Das neue Buch des zweifachen Vaters ist eine Autobiografie, in der er nicht nur auf Partien verweist, sondern auch Anekdoten und Hintergründe erzählt. Seine Schachzüge inspirierten nicht nur andere Spieler, sondern auch Künstler. So fertigten die beiden lettischen Künstler Juta & Mareks das Bild "White's Move", das Hechts Partie gegen Mihail Tal im Spiel Deutschland gegen die UdSSR im Jahr 1962 zeigt. Zufällig sah der Brucker mit dem fotografischen Gedächtnis das Bild im Jahr 2008 in einer Galerie in München. Wieder vollzog er eine Rochade, seitdem hängt das Bild in seinem Schachzimmer.

© SZ vom 14.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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