Fürstenfeldbruck:Maisacher Kriegszeiten

Neue Ausgabe des "Meisaha" mit interessanten Geschichten

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Zwei überlebende Verfolgte des Nationalsozialismus bekämpfen sich vor Gericht. Diese auf den ersten Blick unverständliche Auseinandersetzung in der Nachkriegszeit in Maisach hat Helga Rueskäfer recherchiert. Nachzulesen ist die Geschichte in der neuen Ausgabe des "Meisaha", dem jährlich erscheinenden Heft zur Gemeindegeschichte, das der Arbeitskreis Geschichte herausgibt und das eine Reihe von sorgfältig recherchierten, informativen und gut geschriebenen Beiträgen enthält.

Zwei Spruchkammerverfahren sowie eine Klage des Bürgermeisters musste Gisela Amode nach dem Zweiten Weltkrieg über sich ergehen lassen. Der Grund dafür war, dass das Café, das sie betrieb, ein beliebter Treffpunkt der Nationalsozialisten gewesen war. Außerdem war sie der NS-Frauenschaft beigetreten und ihr Mann der NSDAP. Alles Tarnung, machte Amode geltend, denn sie war Jüdin und im Visier der Gestapo und wusste, was ihr von den Deutschen drohte. 1947 wurde sie rehabilitiert und beteiligte sich ihrerseits an einem Amtsenthebungsverfahren gegen den Bürgermeister, den Sozialdemokraten Hans Wegmann, der von den Nationalsozialisten 1933 zweimal eingesperrt worden war. Rueskäfer führt den Konflikt auf die unterschiedlichen Charaktere zurück: Eine unkonventionelle und sehr selbstbewusste Frau gegen einen gestrengen Kommunalpolitiker.

Das Kriegstagebuch des Pfarrers Schmidhammer zeigt, wie die Priester aktiv an der Katastrophe beteiligt waren, durch Propaganda an der Heimatfront von der Kanzel herab. 1917 war die Unruhe in der Bevölkerung groß, die Versorgung miserabel, die Menschen hungerten, in München organisierten vor allem Arbeiterinnen die ersten Streiks gegen das kaiserliche Militärregime. Dagegen forderte Pfarrer Schmidhammer seine Schäfchen auf, fleißig Lebensmittel abzuliefern und Kriegsanleihen zu zeichnen. Knapp 100 000 Mark kamen bis April 1917 in dem Dorf zusammen. Schmidhammer schwankte zwischen Entsetzen ob des millionenfachen Sterbens, selbstgerechtem christlich-konservativem Kulturpessimismus und deutschnationalem Chauvinismus. Er freute sich, dass das Wort der Kirche wieder mehr Gewicht zu bekommen schien und fürchtete vermeintliche Ränke von Freimaurern.

Für kurze Zeit wurde Maisach ein Stützpunkt der bayerischen Luftwaffe, die dort einige Monate lang eine Wetterwarte für Windmessungen mit Drachen und Ballonen betrieb. Dabei ereignete sich Mitte Juli 1917 ein schwerer Unfall: Ein Drachen reißt sich los und verfängt sich in Dachau in ein Überlandkabel. Bei dem Versuch, den Drachen wieder einzufangen, stirbt ein Mensch, ein anderer erleidet schwere Verbrennungen. Dazu hat Anna Bergheim, die Vorsitzende des Historischen Vereins, die Anfänge des Geomagnetischen Observatoriums aufgeschrieben. 1840 stand die Anlage noch in Bogenhausen, musste allerdings weichen, weil die Erschütterungen der Trambahn ihre Messungen störten. So kam die Station 1927 nach Maisach, auf ein Gelände, das heute südlich des Gewerbegebiets Hasenheide auf Brucker Flur liegt. Der engagierte Leiter, Friedrich Burmeister, hatte Anfang nur bescheidene finanzielle Mittel zur Verfügung und musste sich mit einer Holzhütte begnügen. Die empfindlichen Geräte wurden in einer Kiste unter dem Fußboden deponiert.

1931 verlegte er die Station in den Sommerkeller der Brauerei Maisach. Von dort aus koordinierte Burmeister mit Kollegen in Brandenburg 1934/1935 eine magnetische Vermessung von ganz Deutschland. Als Burmeister das Kapital für eine ordentliche Station aufgetrieben hatte, kam der Fliegerhorst dazwischen. 1939 zog die Station auf die Brucker Ludwigshöhe um, wo sie bis heute residiert. Sie wurde in die Richtfunkstrecken integriert. Die Nationalsozialisten seien sich sehr bewusst gewesen, welche Bedeutung das Erdmagnetfeld für den Funkverkehr von Flugzeugen, Schiffen und U-Booten hatte, schreibt Bergheim.

Weitere Beiträge in dem schön gestalteten Heft behandeln den Fund eines Brunnenkastens aus dem frühen 19. Jahrhundert auf einem Hof in Unterlappach im Sommer 2016, das Osterbrauchtum in Maisach sowie die Geschichte des Kindergartens in Gernlinden.

Arbeitskreis Geschichte, Hrsg., Meisha - Hefte zur Gemeindegeschichte, Ausgabe 2017, 50 Seiten, fünf Euro

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