Politik:Kreis-SPD für Koalitionsgespräche

Der Vorsitzende und Bundestagsabgeordnete Michael Schrodi will auf dem Bundesparteitag den Kurs von Martin Schulz unterstützen, die Jusos sind strikt gegen weitere Verhandlungen

Von Andreas Ostermeier und Viktoria Großmann, Fürstenfeldbruck

Wichtige Vertreter der Sozialdemokraten im Landkreis möchten, dass mit der Union über eine große Koalition verhandelt wird, ehe sie über eine Beteiligung an einer neuen Regierung entscheiden sollen. Deshalb kündigt der Kreisvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Michael Schrodi an, auf dem Sonderparteitag am Wochenende in Bonn für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen zu stimmen. In gleicher Weise äußerten sich der Landtagskandidat Peter Falk und die stellvertretende Kreisvorsitzende Svenja Bille. Sie wolle erst einmal sehen, wie viele Anliegen der SPD in Verhandlungen mit der Union zu erreichen sind, ehe sie in der vorgesehenen Befragung der SPD-Mitglieder über eine weitere große Koalition entscheide, sagte Bille. So lange warten wollen die Jusos im Landkreis aber nicht. Sie lehnen jegliches Weiterverhandeln sowie eine große Koalition ab.

In den ersten Reaktionen auf das Ergebnis der Bundestagswahl Ende September hatte Schrodi ganz ähnlich wie die Jusos geklungen. Er sprach von einer Existenzkrise der SPD und kritisierte das "Rumgeeiere" in der großen Koalition. Wie dem Parteivorsitzenden Martin Schulz erschien auch dem Brucker Kreisverbandsvorsitzenden der Gang in die Opposition als richtige Konsequenz aus dem Stimmenverlust bei der Wahl. Jetzt will er doch über eine weitere Regierung mit der Union verhandeln. Durch das Scheitern der Verhandlungen zwischen Union, Grünen und FDP habe sich die Lage verändert, sagt der SPD-Bundestagsabgeordnete für Dachau und Fürstenfeldbruck. Nun müsse die SPD ausloten, welche ihrer Anliegen sie umsetzen könne und dürfe "nicht auf halbem Weg stehen bleiben".

Unterstützung erhält er von Svenja Bille. Die stellvertretende Kreisvorsitzende sagt, die SPD habe auch den Wählern gegenüber eine Verantwortung, über eine große Koalition zu verhandeln. Peter Falk, Kreisrat und Vorgänger Schrodis als Kreisvorsitzender, ist der Ansicht, dass das Anstreben von Neuwahlen, ohne verhandelt zu haben, bei der Bevölkerung nicht auf Verständnis stoßen würde. Auch Falk hat das Ergebnis der Bundestagswahl im September so beurteilt, dass die Wähler die Partei nicht mehr in einer Regierung sehen wollten. Nachdem sich aber die "bürgerlichen Parteien" als nicht regierungsfähig gezeigt hätten, solle die SPD über eine Regierung verhandeln, sagt er.

Die Jusos, der Jugendverband der SPD, sind strikt gegen weitere Verhandlungen. Ihre Ablehnung begründen sie vor allem mit den Ergebnissen der Sondierungen. Diese nennen sie unzureichend. So sei weder eine Abschaffung der Zwei-Klassen-Medizin gelungen, noch eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes, noch eine Anhebung des Mindestlohns, heißt es in einer Pressemeldung des Jugendverbands. Das Sondierungsergebnis sei deshalb keine Voraussetzung für weitere Gespräche, sondern "ein Schlag ins Gesicht" all der jungen Menschen, die sich für ein gerechtes, nachhaltiges und solidarisches Deutschland in Europa einsetzten.

Mit ihrem Unbehagen an den Ergebnissen der Sondierungsgespräche stehen die Jusos nicht allein. Philipp Heimerl, SPD-Stadtrat in Fürstenfeldbruck, sagt, das Papier lasse viele Wünsche offen. Momentan tue er sich schwer, an einer großen Koalition etwas Gutes zu finden. Von weiteren Verhandlungen erhoffe er sich Verbesserungen, beispielsweise bei den Themen Wohnungsbau und Energiewende. Ähnlich äußert sich Christian Gruber, SPD-Ortsvorsitzender von Germering. Derzeit hätte er nicht gerne eine weitere Zusammenarbeit mit der Union. Nachbesserungen in Verhandlungen sind seinen Worten nach notwendig.

Auch im Nachbarlandkreis Dachau, der zum Bundestagswahlkreis gehört, sieht es ähnlich aus. Die Jusos sind strikt gegen eine große Koalition, der SPD-Kreisvorsitzende befürwortet weitere Verhandlungen und stärkt damit Schrodi den Rücken. Martin Güll, der auch Landtagsabgeordneter ist, sagt, es sei besser, in Verhandlungen einige Positionen durchzusetzen, als als Oppositionspartei ständig überstimmt zu werden. Das nämlich drohe bei einer Minderheitsregierung der Union, wie sie von den Jusos immer wieder ins Gespräch gebracht wird. Eine solche Regierung berge die Gefahr einer reinen Mitte-rechts-Politik, durchgesetzt mit Unterstützung der AfD, sagt Güll zur Warnung vor solchen Gedankenspielen.

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