Fürstenfeldbruck:Im Alter wird das Geld knapp

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Die Schuldnerberatung der Caritas beziffert den Anteil der Rentner an den Ratsuchenden inzwischen auf zehn Prozent. Sinkende Altersbezüge und zunehmende Lebenshaltungskosten sind der Hauptgrund.

Von Ariane Lindenbach

Angefangen hat es mit einer Kleinigkeit: Karl F. (Name von der Redaktion geändert) kaufte die Felgen für sein Auto auf Raten. Das funktionierte gut, also schaffte er sich noch mehr schöne Dinge auf Pump an. Heute, viele Jahre später, hat er die Schuldnerberatung der Caritas in Fürstenfeldbruck um Hilfe gebeten.

Die Zahl der Senioren steigt, die auf jeden Cent angewiesen sind. (Foto: dpa)

Er hat 30 000 Euro Schulden und ist damit kein Einzelfall, wie der Jahresbericht 2012 der Schuldnerberatung zeigt. Demnach ist die Zahl der Ratsuchenden seit 2005 um mehr als 100 gestiegen, der Anteil der Männer ist nach wie vor etwas höher als der der Frauen. Die Klienten sind tendenziell älter geworden.

Die Schuldnerberatungsstellen der Caritas in Fürstenfeldbruck und Germering wurden im vergangenen Jahr von 691 Personen aufgesucht. Damit sind es mehr geworden, obwohl es seit 2012 ein ergänzendes Online-Angebot gibt, bei dem Hilfesuchende anonym kurze Fragen stellen können. Dennoch ist die Tendenz klar steigend: 2005 kamen 587 Menschen zu den Beratungsstellen, 2008 waren es schon 676.

Ein Trend ist, dass die Menschen mit Geldproblemen immer älter werden. So waren vor acht Jahren 2,8 Prozent der Ratsuchenden zwischen 65 und 74 Jahre alt, im Vorjahr kamen knapp zehn Prozent im Alter zwischen 60 und 69 Jahren (die Caritas-Mitarbeiter haben die Staffelung des Alters ihrer Klienten inzwischen geändert). Der Anteil der unter 30-Jährigen ist entsprechend gesunken.

Besonders erfreulich: Es gibt deutlich weniger Haushalte mit Kindern als noch vor acht Jahren, die sich wegen ihrer Schulden beraten lassen; ihr Anteil sank von 42,76 Prozent auf 34,30 Prozent. Woher die Entwicklung kommt, darüber kann Christiane Göttner von der Brucker Schuldnerberatung nur spekulieren: Immer mehr arbeitende Frauen und kritischeres Abwägen der Banken bei der Kreditvergabe nennt die Sozialpädagogin als denkbare Faktoren.

Für die zunehmende Zahl an älteren Menschen, die immer mehr Schulden haben, hat Göttner eine andere Vermutung: Womöglich sei er durch Hartz IV verursacht, da gerade ältere Arbeitslose schwer neue Arbeit finden. Nach einem Jahr Arbeitslosengeld bekommen sie, wie alle anderen auch, nur noch das Existenzminimum als staatliche Unterstützung. Ein weiterer Faktor ist der Sozialpädagogin zufolge die Umstellung auf Euro: Damals seien die Rentenbezüge praktisch halbiert worden, die Kosten für Miete, Lebensmittel und alles andere aber nicht.

Karl F. ist ein typischer Fall. Laut Göttner überschulden sich viele Menschen nach diesem Schema. Sie kaufen immer mehr Dinge auf Pump, verlieren den Überblick über ihre Ein- und Ausgaben und mit einem Mal können sie die Miete, Handyrechnungen, Raten für Kredite und sonstige Abschlagszahlungen nicht mehr bezahlen.

Doch selbst dann ist für die meisten noch nicht der Punkt erreicht, zu einer Beratungsstelle zu gehen. "Die Leute kommen erst zu uns, wenn ein Krisenfaktor dabei ist", hat sie im Lauf ihrer Berufstätigkeit festgestellt. Krankheit, Trennung oder Scheidung, Schwangerschaft oder auch die Bank, die plötzlich nur noch die Raten für den eigenen Kredit abbucht, aber nicht mehr das Geld für die Miete.

Im Fall von Karl F. war es die Trennung von seiner Frau, bedingt durch die immer größeren finanziellen Probleme, sowie die daraus resultierenden weiteren Kosten für den Unterhalt der beiden Kinder. Wegen seiner Schulden, genauer, weil er eine offene Rechnung nicht bezahlen konnte, wurde er zwischenzeitlich auch schon zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Doch dank der regelmäßigen Termine bei der Schuldnerberatung hat er inzwischen Vereinbarungen mit seinen Gläubigern getroffen und zahlt, seinem Einkommen entsprechend, seine Schulden in Raten ab.

© SZ vom 04.07.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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