Fürstenfeldbruck:Pate gegen Rassismus

Bayern-Spieler Jérôme Boateng besucht die Brucker Realschule

Von Viktoria Großmann, Fürstenfeldbruck

Für viele Schüler ist es ein Spaß, dem Fußballstar ist es allerdings wirklich ernst. Um 4 Uhr früh ist Jérôme Boateng am Mittwochmorgen aufgestanden, um von Moskau zurück nach Deutschland zu fliegen. Vom Flughafen kommt er direkt zur Ferdinand-von-Miller-Realschule. Die Schüler hatten sich um den Titel "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage" beworben. Als Paten haben sie sich den FC-Bayern-Spieler ausgesucht und ihn angeschrieben. "Die waren mir gleich so sympathisch", sagt Boateng. Vor zwei Jahren hatte er schon einmal im Brucker Stadion gespielt. "Das Fußballfeld habe ich wieder erkannt."

Im Gegensatz zu den Rängen in Moskau, sind die in Fürstenfeldbruck gut besetzt. Die meisten Schüler drängen sich allerdings direkt vor der Bühne. Das Moskauer Stadion war beim Spiel des FC Bayern gegen den ZSKA Moskau für das Publikum gesperrt gewesen, weil es zuvor Ausschreitungen gegeben hatte. In Bruck gibt es nur Gerangel um die Autogramme von Boateng. Autogrammkarten gibt es aber keine, die sind in irgendeinem Flughafen geblieben. Eine Mitarbeiterin der Schule hat schnell einen Stapel Kopien gemacht. Die Schüler reichen ihrem Idol Trikots, Fußbälle, sogar Schuhe. Oberbürgermeister Klaus Pleil hält ihm seine zerknitterte Einladungskarte hin: "Für meine Mitarbeiterin." Boateng verkündet: "Ich bin stolz und dankbar, euer Pate zu sein."

Boateng

Selfie mit Star: Jérôme Boateng (Mitte) und ein Schüler beim Erinnerungsfoto.

(Foto: Günther Reger)

Tatsächlich soll der Star irgendwann noch einmal wiederkommen. Wegen der Autogramme. Aber nicht nur. Er will regelmäßig nach dem Rechten sehen und mit den Schülern reden: "Ich möchte mich so viel wie möglich einbringen." Er habe als Kind rassistische Anfeindungen erlebt, im Verein und in der Schule. "Ich weiß selber, wie schwierig es ist, als Kind damit umzugehen, vor allem wenn man damit allein gelassen wird." Deshalb müssten die Jugendlichen aufgeklärt und begleitet werden.

Mehr als 1500 Schulen tragen bundesweit den Titel "Schule ohne Rassismus". Das Projekt wachse derzeit sehr stark, sagt der Regionalkoordinator Michael Schneider-König. 250 Schulen sind in Bayern dabei, davon etwa 45 im Bezirk Oberbayern. "Diese Schulen sind nicht frei von Rassismus", sagt Schneider-König, "aber sie achten darauf, dass er nicht vorkommt." Tatsächlich haben die Schüler bisher im Wesentlichen Unterschriften gesammelt. 70 Prozent aller Schüler, Lehrer und Mitarbeiter müssen sich zur Bekämpfung des Rassismus bekennen. "Es geht an unserer Schule eigentlich nicht so rassistisch zu", sagt eine Zehntklässlerin. "Wir nehmen das hier mit Humor", sagt Isi aus der neunten Klasse. Jérôme Boateng nimmt auch etwas mit: einen Scheck über 950 Euro. Die Schüler haben für das Unesco-Projekt "Living a Dream" gesammelt, dessen Botschafter Boateng ist. Es unterstützt Kinder in Brasilien.

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