Fürstenfeldbruck:Notquartiere für Asylbewerber

Landrat Thomas Karmasin sucht dringend freien Wohnraum. Kann er das Problem in den nächsten Tagen nicht lösen, greift das Krisenszenario der Behörde - die Flüchtlinge werden dann in Turnhallen und Zelten untergebracht

Von Gerhard Eisenkolb

Flüchtlinge, die dem Landkreis Fürstenfeldbruck von der Regierung von Oberbayern zugewiesen werden, könnten zum Beginn der Sommerferien vorübergehend auch in Zelten und in Schulturnhallen einquartiert werden. Für Landrat Thomas Karmasin ist das aber nur eine Notlösung. Sollte es ihm nämlich nicht gelingen, in den nächsten Tagen weitere leer stehende Wohnungen anzumieten, greift dieses Krisenszenario.

Germering: Erneuerung Turnhalle / Kerschensteiner Schule

Ein Platz für Flüchtlinge: Möglicherweise muss der Landkreis demnächst Asylbewerber in Schulturnhallen unterbringen.

(Foto: Johannes Simon)

Laut Karmasin bleiben ihm nur noch diese Alternativen, sollten in den nächsten Tagen wieder Busse im Auftrag der Regierung Kriegsflüchtlinge aus Syrien, dem Irak oder Afghanistan zum Landratsamt bringen. Die Regierung habe angekündigt, künftig die jeweils zugewiesenen Kontingente auch dann zu verteilen, wenn für diese Menschen noch keine Quartiere zur Verfügung stehen.

Vorrang vor der Zeltlösung hat für Karmasin jedoch die Einweisung in Schulturnhallen. Im Zweifelsfall müsse ein Schule dann schon mal vier Wochen auf den Sportunterricht verzichten. Bevor entschieden wird, welche Schulen es treffen könnte, will der Landrat die Direktoren über die anstehende Zweckentfremdung ihrer Hallen informieren. Und Karmasin räumte am Montag im SZ-Gespräch auch ein, dass die Unterbringung in Zelten oder Turnhallen "verheerend ist", weil man sich dort in kürzester Zeit auf den Geist gehe.

Deshalb hat er am Montag die Bemühungen intensiviert, doch noch andere Lösungen zu finden. So kündigte er am Vormittag den Bürgermeistern bei einer Dienstbesprechung die beabsichtigte Nutzung von Turnhallen als Flüchtlingsquartiere an. Daraufhin hätte sich einige einsichtig gezeigt und spontan noch Grundstücke und Wohnungen angeboten. Die Rathäuser seien hilfsbereit.

Allerdings weiß man im Landratsamt, dass es noch zwei bis drei Monate dauern kann, bis solche Wohnungen bezugsfertig saniert worden sind. Gelingt es Karmasin, Grundstücke anzumieten, will er dort, wie vor einigen Monaten in einem Industriegebiet in Fürstenfeldbruck, Wohncontainer aufstellen. Da er hierzu die Zustimmung des zuständigen Stadt- oder Gemeinderats braucht, kann sich auch das Anmieten und Aufstellen von Containern über Monate hinziehen.

Die Unterbringen in Turnhallen hält Karmasin nur als Übergangslösung für zulässig, bis richtige Wohncontainer bezogen werden können. Das sei weder für die Flüchtlinge, noch für die Schulen angenehm. In den vergangenen zwei Wochen wurden dem Landkreis weitere 25 Flüchtlinge zugewiesen, damit wuchs deren Zahl auf 249 an.

Hart ins Gericht geht der ehemalige Ministrant und Katholik Karmasin mit seinen Kirchenoberen. "Wer in dieser schwierigen Situation nicht Teil der Lösung ist, der ist Teil des Problems", sagte der CSU-Politiker mit dem Hinweis auf die Bemühungen von Landratskollegen, leer stehende Pfarrhäuser anzumieten. Wegen der geforderten "horrenden Mieten" für Pfarrhäuser seien die Versuche, Flüchtlingen auf diese Weise zu einem Dach über dem Kopf zu verhelfen, fehlgeschlagen. Das bedauert Karmasin, der alle, auch die Kirchen in der Pflicht sieht. Selbst zu predigen, die Leute gut zu behandlen, und dann selbst nicht anzupacken, das gehe nicht.

Zelte von THW und Bundeswehr könnten im Landkreis auf dem Freizeitgelände am Mammendorfer Badesee errichtet werden. Dort besitzt der Landkreis Fürstenfeldbruck einen Jugendzeltplatz mit Sanitäranlagen und Duschen. Nach dem Stand vom April muss der Landkreis bis zum Jahresende weitere 120 Kriegsflüchtlinge aufnehmen. Die Regierung korrigiere diese Zahlen ständig nach oben, sagt Karmasin.

Ausdrücklich lobt der Landrat die Landkreisbevölkerung. Die sei offen und aufgeschlossen. Auch Unterkünfte würden immer wieder angeboten, nur genüge das leider nicht. Im Landkreis werden Flüchtlingskinder sofort eingeschult und sie erhalten zusätzlich Deutschunterricht. Anstelle von Essenspaketen werden Geldleistungen gewährt. Um die Betreuung der Familien kümmern sich zwei Sozialarbeiter von Diakonie und Caritas, die der Landkreis bezahlt. Freier Wohnraum kann dem Landratsamt auch per E-Mail unter auslaenderamt@lra-ffb.de angeboten werden.

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