Fürstenfeldbruck:Mechatroniker gibt sich als Rechtsanwalt aus

Amtsgericht Fürstenfeldbruck verhängt 400 Euro Geldstrafe gegen 22 Jahre alten Gilchinger wegen Titelmissbrauchs

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Verrückte Welt: An Amtsgerichten in München und Starnberg durfte er schon wiederholt Freunde verteidigen - obwohl er keinerlei juristische Ausbildung hat. Ein Amtsrichter in Fürstenfeldbruck verurteilte den 22 Jahre alten Gilchinger in diesem Zusammenhang nun wegen des Missbrauchs von Titeln zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je zehn Euro. Für den Vorsitzenden war es erwiesen, dass der Mechatroniker, wenige Stunde bevor er in einem Verfahren in Starnberg als Verteidiger für einen Freund zugelassen war, sich gegenüber einem Polizisten in Germering fälschlicherweise als Rechtsanwalt ausgegeben hatte.

Die Geschichte beginnt damit, dass ein Freund des Gilchingers im Mai 2013 frühmorgens von Germeringer Polizisten auf die Inspektion gebracht und festgehalten wurde, damit er später an diesem Tag bei der Verhandlung wegen Leistungserschleichung gegen ihn vor dem Amtsgericht Starnberg anwesend ist. Die genauen Umstände und Hintergründe dieser sogenannten Vorführung sind nicht geklärt. Fest steht jedenfalls, dass der Gilchinger vom zuständigen Richter als Verteidiger zugelassen wurde. Diese Tatsache nahm der Brucker Vorsitzende ebenso als gegeben an wie den Fakt, dass der 22-Jährige von dem Starnberger Richter ein Okay für seinen Besuch auf der Germeringer Polizeiinspektion gegeben hatte.

Doch an diesem Punkt gibt es unterschiedliche Darstellungen seitens eines Polizisten und des Gilchingers, was letztlich zu der Anklage wegen Titelmissbrauchs geführt hat. Denn laut dem Polizeibeamten hat sich der 22-Jährige in der Wache als Rechtsanwalt, nicht als Strafverteidiger oder Verteidiger ausgegeben. Auch auf Nachfrage der sichtlich echauffierten Staatsanwältin blieb der Polizist dabei: "Der Angeklagte hat sich als Rechtsanwalt vorgestellt." Wie sich herausstellte, war damals bereits mit der nächsten Frage klar, dass der 22-Jährige mit seinen schulterlangen blonden Dreadlocks kein Jurist ist.

Als der Gilchinger den Beamten in der Verhandlung danach fragte, ob er den Unterschied zwischen Rechtsanwalt, Strafverteidiger und Beistand kenne, wollte der Vorsitzende Richter Martin Ramsauer die Frage nicht zulassen. Sie sei zu allgemein, begründete er. "Für die Beweiswürdigung ist das schon von entscheidender Bedeutung ob er den Unterschied kennt", entgegnete der Gilchinger und setzte sich mit der Frage durch. Als er dann aber noch einmal Details der oberflächlichen Antwort nachhaken wollte, schnitt ihm die Staatsanwältin, in Lauerstellung über den Tisch gelehnt und mit übermäßig lauter Stimme, den Satz ab. "Der Zeuge hat die Frage beantwortet."

Der 22-Jährige ließ sich durch die Anklägerin nicht beirren. Er stellte in aller Seelenruhe einige Beweisanträge, alle im Zusammenhang mit seiner Zulassung als Verteidiger, was die Geduld der Staatsanwältin sichtlich strapazierte. Ramsauer wies sie zurück; alle zu beweisenden Fakten könnten als wahr unterstellt werden, sagte er zu dem bislang nicht vorbestraften Mechatroniker. Für die Anklägerin war der Tatvorwurf längst erwiesen durch die Aussage des Polizisten. Sie beantragte, gegen den Angeklagten 90 Tagessätze à 15 Euro wegen Titelmissbrauchs zu verhängen. Im Strafbefehl, dem der 22-Jährige widersprochen hatte, waren 40 Tagessätze erhoben worden. Daran orientierte sich Ramsauer mit seinem Urteil.

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