Fürstenfeldbruck:Kein Handlungsbedarf bei Asyl-Unterkunft

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Im April ziehen Bewohner der Unterkunft am Fliegerhorst mit Transparenten in die Brucker Innenstadt. Vor dem Rathaus protestieren sie gegen den Entzug von Bahntickets, Kürzung von Taschengeld und schlechtes Essen. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Ministerium reagiert gelassen auf Kritik des SPD-Landtagsabgeordneten Herbert Kränzlein und sieht keinen Anlass, die Zahl der Bewohner zu reduzieren oder die Erstaufnahme am Fliegerhorst vor Ende 2026 dicht zu machen

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Die "Massenunterkunft für Asylbewerber" am Fliegerhorst ist für die dort lebenden Menschen, die Brucker Bevölkerung sowie die ehrenamtlichen Asylhelfer unzumutbar. Das sagt der SPD-Landtagsabgeordnete Herbert Kränzlein mit Blick auf die angespannte Situation in der Erstaufnahme und als Reaktion auf die Demonstration von Bewohnern der Flüchtlingsunterkunft vor einigen Wochen. Kränzlein richtete eine Anfrage an die Staatsregierung und wollte wissen, welche Maßnahmen der nunmehr zuständige Innenminister Joachim Herrmann zu ergreifen gedenke, um Stadt, Asylhelfer, Wohlfahrtsverbände und die Polizeiinspektion zu entlasten. Die Antwort habe weitergehende Fragen aufgeworfen, schreibt Kränzlein nun. "Solche Massenunterkünfte führen zu nicht vermeidbaren Spannungen und Aggressionshandlungen. Die häufigen polizeilichen Einsätze sind eine Folge davon." Die Staatsregierung aber halte unbeirrt an ihrem Kurs für die Erstaufnahme fest.

In seinem Antwortschreiben beziffert das Innenministerium die Zahl der am Fliegerhorst lebenden Flüchtlinge auf 931 Personen (Stand 1. Mai) aus Afghanistan, Algerien, Botswana, der Demokratischen Republik Kongo, Eritrea, Irak, Israel, Jemen, Jordanien, Mali, Myanmar, Nigeria, Pakistan, Senegal, Sierra Leone, Somalia, Syrien, Tansania, Togo und Uganda. Der Anteil alleinreisender Männer liegt bei gut 41 Prozent. Die Frage Kränzleins, ob die Mutmaßung des Integrationsbeauftragten Willi Dräxler (BBV) zutreffe, Flüchtlinge aus Manching, die bereits dort auffällig geworden waren, seien nach Bruck verlegt worden, lässt das Ministerium weitgehend unbeantwortet: "Die Verteilungen erfolgen je nach Bedarf, etwaige Auffälligkeiten spielen hierbei keine Rolle", heißt es lapidar.

Unter Berufung auf Zahlen des Bundes von 2017 beziffert Staatssekretär Gerhard Eck den Anteil der Bewohner, die voraussichtlich ein Bleiberecht erhalten: Menschen aus dem Jemen haben demnach gute Aussichten (etwa 83 Prozent), unter den "Top-Fünf-Ländern" in Bruck folgen Afghanistan (44), Demokratische Republik Kongo (34) und als Schlusslichter Nigeria sowie Uganda (jeweils 17). Die Dependance der Aufnahmeeinrichtung für Asylbewerber Oberbayern in Bruck solle bis 31. Dezember 2026 bestehen bleiben, die Überprüfung des Bedarfs sei für Ende 2023 vorgesehen. Pläne, die Zahl der Plätze zu reduzieren, gebe es nicht, weil sich am Bedarf nichts geändert habe.

Und die von Kränzlein angesprochene "explosive Stimmung"? Eck verweist auf die 32 speziell geschulten Mitarbeiter des privaten Sicherheitsdienstes. Die Zahl könne bei Bedarf noch aufgestockt werden. Unterstützt würden diese von der Flüchtlings- und Integrationsberatung. Mehr Polizei stellt das Ministerium hingegen nicht in Aussicht und weist die Verantwortung dem Polizeipräsidium zu - bis 2023 sollten landesweit aber insgesamt 3500 zusätzliche Stellen geschaffen werden, heißt es.

Die von Kränzlein angesprochene restriktive Linie des Landratsamts (Streichung von Geld- und Sachleistungen wegen angeblich unzureichender Kooperation) will Eck nicht kritisieren. Grundsätzlich hält er die weitgehende Umstellung von Geld- auf Sachleistungen für angebracht. Nach Informationen der Staatsregierung hätten aber vor allem "falsche Gerüchte über die Auszahlungsmodalitäten zu unberechtigten Besorgnissen seitens der Bewohner der Einrichtung" geführt. Dass die Ausländerbehörde keine Arbeitserlaubnisse erteilt, daran ist laut Eck nichts auszusetzen, sei dies doch gesetzlich so vorgegeben.

Die teils mehr als ein Jahr umfassende, eigentlich viel zu lange Aufenthaltsdauer der Flüchtlinge in der Erstaufnahmestelle am Fliegerhorst will das Ministerium vor allem durch die "konsequente Rückführung bestandskräftig abgelehnter Asylbewerber" verkürzen.

© SZ vom 08.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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