Fürstenfeldbruck:"Ich nenne das unbehandelten Naturgesang"

Hedwig Roth leitet den Jodelkurs in der Olchinger Musikschule Dreiklang. Sie findet, jeder sollte jodeln können

Interview von Erich C. Setzwein

In einer Jodelwerkstatt der Musikschule Dreiklang in Olching wollen am Samstag die Teilnehmer von Hedwig Roth lernen, wie man jodelt. Die Jodellehrerin, bei der man kein Diplom ablegen kann wie im berühmten Sketch von Loriot, ist 38 Jahre alt, singt und jodelt in verschiedenen Gruppen und gibt Jodelkurse. Unter anderem tritt die Allgäuerin mit der Jodlergruppe Vorderburg traditionell auf, jodelt mit dem Jazz-Ensemble Vuimera und hat ein eigenes Projekt "Zwiegnäht". Sie findet, dass jeder Mensch jodeln können sollte.

SZ: Nehmen wir an, ich kenne keine Noten, treffe beim Singen keinen Ton - könnte ich trotzdem Jodeln lernen?

Hedwig Roth: Auf jeden Fall. Das Jodeln funktioniert am besten, wenn man frei ist, wenn man ohne Vorkenntnisse kommt und einfach lossingt. Jodeln ist ja ein spezielles Singen mit Brust- und Kopfstimme. Dieser Wechsel der Stimmen und der Töne ist das Charakteristische am Jodeln. Ich nenne das unbehandelten Naturgesang.

Wer sind die Menschen, die zu Ihnen in den Jodelkurs kommen?

Meistens Leute, die keinen traditionellen Hintergrund haben. Also die, die kein Dirndl im Schrank hängen haben, und jene, die mir sagen, sie hätten ein komisches Verhältnis zur Volksmusik, aber Jodeln würde ihnen gut gefallen. Das sind auch die, die es wirklich lernen wollen.

Kann man Jodeln in zwei Stunden lernen oder in einem Tag und wie übt man weiter?

Man kann in kurzer Zeit erleben, ob das Jodeln etwas für einen ist, ob die Faszination auf einen übergreift. Wem das gefällt, der übt freiwillig weiter. Das geht unter anderem mit Übungs-CDs, wie ich sie im Kurs habe. Es gibt auch Noten und Texte, aber man benötigt sie nicht unbedingt. Am Blatt hängen, das mag ich gar nicht. Man muss es allein ausprobieren, erst dann weiß man, wohin man mit seiner Stimme kommt und ob es einem liegt. Das ist so wie Urschrei üben oder Naturtöne entdecken.

Fürstenfeldbruck: Beim SZ-Interview gab Hedwig Roth, 38 Jahre, eine kleine Kostprobe ihres Jodel-Könnens und stellte jodelnd eine Frage.

Beim SZ-Interview gab Hedwig Roth, 38 Jahre, eine kleine Kostprobe ihres Jodel-Könnens und stellte jodelnd eine Frage.

(Foto: Susanne Mölle)

Jodeln, heißt es, sei ein universaler Gesang, weil es in vielen Teilen der Welt gepflegt wird. Wo, außerhalb des Allgäus und Bayerns, haben Sie schon mit anderen gejodelt oder würden es gerne tun?

In Südafrika habe ich mit Kindern gejodelt, die dazu getrommelt haben. Vergangenes Jahr war ich in Russland. Dort hatten mich Musikstudentinnen in Samara an der Wolga über das Goethe-Institut gebucht, die wollte jodeln lernen. Ich bin dort gut aufgenommen worden, aber die Teilnehmer im Kurs waren etwas schüchtern. Ich habe dann unter anderem an einer Uferpromenade der Wolga öffentlich gejodelt, das ist gut angekommen. Gerne würde ich mal in Norwegen jodeln. Die Samen dort haben etwas ähnliches wie das Jodeln, das Joiken. Das sind ganz eigene Vokalgesänge ohne Text. Das finde ich sehr berührend.

Sie sind musikalisch sehr aktiv. Wie viel Zeit verbringen Sie selbst mit Üben für das Singen in den verschiedenen Gruppen?

Ich nehme keine Gesangstunden, ich liebe das experimentelle Jodeln, das jazzhafte Jodeln. Jodeln ist etwas Traditionelles, das ich öffnen und verändern möchte. Ich betreibe keinen großen Probenaufwand, ein Abend pro Woche vielleicht.

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