Fürstenfeldbruck:Lieblicher Klang

Ein Roggenstein-Konzert dreht sich um die Viola d'amore

Von KLAUS MOHR, Fürstenfeldbruck

Meist bezieht sich der Titel der Konzertreihe "Alte Musik in Roggenstein" auf das Repertoire, das dort erklingt. Verknüpft wird dies mit der Wiedergabe auf historischen Instrumenten oder Nachbauten derselben. Beim Konzert am Sonntag kam ein weiterer Aspekt hinzu. Im Mittelpunkt stand ein Instrument, das spätestens zu Ende des 18. Jahrhunderts in Vergessenheit geriet und uns heute kaum mehr präsent ist, weder von der optischen Erscheinung her noch vom Klang: Die Viola d'amore führt in ihrem Namen bereits eine Klangvorstellung, denn wenn etwas mit "amore" assoziiert wird, dann muss es auch "lieblich" klingen. Dieser besondere Klang ist auf Resonanzsaiten zurückzuführen. Zu jeder der sieben Saiten des Instruments, auf denen mit dem Bogen gespielt wird, gibt es ein Pendant, das nur mitschwingt. Auf dem Programm des Konzerts von Julia Rebekka Adler (Viola d'amore) und Christian Brembeck (Cembalo) standen Werke von Antonio Vivaldi und Johann Sebastian Bach.

Wenn in Parteien angesichts der Bundestagswahl derzeit diskutiert wird, wie viel Gemeinsamkeiten es zwischen einzelnen Parteien gibt, dann ließe sich angesichts der Werke dieses Abends auch überlegen, wie viel Vivaldi in Bach steckt: Das erste Stück, das Concerto in A-Dur PV 233 für Viola d'amore und Cembalo stammte original von Vivaldi, auch wenn das Tasteninstrument hier den Part des Orchesters übernahm. Das Concerto in D-Dur BWV 972 für Cembalo stellte die Bearbeitung eines Vivaldi-Concertos für das Tasteninstrument durch Bach dar und war damit eine Art kompositorische Auseinandersetzung mit dem Werk des Italieners. Wie viel Einfluss von Vivaldi in den beiden Sonaten für Viola d'amore und obligates Cembalo in D-Dur BWV 1028 und in g-Moll BWV 1029 aus der Feder Bachs enthalten ist, lässt sich nicht im Detail nachweisen.

Im eingangs zu hörenden Concerto von Vivaldi kam der Viola d'amore eine herausragende Stellung zu. Wie ein Klangkosmos eröffnete der Ambitus des Instruments das Allegro, der in der Höhe wie eine Violine klingt und der ab der Mitte an das sonore Timbre einer Viola erinnert. Im ganzen Spektrum ist der Ton sehr fein und zart, dabei wunderbar tragend und in sich ausgeglichen. Durch die Kunst der Verzierung erreichte Julia Rebekka Adler einen Interpretationsansatz, der fast improvisatorisch angehaucht war, und der vom Cembalo durch Stütztöne abgefedert wurde. Klangvolle Doppelgriffe bildeten die Grundlage der veritablen Spannungsbögen im Andante, spielfreudig jonglierte die Instrumentalistin mit gebundenen und gestoßenen Tonfolgen im Final-Allegro. Das Bach-Concerto für Cembalo nach Vivaldi zeigte im Kopfsatz einen sehr konzertant-festlichen Charakter und im Schlusssatz Tirilier-Figuren in Terzen, wie man sie aus den "Vier Jahreszeiten" kennt.

Die beiden Duo-Sonaten von Bach begeisterten das Publikum wohl deshalb besonders, weil hier Kammermusik im eigentlichen Sinn zu hören war: Im Adagio des D-Dur-Werks entspann sich ein ausdrucksstarker Dialog zwischen dem Melodieinstrument und den beiden Händen des Cembalisten, so dass sich der Eindruck einer Triosonate einstellte. Im gleichen Sinn wetteifernd-konzertierend war der Kopfsatz der g-Moll-Sonate, in der die Spielimpulse von beiden Instrumenten ausgingen. Bei allem Eifer geriet das Zusammenspiel hier nicht immer ganz synchron. Besonders schön war das Adagio im gleichen Werk, in dem sich die Violakantilene klanglich wie eine samtene Schicht zwischen Ober- und Unterstimme des Cembalos legte. Viel Beifall und eine Zugabe gab es zum Schluss.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: