Fürstenfeldbruck:Mit Gottesglauben gegen das Regime

Ausstellung und Lichtinstallation erinnern an die Verbindung evangelischer und katholischer NS-Gegner

Von Valentina Finger, Fürstenfeldbruck

Nur in einem seien das Christentum und der Nationalsozialismus gleich: Sie fordern den ganzen Menschen. Diese denkwürdige Äußerung machte der Präsident des NS-Volksgerichtshofs Roland Freisler gegenüber Helmuth James Graf von Moltke in dessen Verhandlung im Januar 1945. Knapp zwei Wochen später wurde von Moltke hingerichtet, weil er mit Gleichgesinnten seiner Widerstandsgruppe Kreisauer Kreis über ein Deutschland nach Adolf Hitler nachgedacht hatte. Sein Schicksal teilte bald darauf Alfred Delp, ebenfalls Mitglied des Kreises und Mitinsasse Moltkes in der Haftanstalt Berlin-Tegel. Mit anderen Inhaftierten, darunter Joseph-Ernst Fugger von Glött und dem späteren Bundestagspräsidenten Eugen Gerstenmaier, pflegten sie eine Gebets- und Bibelgemeinschaft über die Zellenmauern hinweg. Delp war Jesuit, von Moltke evangelischer Christ. Im Gefängnis spielte das keine Rolle.

Ökumene pur, nennt Kulturreferentin Birgitta Klemenz (CSU) diesen Zusammenschluss. Im Januar hat sie anlässlich des 70. Todestags von Delp und von Moltke einen Vortrag über deren Wirken gehalten. Daraus ist nun die Ausstellung "Ökumene der Märtyrer" entstanden, die zum ersten ökumenischen Kirchentag der Fürstenfeldbrucker Gemeinden am Samstag auf dem Vorplatz des Klosters zu sehen sein wird. Eine Ausstellung im üblichen Sinne es jedoch nicht. Über die Mauern am Kastanienhain werden große Fahnen gehängt, auf denen zentrale Bibelstellen und die zugehörigen Gedanken von Delp und von Moltke zu lesen sind. Einige werden auch über Bauzäune gespannt, um den Eindruck der Gitterstäbe, die für diese Verbindung ausschlaggebend waren, nachzuahmen.

Alfred Delp vor dem Volksgerichtshof, 1944

Alfred Delp,Mitglied des Kreisauer Kreises.

(Foto: SZ Foto)

Bereits vor dem Prozess hatte sich angekündigt, dass Delp und von Moltke nicht, wie bei ihrer Verhaftung angeführt, für ihre Beteiligung am Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 verurteilt werden würden. Ihre Mittäterschaft konnte nicht nachgewiesen werden, doch dass Menschen zusammen denken, war dem Regime gefährlich genug. "Im Endeffekt wurden sie hingerichtet, weil sie Christen waren", sagt Klemenz. Die Themen, mit denen sich die beiden im Zuge ihrer Glaubenskameradschaft vor ihrem Tod auseinandersetzten, werden auf jenen Fahnen veranschaulicht. Zur Sprache komme beispielsweise die Bibelstelle von Petrus, wie er auf Jesus zu über den See läuft, es dann jedoch mit der Angst zu tun bekommt und versinkt. Oder die Geschichte von Jeremias, der in der Zisterne sitzt, weil er sich als Prophet nicht einschüchtern lässt.

"Menschen, die im Gefängnis auf ihren Prozess warten und sich schon ausmalen können, wie dieser ausgehen wird, lesen solche Stellen natürlich ganz anders als unsereins in einer relativ sicheren Position", sagt Klemenz. In dieser Zeit prägte Alfred Delp den Ausdruck "Una sancta in vinculis" - die eine heilige Kirche in Fesseln. Während die Häftlinge zeitweise im wörtlichen Sinne gefesselt waren, ging es jenen Christen um Delp und von Moltke darum, sich gegenseitig Kraft zu spenden, egal, welcher Konfession sie angehörten.

Helmuth James Graf von Moltke

Helmuth James Graf von Moltke (Foto) und Alfred Delp wurden von den Nazis ermordet.

(Foto: SZ Photo)

Das Motiv der "Una sancta in vinculis" ist auch zentraler Bestandteil der Lichtinstallation, die der Künstler Georg Trenz am Samstagabend in der Klosterkirche realisiert. Mit Dia-Projektor und Beamer macht Trenz, der das Innere des Klosters schon vor zwei Jahren zur Vigilfeier mit bespielte, den Altarraum zur Projektionsfläche. Er versteht Delps Vorstellung der einen Kirche auch im räumlichen Sinne. "Kirchenräume entstanden ja aus dem Gedanken an den einen Ort für die Gemeinschaft heraus", sagt Trenz. Die Gemeinschaft von Delp und von Moltke gehört für Klemenz untrennbar zu einem ökumenischen Kirchentag: "Wenn man von einer Einheit der Christen spricht, darf man die beiden nicht vergessen. Denn in ihrer Notsituation haben sie die Kirchenspaltung für sich überwunden."

"Ökumene der Märtyrer", Samstag, 20. Juni, Fürstenfeld, Ausstellung: 9 bis 24 Uhr, Kirchvorplatz, Lichtinstallation: 21.30 bis 24 Uhr, Klosterkirche

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