Fürstenfeldbruck:Kartoffelschale macht Karriere

Biomüll

In kleinen Biosäcken wird im Landkreis bislang Biomüll gesammelt.

(Foto: Günther Reger)

Organische Abfälle kompostieren oder Energie daraus gewinnen? Dem Landkreis steht eine politische Richtungsentscheidung bevor

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Es bleibt schon so einiges übrig in der Küche: Kartoffelschalen, Salatblätter, Eierschalen, Kaffeefilter, Teebeutel. Dazu hart gewordenes Brot, Essensreste, verdorbene Lebensmittel, auch verwelkte Schnittblumen oder Topfpflanzen. Die Bürger im Landkreis Fürstenfeldbruck haben schon frühzeitig gelernt, dass dieser Biomüll getrennt vom Restmüll zu entsorgen ist. Sie sammeln ihn in speziellen Säcken, die abgeholt werden. Wer indes einen Garten hat, wirft seine Bioabfälle auf den Komposthaufen. "Dieser Kompost trägt zur Bodenverbesserung bei und hilft, den Einsatz von Pflanz- und Blumenerden aus Gartencentern zu reduzieren, die oftmals einen erheblichen Anteil des eigentlich schützenswerten Torfs enthalten", schreibt das Landesamt für Umwelt (LfU) in seiner Hausmüllbilanz 2015. Es schreibt auch, dass die entsorgungspflichtigen Körperschaften "ihren Bürgern verschiedene Anreize bieten, um die Eigenkompostierung zu fördern": einen Nachlass auf die Restmüllgebühr etwa, kostenlosen Häckselservice oder Zuschüsse beim Kauf von Häckslern und Kompostern.

Der Landkreis Fürstenfeldbruck hat den Zuschuss für die Anschaffung von Kompostbehältern mittlerweile gestrichen. Weil er die Menschen dazu bewegen will, dass sie ihm als zuständigen Entsorger mehr Biomüll als bisher überlassen, wurde jüngst auch beschlossen, die Eigenkompostierung von 2020 an nicht mehr bei den Müllgebühren zu begünstigen.

Ein Gutachten des Bifa-Umweltinstituts, das dem Landkreis im Jahr 2016 Handlungsoptionen für den Umgang mit Biomüll aufzeigen sollte, kam zu der Erkenntnis, dass Bürger aus hygienischen Gründen Küchenabfälle auch über die Restmülltonne entsorgen würden. Auch Grünen-Kreisrätin Ingrid Jaschke monierte jüngst im Werkausschuss, dass es bisher keinerlei Kontrollen gebe und "viele Abfälle in der Restmülltonne" landeten. 70 Prozent der Gebührenzahler im Landkreis würden als Eigenkompostierer die niedrigere Gebühr zahlen, kritisierte UBV-Kreisrat Jakob Drexler. Darunter, sagte das Gutachten, seien viele Trittbrettfahrer.

Dabei bemüht sich das Landesamt für Umwelt nach Kräften, die Vorteile des Kompostierens von Bioabfällen im eigenen Garten darzustellen. "Im Rahmen der Strategie zur Abfallvermeidung kommt der Berücksichtigung des Stoffkreislaufs große Bedeutung zu", schreibt das LfU in seinen Infoblättern zur Kreislaufwirtschaft. Kommunen, die die Eigenkompostierung noch nicht oder kaum förderten, heißt es weiter, seien daher "aufgerufen, dies künftig (verstärkt) zu tun". Das LfU betont, dass bei weniger Eigenkompostierung "zunehmend auf Kunstdünger und Torf zurückgegriffen werden" müsse. Kunstdünger herzustellen aber sei energieaufwendig und der Torfabbau für die Herstellung von Erden ungünstig.

Eigenkompostierung und eine Biotonne aber schließen sich nach Ansicht des Landesamts nicht aus. Nicht jeder Grünschnitt und nicht alle Küchenreste sind für den Kompost geeignet. So gehören tierische Abfälle und Speisereste nicht auf den Komposthaufen - weil sie zu stinken anfangen und Nagetiere anziehen könnten. Daher sind Eigenkompostierung und die Nutzung einer Biotonne für das LfU "kein Gegensatz, sondern ein Miteinander". Diese sogenannten überlassungspflichtigen Bioabfälle, also solche, die nicht im Garten verbleiben können, müssen seit Beginn des Jahres 2015 getrennt gesammelt werden. Der Landkreis hat dafür seine Bioabfallsäcke, die künftig zur Abholung auch in ein kleines Biotönnchen gesteckt werden können. Ob das so bleibt oder ob sich die Haushalte im Landkreis doch eine große Biotonne anschaffen müssen, wird sich zeigen. Befürworter der Biotonne hoffen, dass sich damit die gesammelte Bioabfallmenge erhöht und der Landkreis vielleicht sogar eine eigene Vergärungsanlage bauen könnte.

Was also ist der bessere Weg? Biomüll im natürlichen Kreislauf im Garten entsorgen oder möglichst viel davon in einer Tonne zu sammeln und das Ganze dem Landkreis zur Energiegewinnung zu überlassen? Dass der Landkreis Fürstenfeldbruck "bei der Bioabfallerfassung weit hinterher hinkt", bemängelt auch der Energiewendeverein Ziel 21. Nach Angaben von Ziel 21 werden bayernweit jährlich 55 Kilogramm Bioabfälle pro Einwohner gesammelt, im Brucker Land sind es nur 23 Kilo. Auch bei der Grüngutsammlung liegt der Landkreisdurchschnitt von 75 Kilo pro Einwohner hinter dem Bayerndurchschnitt von 81 Kilo. Ein politischer Streit steht bevor. Der Abfallwirtschaftsbetrieb des Landkreises (AWB) oder das Gemeinsame Kommunalunternehmen für Abfallwirtschaft (GfA), das die Müllverbrennungsanlage in Geiselbullach betreibt, erachten die bestehende Lösung als gut. Beide verweisen darauf, dass die über eine Biotonne zusätzlich erfassten Mengen überwiegend aus Grünschnitt bestünden. Die derzeit gesammelten Bioabfälle aber seien sortenrein und könnten so einer effizienten Nassvergärung zugeführt werden, das ginge mit Grünschnitt nicht. Auch Gutachter Johann Baumann hatte den Brucker Kreisräten schon vor zwei Jahren zu bedenken gegeben, dass das Einsammeln mithilfe einer Biotonne den Abfall quantitativ und qualitativ verändern würde. So wüchsen die Mengen im Sommer und Herbst wegen des Grünguts (geschnittenes Gras, Laub oder kleine Äste) stark an. Diese Abfälle aber eignen sich laut Baumann viel schlechter zur Gewinnung von Biogas als Abfälle aus der Küche.

"Energie aus Biomüll" ist der Vortrag betitelt, den Jakob Drexler an diesem Mittwoch, 17. Januar, im katholischen Pfarrzentrum Eichenau hält. Der UBV-Kreisrat gibt einen Überblick, wie es mit der Kompostierung, Vergärung und dem Bio-Tönnchen für den Landkreis steht. Beginn 19.30 Uhr.

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