Winter:Mediziner empfehlen Grippeimpfung

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Haus- und Kinderärzte unterstützen den Aufruf des Fürstenfeldbrucker Gesundheitsamts. Der in den Wintermonaten regelmäßig grassierenden Virusinfektion soll so wirkungsvoll begegnet werden

Von Stefan Salger und Cristina Bettati, Fürstenfeldbruck

Für manche Eltern gibt es ein großes Reizwort: Impfen. Dann geht es um Horrorgeschichten über lebensbedrohliche Nebenwirkungen, auch wenn diese einer Überprüfung oftmals nicht standhalten. Gleichwohl herrscht unter Ärzten selten eine so große Einigkeit über den Sinn einer Impfung wie bei der gegen die Influenza. Sie könne Leiden und bisweilen schwere Krankheitsverläufe vermeiden oder lindern, sagt der Brucker Hausarzt und Internist Reinhard Ebeling. Und nach Worten der Grafrather Kinderärztin Susanne Linder ist sie selbst für Kleinkinder in fast allen Fällen gut verträglich.

Weil in den bevorstehenden Wintermonaten die Grippe "Hochsaison" hat, empfiehlt das Fürstenfeldbrucker Gesundheitsamt den November als richtigen Zeitpunkt für den kleinen Pieks - oder neuerdings das Nasenspray für Zwei- bis Siebenjährige, deren Kosten in der Regel von den Krankenkassen übernommen werden. Denn es kann bis zu zwei Wochen dauern, bis der Schutz vollständig aufgebaut ist. Als besonders sinnvoll gilt die Impfung laut Ständiger Impfkommission am Robert-Koch-Institut für chronisch Kranke aller Altersstufen, für über 60-Jährige, Schwangere, Eltern von Kindern mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung und für Personen mit erhöhter Ansteckungsgefahr, wie Mitarbeiter in Krankenhäusern, Altenheimen oder Kitas. Dabei geht es nicht nur um den eigenen Schutz, sondern auch um den Schutz der betreuten Personen. Das war auch für Reinhard Ebeling ein triftiger Grund, sich selbst impfen zu lassen. Denn Ebeling wägt sehr genau ab und möchte die Impfung nicht allen Patienten pauschal empfehlen. Doch auch junge Menschen, die etwa an einer Lungenerkrankung oder Bronchitis leiden, vermeiden mit Hilfe einer Impfung möglicherweise schwerwiegende Komplikationen. So könne eine Influenza in eine Lungenentzündung münden - "und an der sterben jährlich Zehntausende."

Was aber ist mit den Nebenwirkungen? Ebeling will nichts verharmlosen. Es komme schon vor, dass ein Patient nach der Impfung plötzlich über eine Erkältung oder Unwohlsein klage. Das aber sind Ausnahmen. Susanne Linder zufolge sind solche Klagen auch nicht zwangsläufig stichhaltig. Sie vermutet, dass mancher Patient nach einer Impfung besonders sensibel reagiert und die Immunisierung auch mal zu Unrecht für ein Krankheitssymptom verantwortlich gemacht wird. Linder plädiert gerade an die Eltern gesundheitlich anfälliger Kinder, sich dieser wirkungsvollen Vorbeugung nicht zu verschließen. Die Impfung ist für Kinder ab dem sechsten Lebensmonat zugelassen. "Wir impfen aber erst vom vollendeten ersten Lebensjahr an", so die Grafrather Ärztin.

Sie verbucht es bereits als Fortschritt, wenn zumindest die Eltern sich impfen lassen und damit nicht mehr andere Familienmitglieder anstecken können - für etwa jede dritte Familie in ihrer Praxis treffe das zu, schätzt Susanne Linder. Etwa jedes fünfte Kind ist selbst geimpft. Bei älteren Menschen liegt die Quote der saisonalen Schutzimpfung deutlich höher: bei den über 65-Jährigen sind es bundesweit etwa 56 Prozent. Impfmuffel sind die Estländer mit 1,7 Prozent, wahre Impf-Fans dagegen die Niederländer mit 75 Prozent. Vielleicht liegt die höhere Impfbereitschaft der Älteren an den noch lebhafteren Erinnerungen. Susanne Linder hat vor ein paar Wochen im Urlaub " Nemesis" gelesen. Der Schriftsteller Philip Roth schildert darin die Ausbreitung der Polio in den Vierzigerjahren und die Folgen. Die Lektüre bestärkte sie in der Überzeugung, dass viele Impfungen ein Segen für die Menschheit sind.

© SZ vom 04.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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