Von Abschiebung bedroht:In Beweisnot

Demirov

Kämpfen für das Bleiberecht von Aki und Narcida Demirova (Mitte): die Asylhelfer Helmut Heins (von links), Christiane Göttner und Hedwig Heigl

(Foto: Günther Reger)

Mazedonische Flüchtlingsfamilie kämpft mit Asylhelfern um die Anerkennung. Nun soll eine Landtagspetiton helfen

Von Gerhard Eisenkolb, Fürstenfeldbruck

Aki Demirov, 38, ist ein kräftiger, sympathischer Mann im besten Alter. In seiner Heimat in Mazedonien hat er den Lebensunterhalt für seine Familie als Bauarbeiter verdient und in seiner Freizeit Wahlplakate für die SDSM, die sozialdemokratische Partei geklebt und im Wahlkampf 2014 um Stimmen geworben. Der politische Einsatz des Maurers für Werte wie Gerechtigkeit und Gleichheit wurde ihm zum Verhängnis. Sein Onkel wurde von einem Schlägertrupp der regiereden VRMO mit einem Knüppel totgeschlagen, seine Mutter wäre beinahe bei lebendigem Leib verbrannt wurden, als ihr VRMO-Anhänger den Rock anzündeten. Die Brandnarben, die sie bei dem Anschlag davontrug, musste sie Ende August bei einem Asylanhörungsverfahren in Deggendorf präsentieren. Ihr Sohn, der einfache Bauarbeiter, hat seinen gesamten Besitz verloren, sein Haus wurde zerstört und unbewohnbar gemacht.

Das Fürstenfeldbrucker Ehepaar Helmut Heins und Christiane Göttner betreut Demirov und dessen Familie seit einem Jahr zusammen mit der Moorenweiserin Hedwig Heigl. Die drei sind ehrenamtliche Asylhelfer. Ihr Schützling, der sozialdemokratische Asylbewerber hätte sogar einen Arbeitsplatz. Er könnte bei einem Gartenbaubetrieb arbeiten und wäre also nicht einmal auf staatliche Unterstützung angewiesen. Nur kann er seine Stelle nicht antreten, weil das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bereits zweimal seine Anträge ablehnte: 2013 und zuletzt in diesem Januar. Die Begründung: der Vortrag des Flüchtlings sei unglaubwürdig, weil nur die Familie von Gewaltakten Aki Demirov betroffen sei. So wird aus einem Opfer ein Beteiligter von gewalttätigen Auseinandersetzungen. Bisher konnte der 38-jährige Mazedonier nämlich nicht beweisen, was ihm, seiner Frau, seiner 19-jährigen Tochter und seinen beiden Eltern widerfuhr. Für einen einfachen Bauarbeiter, der Probleme hat, die richtigen Worte zu finden, ist es sicher schwierig auf die Fragen versierter Juristen so einzugehen, dass diesen die Antworten glaubhaft erscheinen. Das größte Problem der türkischsprachigen Familie aus Vasilevo in Mazedionien ist jedoch ein anderes: Sie kommen aus einem Staat des Westbalkans, also aus einem sicheren Herkunftsland, was es als hoffnungsloses Unterfangen erscheinen lässt, als politisch Verfolgter anerkannt zu werden.

Darauf berufen sich sogar zwei Ministerpräsidenten, an die sich die Unterstützter der Familie Demirov gewandt hatten. Horst Seehofer (CSU) verwies auf die Rechtsstaatlichkeit des Asylverfahrens. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) machte geltend, für den Kompromiss gestimmt zu haben, auch Mazedonien zu einem sicheren Herkunftsland zu erklären, weil dieser den Flüchtlingen insgesamt Verbesserungen gebracht habe. Eine Antwort der Bundeskanzlerin, die sich Christiane Göttner ebenfalls anschrieb, steht noch aus.

Der komplexe Fall - die Unterlagen füllen Ordner - ist für die Unterstützer der Mazedonier ein Beleg dafür, wie schwierig es Asylbewerber wie die Demirovs haben, zu belegen, dass sie verfolgt sind und bei einer Rückkehr befürchten müssen, getötet zu werden. Bis auf die Brandnarben der Mutter, haben sie keine Beweise. Entlassungpapiere aus dem Gefängnis, Krankenakten oder Polizeiunterlagen zu den Übergriffen, das alles gibt es nicht. Die Familie kennt zwar den Namen eines der Männer, die den Onkel des Maurers erschlagen haben. Aber als der Vater von Aki Demirov für den Mord an seinem Bruder Beweise sammeln wollte und bei dessen Ärzten vorstellig wurde, begannen Schlägertrupps damit, ihn und seine Frau zu verfolgen.

Zwei Chancen, den Mazedoniern noch zum Bleiberecht zu verhelfen, sehen die Unterstützter noch. Die eine ist eine Landtagspetition, für die Unterschriften gesammelt werden. Die andere ist ein Folgeantrag, mit dem neue Beweise vorgelegt werden. Beispielsweise zum Brandanschlag auf die Mutter. Dieser fand nämlich erst statt, als der zweite Asylantrag ihres Sohnes bereits abgelehnt worden war. Ohne die politischen Aktivitäten ihre Sohnes hätten die Schläger die Eltern in Ruhe gelassen. Davon sind die Asylhelfer überzeugt. Das Brucker Ehepaar kann noch mit einer Begründung für den Schritt an die Öffentlichkeit aufwarten: "Wir wollten einfach mal die Geschichte los werden", so Heins. Er spielt auf die belastende Beschäftigung mit einem Flüchtling an, den viele Brucker von Auftritten der Trommlergruppe "Diappo" r kennen.

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