Fürstenfeldbruck:Nachwuchssorgen

Fürstenfeldbruck: Etwa 60 der insgesamt 700 Vereinsmitglieder sind gekommen, um auf das vergangene Jahr zu blicken.

Etwa 60 der insgesamt 700 Vereinsmitglieder sind gekommen, um auf das vergangene Jahr zu blicken.

(Foto: Voxbrunner)

Jahreshauptversammlung des Historischen Vereins

Von Karl-Wilhelm Götte, Fürstenfeldbruck

Der Historische Verein, der organisatorisch für Fürstenfeldbruck und auch für den Landkreis zuständig ist, hat ein in den Vereinen immer wiederkehrendes Problem. Ein Blick in die Runde bei der Jahreshauptversammlung im Fürstenfelder Veranstaltungsforum offenbart, dass kaum eines der etwa 60 anwesenden Mitglieder unter 50 Jahre alt sein dürfte. Die Vereinsvorsitzende Anna Ulrike Bergheim weiß um dieses Dilemma, das sich in naher Zukunft noch zuspitzen könnte. "Ohne Schriftführer und ohne Kassier ist dieser Verein nicht funktionsfähig", appellierte sie an die Anwesenden über eine Mitarbeit im Vorstand nachzudenken.

Haben doch Schatzmeister Volker Goldbeck aus Eichenau und Schriftführer Peter Wollein aus Fürstenfeldbruch - zwei langjährige Vorstandsmitglieder des Vereins - angekündigt, dass sie in einem Jahr aus Altersgründen nicht mehr kandidieren werden. Spontan meldete sich bei der Versammlung niemand für die demnächst vakanten Vorstandsposten. Ungewöhnlich ist das auch, weil der Verein fast 700 Mitglieder hat. Bergheim hatte das Amt erst vor einem Jahr von Otto Meißner übernommen. In der aktuellen Vorstandsriege hätten sie sich mit dem Nachwuchsproblem befasst. Heraus kam, dass es ein eher langfristiges Projekt sei, so Bergheim, "junge Leute für Geschichte zu interessieren."

Dabei ist die Arbeit des Historischen Vereins äußerst verdienstvoll und gar nicht wegzudenken. Das fängt bei den Publikationen an. Die "Brucker Blätter", das Jahrbuch des Vereins, sind so eine bemerkenswerte Veröffentlichung. "Die 'Brucker Blätter' bekennen Farbe", führte Redakteur Werner Dreher das aktuelle Jahrbuch ein. Tatsächlich: Auf dem Cover prangt nun ein Farbbild, die Logofarbe wiederholt sich und den einzelnen Epochen und Rubriken hat Dreher jetzt am Seitenrand eine durchgängige farbliche Markierung gegeben. Auf 192 Seiten geht es um die Vor- und Frühgeschichte, die Kloster- und Kulturgeschichte und auch um Zeitgeschichte, wie die Bombardierungen von Haspelmoor und Hattenhofen 1945, verfasst vom Kreisheimatpfleger Toni Drexler.

Gerhard Neumeier gibt nach akribischer Recherche einen interessanten Einblick in die "Wirtschaft in Fürstenfeldbruck von 1937 bis 1978". Welche Betriebe zahlten 1939 die meiste Gewerbesteuer? Es war eine Gastwirtschaft, die Marthabräuhalle von Julie Mayr mit 4586 Reichsmark, vor dem Gemischtwarengeschäft von Eduard Kohl (3801) an der heutigen Hauptstraße, damals Adolf-Hitler-Platz und dem Zimmerermeister Lorenz Kiener (3517), der in der Emmeringer Straße residierte. Industriebetriebe spielten damals noch keine große Rolle. Dafür lief offenbar die Apotheke von Hans Kolb in der Kirchstraße ganz vortrefflich, zahlte er doch auch schon 2795 Reichsmark Gewerbesteuer und lag damit auf Platz sieben.

Jürgen Horbach gab einen Ausblick auf Vorträge in diesem Jahr. Der erste findetam 2. Februar statt. Der Historiker Kurt Lehnstaedt referiert über die Zeit des Nationalsozialismus in Gröbenzell. Anne Mischke-Jüngst bietet als Kennerin der Materie wieder diverse Kirchenführungen an. Im April wird Andreas Roth auf die Spurensuche von Elvis Presley in Bayern gehen.

Doch auch Elvis wird das Nachfolgeproblem im Vorstand nicht lösen. Dabei gehört nicht viel Mut dazu, zum Beispiel Schatzmeister im Verein zu werden. Hinterlässt doch Volker Goldbeck eine gut gefüllte Kasse. Die Vorsitzende verdeutlichte der Versammlung noch einmal die prekäre Lage: "Hätten die Herren Goldbeck und Wollein bereits vor einem Jahr aufgehört, hätte ich das Amt abgelehnt." Spürbar beeindruckt von dieser bemerkenswerten Feststellung ihrer Vorsitzenden war jedoch niemand im Saal.

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