Fürstenfeldbruck:Platz für 23 000 Menschen

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Im Landkreis gibt es noch viele potenzielle Baugrundstücke. Die Kreisbaumeisterin aber dämpft Hoffnungen auf ein Ende der Wohnungsnot. Denn Städte, Gemeinden und Immobilienbesitzer müssen auch mitspielen.

Von Gerhard Eisenkolb, Fürstenfeldbruck

Die 23 Städte und Gemeinden im Landkreis Fürstenfeldbruck verfügen über Reserven an Baugrundstücken, auf denen noch rund 11 500 zusätzliche Wohnungen für insgesamt 23 000 Menschen errichtet werden könnten. Das ist das Ergebnis von Berechnungen des Regionalen Planungsverbands (RPV) zum Wohnbaupotenzial im Landkreis. Grundlage der Analyse sind die Bereiche, die in den aktuellen Flächennutzungsplänen der 23 Kommunen zur Wohnbebauung oder für eine Mischnutzung von Gewerbe und Wohnen ausgewiesen sind. Diese Flächen sind insgesamt 256,5 Hektar groß, was nicht ganz der Hälfte des Gemeindegebiets von Gröbenzell entspricht.

Kreisbaudirektorin Reinlinde Leitz relativiert diese ihrer Ansicht nach zu optimistische Einschätzung des RPV-Geschäftsführers Christian Breu. Ihr Einwand: Bei Flächennutzungsplänen handelt es sich nur um verwaltungsinterne Festlegungen der vier Städte und 19 Gemeinden. Ist ein Grundstück in einem Flächennutzungsplan für Wohnbebauung vorgesehen, kann sich der Grundstückseigentümer deshalb noch nicht darauf berufen, bereits Baurecht zu haben, sagt Leitz. Weshalb Breu einschränkend auch nur von Wohnbaupotenzial spricht.

Bei der Studie des Regionalen Planungsverbands handelt es sich laut der Kreisbaudirektorin des Landratsamtes deshalb nur um fiktive Zahlen, die sich nicht eins zu eins umsetzen lassen. Zudem gebe es in jeder Gemeinde Bereiche, die in Flächennutzungsplänen zwar irgendwann einmal für eine Wohnbebauung vorgesehen waren, nun aber nicht mehr bebaut werden sollen. Und Leitz bezweifelt, dass die Grundeigentümer überhaupt immer bauen wollen. Breu zufolge wurden solche Unwägbarkeiten bereits berücksichtigt: Nur die Hälfte der denkbaren Fläche sei angesetzt worden. Der Brucker Fliegerhorst wurde gar nicht erst berücksichtigt, obwohl dort Wohnungen für um die 6000 Bewohner entstehen könnten.

Für Leitz ist die Auswertung alter Flächennutzungspläne nicht zielführend. Sie will erst über das Wohnbaupotenzial im Landkreis reden, wenn eine detaillierte Strukturanalyse vorliegt. Daraus soll hervorgehen, wo sich der Landkreis wie entwickeln soll. Mit dieser Planung soll noch im Sommer begonnen werden. An dem von Innenministerium und Oberster Baubehörde bezuschussten Projekt beteiligen sich der Landkreis und 19 Kommunen.

Nach den Vorgaben des Leitbildes für den Landkreis gehe es darum, ganzheitliche Lösungen zu finden und nicht primär darum, die Bebauung um jeden Preis zu verdichten, sagt die für die Bauleitplanung zuständige Kreisbaumeisterin. Es würden andere Prioritäten gesetzt. Naturräume sollen frei gehalten und die Lebensqualität der bestehenden Wohnquartiere erhalten und verbessert werden.

Deshalb soll ein unabhängiges Planungsbüro aufzeigen, welche wertvollen Flächen in und außerhalb der Kommunen es gibt und wie mit diesen in Zukunft umgegangen werden soll. Solche Bereiche sind zum Beispiel wichtige Naherholungszonen wie das Ampertal, dazu gehören für Leitz aber auch ortsprägende Flächen wie der Dorfanger in Adelshofen. Erst wenn festgeschrieben ist, welche den Landkreis bestimmenden Elemente erhalten werden sollen, kann in einem zweiten Schritt entscheiden werden, wo eine Entwicklung unter Berücksichtigung des Bestands nicht oder zumindest weniger schädlich ist.

Bei einer solchen ganzheitlichen Planung sind laut Leitz noch viele andere Dinge zu berücksichtigen. Beispielsweise folgende Fragen: Wie lassen sich die Pendlerströme reduzieren? Wie ist der Verkehrskollaps auf den Straßen zu verhindern? Wie lassen sich Arbeitsplätze schaffen? Wie können teilzeitbeschäftigten Eltern wohnortnahe Betreuungseinrichtungen und Arbeitsplätze angeboten werden? Die Kommunen sollten auch gemeinsam Fragen klären wie die, ob sie wirklich wollen, dass im Landkreis nach dem ersten, in den Siebziger- und Achtzigerjahren entstandenen städtischen Speckgürtel in den Ostgemeinden nun ein zweiter Speckgürtel im unmittelbar daran westlich angrenzenden Bereich entsteht.

Diese Fragestellungen gehen weit über die Festlegungen eines Flächennutzungsplanes hinaus. In die Planungshoheit der einzelnen Städte und Gemeinden kann und soll die Struktur- und Potenzialanalyse nicht eingreifen. Sie kann aber durchaus Anregungen dazu geben, wo es sinnvoll ist, in Zukunft Bau- und Gewerbegebiete auszuweisen und wo eher nicht. Es ist durchaus erwünscht, dass sich aus der Debatte des Strukturplans die eine oder andere interkommunale Zusammenarbeit ergibt. Reinlinde Leitz beteuert, der Landkreis Fürstenfeldbruck wolle sich in diesem Prozess auf eine koordinierende und organisatorische Rolle beschränken. Fehlentwicklungen der Vergangenheit kann aber auch der beste Strukturplan nicht mehr rückgängig machen.

© SZ vom 24.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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