Integration:Mehr Unterricht für junge Flüchtlinge

Lesezeit: 3 min

An der Berufsschule werden 60 junge Migranten in drei Klassen unterrichtet. Künftig sollen es 180 sein. (Foto: Günther Reger)

Die Zahl der Integrationsklassen für jugendliche Asylbewerber wird vom neuen Schuljahr an deutlich erhöht. Doch auch dann wird nur etwa ein Drittel von ihnen einen Platz an einer Schule haben

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Deutlich mehr junge Asylbewerber als bisher sollen vom Herbst an im Landkreis zur Schule gehen. Derzeit erhalten 60 junge Flüchtlinge aus verschiedenen Nationen in drei Klassen an der Berufsschule Fürstenfeldbruck Unterricht. Damit ist gerade mal ein Zehntel des Bedarfs abgedeckt, denn im Landkreis leben etwa 600 junge Flüchtlinge im Alter von 16 bis 21 Jahren, für die die Berufsschulpflicht gilt. Zum neuen Schuljahr soll sich das Angebot auf 180 Plätze verdreifachen. Die neuen Plätze entstehen am Gymnasium Olching, am Max-Born-Gymnasium Germering und der Fach- und Berufsoberschule (FOS/BOS) Fürstenfeldbruck.

Bei der Diskussion des Themas im zuständigen Kreiskulturausschuss wurde erstmals der Umfang der zu bewältigenden Aufgabe deutlich. "600 - das wäre eine eigene Schule", sagte Berufsschulleiterin Andrea Reuß. Legt man zugrunde, dass die Flüchtlinge zum Erlernen der deutschen Sprache in Klassen mit maximal 20 Schülern eingeteilt werden, wären das 30 Klassen. Und so werden, obwohl das Angebot zum neuen Schuljahr ausgeweitet wird, immer noch 420 - das sind 70 Prozent der jungen Flüchtlinge - zunächst keinen Platz an den Schulen finden. Darauf wies Kreisrat und Lehrer Michael Schrodi (SPD) - eher vorsichtig - hin, fing sich aber einen Rüffel von Klaus Wollenberg (FDP) ein, der ihn daran erinnerte, dass "Pädagogen nicht so einfach aus der Tasche zu ziehen" seien. Landrat Thomas Karmasin (CSU) sah sich in seiner Haltung bestätigt, wonach man "nur so viele reinlassen" könne, "wie man auch bewältigen kann". Argumentative Unterstützung erhielt Karmasin vom grünen Kreisschulreferenten Christian Stangl, ebenfalls Lehrer und Direktoratsmitglied am Gymnasium Gröbenzell. Es sei "nicht so einfach, eine Million zu integrieren und zu sagen: ,Wir schaffen das'". Die Forderung, wonach man "jetzt auf Teufel komm raus integrieren müsse", nannte er "problematisch". Das gehe nur in kleinen Schritten.

Zuvor hatte Berufsschulleiterin Reuß dargelegt, wie sie zwei Vorklassen zum Berufsintegrationsjahr und die Folgeklasse des Berufsintegrationsjahres eingerichtet hatte. Äußerst gespannt verfolgten die Kreisräte ihren Vortrag, der mit der Bitte um Unterstützung durch andere Schulen endete: "Wir können die Flüchtlinge nicht allein stemmen." Helfen sollen die übrigen weiterführenden Schulen im Landkreis laut Reuß bei den Auswahlgesprächen, die über die Aufnahme der jungen Asylsuchenden an der Schule entscheiden, durch den Einsatz von Lehrpersonal, weil "Berufsschullehrer derzeit nur in geringem Maße auf dem Markt zu finden sind" und durch das Bereitstellen von Infrastruktur.

Die Brucker Berufsschule, die von September an schrittweise abgerissen und neu errichtet wird und die seit voriger Woche auch noch eine neue Sprachintensivierungsklasse als Vorbereitung für die Vorklassen eingerichtet hat, will auch künftig drei Integrationsklassen beherbergen. Langfristig soll dort das zweite Berufsintegrationsjahr für junge Flüchtlinge stattfinden, weshalb vom Schuljahr 2017/2018 an dafür ein Klassenzimmer-Container an der Außensportanlage der nahen Wittelsbacher Halle oder auf einer Fläche der angrenzenden Realschule aufgestellt werden soll. Weitere insgesamt sechs Integrations-Vorklassen werden schon von Herbst an am Gymnasium Olching, am Max-Born-Gymnasium Germering und an der FOS/BOS eingerichtet. In Olching und Germering werden sie dort frei werdende Klassenzimmercontainer nutzen, an der ohnehin überfüllten FOS/BOS werden sie auf Räume des angrenzenden Graf-Rasso-Gymnasiums ausweichen.

An der Ferdinand-von-Miller-Realschule Fürstenfeldbruck wird es von September an ein weiteres Sprachangebot für schulpflichtige Asylbewerber mit geringen Deutschkenntnissen geben, das sich "Sprint" nennt. Dazu müssen die Bewerber eine Übergangsklasse an einer Mittelschule besucht haben und sollen dann parallel zum Intensivdeutschunterricht in den regulären Ablauf einer sechsten oder siebten Jahrgangsstufe integriert werden. Besonders leistungsfähige und leistungsbereite junge Migranten, die über eine gymnasiale Vorbildung, aber nicht ausreichende Deutschkenntnisse verfügen, will das Brucker Graf-Rasso-Gymnasium vom übernächsten Schuljahr an mit einem Pilotprojekt "Integration am Gymnasium" (In-Gym) fördern. Um die Vernetzung all dieser Angebote soll sich künftig ein Bildungskoordinator kümmern, den der Landkreis neu einstellen wird. Berufsschulleiterin Reuß erinnerte jedoch daran, "nicht nur die Flüchtlinge im Auge zu haben" und bei ihnen nicht den Eindruck zu erwecken, sie "könnten das immer alles fordern". Auch andere schwache Schüler bräuchten Förderung: "Hier müssen wir die Balance finden."

© SZ vom 09.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: