Fürstenfeldbruck:Provokante Thesen

FDP

Birgit Thomann, der ehemalige Bundestagsabgeordnete Hildebrecht Braun und FDP-Kreisvorsitzender Hendrik Grallert treffen sich auf der Veranstaltung.

(Foto: Günther Reger)

Beim Kreis-FDP-Treffen löst der Gastredner auch Kritik aus

Von Lena von Holt, Fürstenfeldbruck

Zur "Auftaktveranstaltung der Münchner Sicherheitskonferenz" begrüßt Hendrik Gralltert, Vorsitzender des Kreisverbandes der FDP, am Donnerstagabend scherzhaft seine 13 Parteikollegen. Zu Gast im Hotel Zur Post in Fürstenfeldbruck war der ehemalige Bundestagsabgeordnete Hildebrecht Braun. Von 1994 bis 2002 saß er im Landesfachausschuss für Außen-, Europa- und Sicherheitspolitik der FDP Bayern. Passend zur Sicherheitskonferenz, die an diesem Wochenende in München stattfindet, setzt er den Fokus seines Vortrages auf die Außenpolitik. Ein Thema, zu dem Braun viel und oft auch aus eigenen Erfahrungen erzählen kann. In seiner Laufbahn als Politiker sei er viel herum gekommen. Unter anderem auch in der Ukraine und in Syrien - auf diese Krisengebiete setzt Braun an diesem Abend seinen Schwerpunkt. "Die Ursachen bekämpfen" lautet der Titel der Diskussionsveranstaltung. Doch wie soll die FDP von Fürstenfeldbruck aus die Flüchtlingskrise in den Griff bekommen? Natürlich habe der Kreisverband keinen Einfluss, gesteht Braun ein. Aber es gehe darum, klare Forderungen zu stellen.

Dass es zum FDP-Treffen ausnahmsweise nicht um die deutsche Innenpolitik gehe, hat Braun zufolge einen guten Grund: "Wenn wir uns nicht ausführlich mit der Außen- und Sicherheitspolitik beschäftigen, dann kommt sie zu uns. Und zwar in Form von Flüchtlingen." Braun spricht zwar von Außenpolitik, spannt den Bogen aber immer wieder zur Innenpolitik. Dadurch macht er deutlich, dass die "großen Entscheidungen", die unter anderem auf der Sicherheitskonferenzgetroffen werden, auch für den Landkreis Fürstenfeldbruck relevant sind.

Gemeinsame Werte und Interessen seien die Grundlage für Frieden, so Braun. Deshalb könne Europa als Vorbild dienen. "Angst vor Krieg ist uns heute fremd", sagt der studierte Jurist. Vor einigen Jahrzehnten wären die europäischen Staaten allerdings noch Erzfeinde gewesen. Braun, der als Anwalt auch die islamische Gemeinde Penzberg vertritt und sich auf diese Weise für einen "liberalen Islam" in Deutschland einsetzt, visiert die "Vereinigten Staaten von Europa" an. Damit Europa stark bleibe, bedürfe es einer gebündelten Kraft. Deshalb fordert Braun eine europäische Verfassung, eine gemeinsame NATO-Vertretung und Armee. Dass Europa noch weiter zusammen wachsen soll, trifft bei Birgit Thomann, Vize-Kreisvorsitzende, auf Widerstand. Sie bezeichnet Brauns Forderung als ein "abgehobenes Traumgebilde", das von niemandem gewollt wäre. In Nationalstaat und Europa sieht sie keinen Widerspruch, warum dann etwas an der derzeitigen Situation verändern? Man müsse sich gegen die Renationalisierung europäischer Länder wie Polen, Frankreich oder auch Deutschland, in Form von der AFD, wehren, findet Braun. Die FDP brauche Themen, die sich von den anderen Parteien abgrenzen, um wieder ins Parlament gewählt zu werden. Ein stärkeres Europa könnte eines dieser Themen sein. Dafür erhält er auch Zustimmung aus den eigenen Reihen: Die Politik denke heute viel zu kurzfristig, sagt Lampert Drey. Deshalb gefallen ihm die Visionen von Hildebrecht Braun.

Mit seinem Einfluss müsse Europa, und vor allem Deutschland, endlich Verantwortung übernehmen, fordert Braun. Dass tue es momentan nicht. Immer wieder würde der Westen gegen seine eigenen Werte wie Rechtsstaatlichkeit oder Menschenwürde verstoßen. Beispielsweise indem Deutschland wegschaut, wenn Amerika foltert oder in Ägypten 600 Muslimbrüder an nur einem Tag ohne fairen Prozess zu Tode verurteilt werden. Diese Inkonsequenz mach Deutschland im Ausland nach Brauns Ansicht unglaubhaft. Er kritisiert auch, dass aus Angst vor Putin wirtschaftliche Sanktionen gegen Russland aufgehoben wurden oder den osteuropäischen Ländern der Beitritt in die NATO nicht gestattet wird.

Auch in der Flüchtlingsdebatte vertritt Hildebrecht Braun eine klare Meinung: "Menschlichkeit endet nicht an der Grenze des Mittelmeers." Bei 60 Millionen Menschen auf der Flucht, könne man eine Obergrenze nicht durchsetzen. Die Menschen im Land hätten einfach nur Glück, hier in Deutschland geboren zu sein, ohne dass sie etwas dafür getan haben zu müssen. Dem Gemeinderat aus Gröbenzell, Klaus Coy, gefällt es, dass Braun zur Flüchtlingskrise eine klare Linie bekennt. Die würde ihm in der FDP - zum Beispiel bei FDP-Chef Christian Lindner - fehlen.

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