Fürstenfeldbruck:"Kaninchen als Gebärmaschinen"

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Eigentlich wollten Tierschützer einen Hahn retten, der sich strangulierte. Doch dann entdeckten sie die Kaninchen in völlig verdreckten Ställen. Der Halter ist Vorsitzender eines Geflügelzüchtervereins.

Stefan Salger

Von Tierquälerei und unsäglichen Zuständen, spricht Gabi Minderlein von den Tierfreunden Brucker Land. "Das ist das Schlimmste, was ich je an Qualhaltung gesehen habe", sagt die Vorsitzende des Vereins, der in Überacker eine Auffangstation für Katzen und Kleintiere betreibt. Es geht um Stallungen auf dem Grundstück eines Tierzüchters im östlichen Landkreis, in denen Geflügel und Kaninchen gehalten werden. Die waren zu klein, völlig verkotet und verdreckt. Die Tiere hätten ohne Einstreu und Rückzugsmöglichkeiten dahinvegetieren müssen. Die Stallungen seien offenbar schon so lange nicht mehr gereinigt worden, dass die Köttel fest wie Beton waren. Der Züchter habe die Muttertiere "als Gebärmaschinen missbraucht", sagt Minderlein. "Das hat für mich nichts mehr mit verantwortungsvoller Zucht und Liebe zum Hobby zu tun, sondern nur mit Gelderwerb."

Bereits Ende April waren Tierfreunde und Behörden eingeschritten, bekannt geworden ist der Fall aber erst an diesem Montag. Insgesamt 23 Kaninchen zwischen vier Wochen und zwei Jahren wurden auf Vermittlung von der Amtstierärztin Andrea Jahrbeck von den Tierfreunden übernommen. Sie werden aufgepäppelt und anschließend an Haushalte vermittelt, die eine artgerechte Haltung garantieren können. Dem Züchter machte das Veterinäramt für die verbliebenen fast 40 Kaninchen sowie die Vögel strenge Auflagen und kündigte Kontrollen an. Offen ist, ob ein Bußgeldverfahren gegen den Mann - der pikanterweise Vorsitzender eines Geflügelzuchtvereins ist - eingeleitet wird.

Der Züchter selbst räumt Missstände offen ein und verspricht Besserung: "Mir ist das in letzter Zeit zu viel geworden. Ich weiß, dass ich künftig weniger machen muss." Das Landratsamt habe ihn auf neue Bestimmungen über die Mindestgrößen von Ställen hingewiesen. Auch in punkto Sauberkeit sei es "nicht optimal gewesen". Gleichwohl hätten die Tierschützer unberechtigterweise seinen Grund betreten, monierte er am Montag. Diese freilich halten das konsequente Einschreiten für gerechtfertigt.

Begonnen hatte alles mit dem Anruf einer Spaziergängerin bei den Tierfreunden. Sie hatte einen Hahn gesehen, der sich im Maschendrahtzaun des Grundstücks verfangen hatte, auf dem neben Kaninchen auch Geflügel und Tauben gehalten werden. Der Hahn hing kopfüber hilflos in den Schlingen und drohte zu verenden. Heidi Minderlein fuhr zu dem Anwesen und befreite den Hahn. Dabei sei sie auf den "erbärmlichen Zustand der Stallungen" aufmerksam geworden.

© SZ vom 07.05.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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