Ausstellung:Opfergabe an die Amper

203 Schüler setzten in diesem Jahr die Luzienhäuschen-Tradition fort. Ausgestellt werden die kleinen Kunstwerke bis zum 11. Dezember in der Geschäftsstelle der Sparkasse Fürstenfeldbruck.

Von Maren Jensen

FürstenfeldbruckJahrhundertelang versetzte die Amper die Menschen in Angst und Schrecken. Hochwasser und Überschwemmungen waren unberechenbar. Oft waren Felder und Gärten von einen auf den anderen Tag vollkommen überflutet und galten als nicht mehr ertragreich. Die Folge: Hunger, Armut und Krankheiten.

Nach einer weiteren, großen Hochwasserkatastrophe im Jahr 1785 litten die Bürger unter einer Hungersnot. Die Menschen fürchteten um ihre Häuser und Kinder. Aus diesem Grund wurde der Brauch der Heiligen Lucia neu belebt und ausgerichtet. Mit dem Luzientag verbanden die Menschen seit dem 17. Jahrhundert Losbrauchtum und Wetterorakel. Nach den heftigen Überschwemmungen gelobten die Gemeindebürger, jedes Jahr am 13. Dezember einen Gottesdienst zu feiern. Zunehmend bastelten Brucker Nachbildungen ihrer Häuser und brachten diese zum Gottesdienst mit. Anschließend setzten sie ihre Häuschen in die Amper und ließen sie von der Strömung des Flusses davontreiben. Das Einsetzen der Nachbildungen galt als Opfergabe, damit das eigene Haus von Unheil verschont bleibe.

Luzienhäuschen

Einzigartig: Zwischen vielen Modell-Wohnhäusern sticht das Baumhaus von Lucca Stahl besonders ins Auge.

(Foto: Günther Reger)

Auch in diesem Jahr haben viele Familien Luzienhäuschen gebastelt, um sie nach der Segnung und dem Anzünden der darin befindlichen Kerzen am 13. Dezember in die Amper zu setzten. Ausgestellt werden die kleinen Kunstwerke bis zum 11. Dezember in der Sparkasse Fürstenfeldbruck. Insgesamt 203 Schüler der Grundschule and der Philipp-Weiß-Straße sowie der Grundschule Mitte am Theresianumweg nahmen an der diesjährigen Aktion teil. Dazu zählte auch der 10 Jahre alte Lucca Stahl. Der Viertklässler bastelte mit seinem Vater ein Baumhaus. "Wir wollten etwas anderes machen und nicht einfach unser eigenes Haus nachbauen", sagt Stahl. "Erst haben wir die Materialien im Wald gesammelt und danach haben wir einen ganzen Tag lang an dem Haus gebastelt", erzählt der Schüler stolz. Nach so viel Arbeit sei er besonders traurig, das Häuschen ins Wasser lassen zu müssen und es danach nie wieder zu sehen. "Aber vielleicht kommt es sehr weit und sieht unglaublich viel von der Welt", sagt Stahl. Alte Sagen deuten sogar darauf hin, dass es einige Häuser bis zum schwarzen Meer geschafft hätten.

Luzienhäuschen

Bevor die kleinen Häuschen am 13. Dezember auf große Reise die Amper entlang geschickt werden, werden sie in der Brucker Sparkasse ausgestellt.

(Foto: Günther Reger)

Auch die Familie Gora beteiligt sich an dem alten Brauch. Die 10-jährige Schülerin Isabel Gora hat sich dazu entschlossen, das eigene Zuhause nachzubauen. "Ich bin lange umher gelaufen, um genau den Maßstab zu haben", erzählt sie. Mehr als zwei Wochen lang perfektionierte die Viertklässlerin ihr Kunstwerk. "Meine ganze Familie hat mitgeholfen", sagt sie.

Die heilige Luzia hat seit Jahrhunderten einen wichtigen Stellenwert in der Kreisstadt. Im Mittelalter wurden Kinder bereits am Luzientag beschert, nicht wie heute üblich am 24. Dezember. Dieser wird erst seit dem 16. Jahrhundert als Gabentag gefeiert. Zur Zeit der Klosteraufhebung in Fürstenfeldbruck wurde der Brauch des Gottesdienstes schließlich aufgegeben. Die Luzienhäuschen ließen die Bewohner trotzdem weiterhin die Amper hinabschwimmen. "Ich finde es toll, dass diese alte Tradition weiter bestehen bleibt. Die Schüler sollten dadurch lernen, dass sie manche Dinge im Leben auch wieder abgeben müssen, auch wenn sie diese lieb gewonnen haben", erzählt die Schulleiterin der Grundschule Mitte am Theresianumweg, Isabel Martins.

Ideen für die Gestaltung der Häuser erteilte unter anderem die Kunstlehrerin Theresia Ege. "Ich mache das bereits seit 17 Jahren und es ist immer wieder schön anzusehen", sagt sie.

Zur Feier der Ausstellung hielten der stellvertretende Bürgermeister Erich Raff und der stellvertretende Vorstand der Sparkasse, Detlef Schwarz, eine Ansprache. "Vor acht Jahren haben meine Kinder ihre Häuser hier ausgestellt. Solche Traditionen sind von unschätzbarem Wert", sagt Schwarz. Als Belohnung für die Mühe erhielten alle Schüler eine Taschenlampe, damit sie dem Lichtermeer der Häuser am 13. Dezember um 18 Uhr sicher folgen können.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: