Fürstenfeldbruck:Mit Lebensmitteln nix am Hut

Zu Beginn des Ausbildungsjahres sind von den 1002 im Kreis angebotenen Lehrstellen noch 323 unbesetzt. Vor allem Bäcker und Metzger suchen Personal, doch das Interesse an Produktion und Verkauf nimmt ab

Von Erich C. Setzwein, Fürstenfeldbruck

Allen Bemühungen der Betriebe im Landkreis zum Trotz werden im am Montag beginnenden neuen Ausbildungsjahr 323 Lehrstellen unbesetzt bleiben. Für die Firmen bedeutet dies unter anderem, dass sich der durch die Rente mit 63 Jahren erwartete starke Fachkräftemangel schon in wenigen Jahren deutlich verschärft. Wenn immer weniger junge Menschen in Handel, Dienstleistung, Gewerbe, Industrie und im Handwerk ausgebildet werden, wird die Lücke größer. Insgesamt werden 1002 Lehrstellen angeboten.

Fast alle Versuche, aus der Zahl der noch unschlüssigen Schulabgänger Interessenten für einem Ausbildungsberuf zu finden, sind schiefgegangen, fasst es der Vorsitzende des IHK-Gremiums Fürstenfeldbruck-Dachau, Michael Steinbauer aus Maisach, zusammen: "Es gab keine signifikante Verbesserung." Für Steinbauer heißt dies nun, dass man bei der Anwerbung von Lehrlingen - egal, ob für die IHK-Betriebe oder die Handwerksberufer - neue Wege gehen müsse.

Im Handwerk setzt sich laut Kreishandwerksmeister Franz Höfelsauer der Trend fort, dass die Berufe Schreiner und Friseur guten Zulauf haben, die Lebensmittel erzeugenden Handwerksbetriebe aber immer öfter leer ausgehen.

Bei der IHK verfolgt man schon seit einigen Jahren die Entwicklung mit Sorge. Für Michael Steinbauer, Prokurist bei der Maisacher Firma Doka Schalungstechnik, müssten bei einigen Lehrberufen Inhalte und Bezeichnung angepasst werden. Als Beispiel nennt er Kaufmann/Kauffrau für Büromanagement, eine Ausbildung, die es so erst seit heuer gibt. Da geht es drei Jahren nicht allein darum, Sekretärin oder Sekretär zu werden, in diesem neuen Berufsbild sind die drei Berufe Bürokaufmann, Kaufmann für Bürokommunikation sowie Fachangestellter für Bürokommunikation aufgegangen. "Das ist ein Beruf, den man aufgepeppt hat und der im Kommen ist", ist sich Steinbauer sicher. Vor dem Hintergrund der in immer kürzeren Abständen moderner werdenden Kommunikationsmittel müssten Ausbildungsinhalte und -ziele angepasst werden. "Bürokaufleute von heute müssen Web-Konferenzen organisieren können und mit den neuen Medien umgehen, da muss man niemandem mehr das Fax beibringen."

Inhaltlich hat sich in den Handwerksberufen nicht viel geändert. Maurer, zum Beispiel, heißen weiter so, weil die Arbeitsweise nicht maßgeblich von neuen Technologien abhängig ist. Der Kreishandwerksmeister sieht auch im kommenden Ausbildungsjahr keine Besserung der Situation, er bedauert vor allem die Bäcker und Metzger, denen der Nachwuchs fehlt. Schreiner und Friseure bilden vom 1. September an jeweils zehn junge Menschen aus, die Bäcker in der Backstube drei und im Verkauf sieben. Auf dem Bau fangen fünf Lehrlinge an und die Metzger können gerade mal zwei in der Wurstküche ausbilden und haben einen Vertrag für die Lehre im Verkauf abgeschlossen: "Es ist schwierig, junge Frauen für den Lebensmittelverkauf zu gewinnen", stellt Höfelsauer fest. Woran es liegt, kann er nicht sagen. "In den Spitzenjahren hatten wir 65 bis 70 neue Ausbildungsverträge", stellt Höfelsauer fest.

Nach Steinbauers Einschätzung gehört die gesamte Anwerbepraxis auf den Prüfstand. Nur auf Stellenbörsen zu gehen, reiche einfach nicht, "wir müssen uns öffnen". Statt erst in den Abschlussklassen von Mittel- und Realschulen nach neuen Lehrlingen zu suchen, müssten die Firmen strategisch denken und handeln. Beispielsweise frühzeitig damit beginnen, Schüler über Schnupperpraktika für die Berufe zu interessieren, an ihnen dranbleiben. "Wir müssen kontinuierlich an den Schulen sein", sagt der IHK-Vorsitzende, mittelfristig die Talente beobachten und sie früh an die Betriebe binden." Nach Schätzungen Steinbauers beträgt die Quote derer, die zum Beispiel nach einem Realschulabschluss eine Duale Ausbildung - also Lehre und Berufsschule - anfingen, 50 Prozent. Die andere Hälfte mache schulisch weiter, um auf die Fachhochschule auf die akademische Laufbahn zu kommen. Diese Hälfte der Schulabsolventen ist für die Firmen als Fachkräftereservoir damit verloren.

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