Fürstenfeldbruck:Kulturelle Vielfalt als Bereicherung

Senioren-Empfang

Mit seinem philosophischen Blickwinkel sorgt Kreisdekan Albert Bauernfeind für Abwechslung beim Neujahrsempfang.

(Foto: Günther Reger)

Beim Neujahrsempfang der Senioren-Union finden die Redner klare Worte

Von Julia Bergmann, Fürstenfeldbruck

Der scheinbar fragile Friede in Europa, Terror, Flucht und Krieg: Es sind die ganz großen Fragen der Weltpolitik, die am Donnerstagabend beim Neujahrsempfang der Kreis-Senioren-Union im Pfarrsaal Sankt Magdalena auf den Tisch kommen. Festredner Albert Bauernfeind findet vor allem in Bezug auf die Flüchtlingskrise recht deutliche Worte: "Es scheint angesichts der gegenwärtigen Weltlage bestätigt, dass wir aus der Geschichte nichts lernen."

Und auch Bezirksrat Josef Loy, der den katholischen Dekan am Rednerpult ablöst, wählt klare Worte: "Grenzen und Zäune hochzuziehen, ist keine Lösung." Vielmehr müssten die Ursachen der Flucht in den jeweiligen Herkunftsländern gelöst werden. Und er befindet: "Hier passiert zu wenig. Das gilt für die USA, Russland, Europa, das gilt aber auch für Saudi-Arabien, das einen Stellvertreterkrieg in Syrien führt." Mit Saudi-Arabien, den Ölscheichs zu reden, die immerhin eine Verantwortung hätten - auch das solle man tun, findet Loy. Und: "Wir dürfen nicht resignieren und Ängsten hinterherlaufen, die den Boden ebnen für radikale Strömungen, die wir nicht brauchen in unserem Land."

Auch der schwelende Konflikt zwischen Angela Merkel, die an einer europäischen Lösung festhält, und Horst Seehofer, der die einzig mögliche Lösung in Obergrenzen sieht, bleibt von Loy nicht unkommentiert. Die Uneinigkeit zwischen CSU und CDU mache ihn traurig. Die Krise ist seiner Meinung nach nur gemeinsam zu meistern und die Lösung für die Flüchtlingskrise könne nur in Kommunikation, Respekt und Achtung voreinander liegen. "Das sind wir den Menschen schuldig", sagt er. Und zu den Beweggründen der Fliehenden, nach Europa zu kommen: "Die Flüchtlinge haben das nicht aus Jux und Tollerei gemacht." Er betont auch, dass die Chance einer Krise darin bestehe, dass "die Dinge auseinandergenommen und anschließend neu geordnet werden". Recht viel konkreter wird Loy dabei nicht.

Thematisch zwar ähnlich, aber doch mit völlig anderem Ansatz spricht Albert Bauernfeind. Während Loy beim Sprechen ganz Politiker bleibt, fällt Bauernfeinds Rede philosophischer und reflektierender aus, fragt nach dem, was sich verändert hat, und dem, was bleibt, sowohl vordergründig als auch hintergründig. Und dabei spart der Kreisdekan nicht an Kritik an der Kirche: "Gerade die Kirche wird sich fragen lassen müssen, was sie versäumt hat", so Bauernfeind. Ein Blick in die Geschichte genüge, um zu erkennen, wie gerade das christliche Menschenbild, das den Menschen als Abbild Gottes begreift, über die Jahrhunderte hinweg immer wieder von Christen gegen massiven Widerstand der Kirche verteidigt werden musste. Dieses Menschenbild gelte es nun zu erhalten. "Wir müssen als Kirche nicht missionieren, aber ihnen zeigen, worin diese Kraft dieses Menschenbildes besteht", sagt Bauernfeind in Bezug auf die Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen. Diese Stärken bestünden darin, dass sich die Menschen als Schwestern und Brüder verstehen, und unter anderem auch im Wert der Frau.

Zudem plädiert Bauernfeind dafür, die Vielfalt der Kulturen als Bereicherung wahrzunehmen. Jegliche trennenden Kategorien von Konfession und Nation seien abzulehnen und allenfalls als Identifikationsgrößen anzusehen. "Keine Konfession, keine Religion sagt alles über Gott und die Menschen, sowie keine Nation alles darüber sagt, wie die Vielfalt der Erde und die Menschheit selbst gestaltet sind", so Bauernfeind. Es brauche mehr an Solidarität, mahnt er, immerhin gelte das Bedürfnis nach einem menschenwürdigen Leben nicht nur für diejenigen, die in westlichen Ländern in Sicherheit und Wohlstand leben. Und es gelte achtsam zu sein. Nicht zuletzt auch gegenüber denjenigen, die sich unsolidarisch verhalten.

Die rund 60 Besucher des Neujahresempfangs zeigen sich von Bauernfeinds Rede beeindruckt, davon zeugt auch ihr langer Applaus.

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