BBV-Vorsitzende:"Heute können wir mitgestalten"

Die Führungsfiguren Klaus Quinten und Fred Härtl äußern sich im SZ-Interview zufrieden über die Entwicklung vom Debattierklub zur politischen Kraft, die die zweitgrößte Stadtratsfraktion stellt. Von den Bürgern wird die BBV nun freilich auch häufiger in die Verantwortung genommen

Interview von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Es ist ein Fest, wie man es bei der BBV nicht anders erwartet. Natürlich werden an diesem Freitagabend im kleinen Saal von Fürstenfeld die Korken knallen. Und natürlich geht es auch irgendwie um Politik und um die kleinen und großen Anekdoten, Erfolge oder Niederlagen. Eingeladen sind auch Vertreter der anderen Brucker Parteien. Mindestens genau so wichtig aber wird das Gesellige sein, der Genuss und der Spaß. Und deshalb treten der Musikkabarettist Sepp Raith und das Trio Fantastico auf, die Laudatio steuert Künstler Guido Zingerl bei. BBV-Vorsitzender Fred Härtl und BBV-Fraktionsvorsitzender Klaus Quinten geben schon mal einen kleinen Einblick in die Seele dieser Partei - nein, pardon: dieses "nicht rechtsfähigen Vereins".

SZ: Bis wann reichen Ihre Verbindungen zur zurück ?

Klaus Quinten: Bis vor die Wahl 1972, sechseinhalb Jahre nach der Gründung der BBV. Da hat mich der damalige Vorsitzende Günter Ehrig im Café Rodelbahn angesprochen. Das gibt es heute nicht mehr, es war an der Bahnlinie, Nähe Nikolausberg. Ich war da in meiner Studentenzeit Kellner. Ich habe die BBV gar nicht gekannt. Aber die haben jemanden aus dem Sport gebraucht. Und ich war 24 und Jugendwart im Tennisklub. Da habe ich zum Jens Streifeneder gesagt: Gehst mit? Der war Basketball-Abteilungsleiter. Und dann sind wir zusammen eingetreten.

Warum nicht SPD, oder Freie Wähler?

Quinten: Die Freien Wähler waren in Bruck die Mächtigen. Die BBV -Gründer haben sich für sie interessiert, aber nach ihrer Erzählung bei ihnen keine echte Chance bekommen.

Fred Härtl: Ich bin zur BBV gekommen, nachdem mich er (zeigt auf Quinten) angesprochen hat. Ich war ein enttäuschtes SPD-Mitglied. Die politische Ausrichtung der SPD Mitte der Achtzigerjahre hat mir nicht gepasst. Meine Frau war damals bei den inzwischen gegründeten Grünen, ist später aber auch zur BBV gewechselt. Mir hat immer schon gefallen, dass die BBV Politik nicht bierernst, sondern mit einem zwinkernden Auge macht.

Richtig, in Paragraf zwei der Satzung heißt es unter "Ziel und Zweck" ja auch ". . . und veranstaltet gesellige Treffen". Ist Ihnen auch mal der Spaß vergangen?

Härtl: Beim Graf-Rasso-Gymnasium zum Beispiel, das ist dumm gelaufen. Der politische Gegner hat behauptet, dass das Gebäude baufällig ist. Deshalb sind die Gymnasiasten umgezogen. Und später hat sich gezeigt, dass man das wunderbar restaurieren kann. Ärgerlich ist auch, dass die Stadtwerke in den Westen umziehen, weil beim Bürgerbegehren das Quorum verpasst worden ist.

Quinten: Es gab auch früher noch, 1974, mal eine Anzeige aus der CSU wegen Beleidigung. Das ist aber gut ausgegangen. Und einmal hat auch der Amtsgerichtschef Hörberg Anzeige erstattet, weil wir einen satirischen Wegweiser aufgestellt haben. Wir haben ja oft Schilder aufgestellt, in diesem Fall Filzlehrpfad und Hör-Berg.

Härtl: So als Gag halt.

Quinten: Und auch als Kritik, er hat sich ja so als Verkehrsexperte gesehen. Da ging es schon um Trassen, Deichensteg, Bauvoranfrage in Gelbenholzen und so.

Die BBV ist zur zweitgrößten Fraktion geworden, stellt sogar den Oberbürgermeister. Ist sie erwachsen geworden?

Härtl: Wir haben eine große Fraktion , da steigt die Verantwortung. Und vor 20 Jahren hatten wir gut 50 Mitglieder, heute sind es 160. Viele wollen sich beteiligen, da geht es nur mit Gaudi auch nicht.

Quinten: Jux haben wir früher vor allem gemacht, wenn wir in den Gremien chancenlos waren. Jetzt müssen wir Mehrheiten finden und wollen niemanden verprellen. Härtl: Ja, früher wurden wir abgebügelt, heute können wir mitgestalten und etwas bewegen. da gibt es aktuell viele Projekte im Verkehrs- oder im Sportbereich.

Wollen Sie weiter wachsen?

Quinten: Es ist gut und richtig, dass wir wachsen und nach mehr Einfluss streben. Nicht um jeden Preis, aber wir wollen ja was gestalten.

Härtl: Ziel ist es, den Bundeskanzler zu stellen (lacht). Nein, aber größte Fraktion zu werden, das wäre ein Ziel. Das wird aber schwierig, die CSU ist eine starke Fraktion.

Kommt man mit denen klar?

Quinten: Das klappt überraschend gut, wie man bei der Verabschiedung des Haushalts gesehen hat, auch wenn es beim Thema Stadtwerke Attacken gegen den OB gegeben hat.

Härtl: Das sieht man auch bei Aktionsbündnissen wie dem für die Asylbewerber, da arbeiten alle zusammen.

Wie hat sich die BBV entwickelt?

Härtl: Wir sind alle älter geworden. Jetzt mit den Bürgerbegehren kommen aber auch viele jungen Leute nach in den letzten zwei Jahren, einer davon, Florian Weber, sitzt im Stadtrat. Wir erneuern uns also.

Quinten: In der alten Satzung stand übrigens auch noch, dass die Hälfte unserer Stadtratskandidaten nicht älter als 35 Jahre sein darf. Naja, des hamma dann irgendwann lieber gestrichen (lacht). Wir haben ein ähnliches Problem wie Sportvereine und andere Parteien, wir haben kaum einen Mittelbau von um die 40-Jährigen.

BBV-Vorsitzende: Der pensionierte Gymnasiallehrer Klaus Quinten, 67 (links), ist BBV-Fraktionschef im Stadtrat, der Unternehmer Fred Härtl, 63, BBV-Vorsitzender.

Der pensionierte Gymnasiallehrer Klaus Quinten, 67 (links), ist BBV-Fraktionschef im Stadtrat, der Unternehmer Fred Härtl, 63, BBV-Vorsitzender.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Härtl: Wir haben Christian Götz und Irene Weinberg.

Quinten: Ja, aber ich meine Leute mit politischer Erfahrung.

Wie haben sich die Brucker in den zurückliegenden 50 Jahren verändert?

Härtl: Die Leute sind politisch interessierter geworden, das hat die Beteiligung an den Bürgerbegehren gezeigt. Die haben einem den Kugelschreiber fast aus der Hand gerissen.

Die BBV stellt den OB, ist die zweitgrößte Fraktion. Muss man sich nun auch mehr rechtfertigen?

Quinten: Mein Gott ja. Ich darf es nicht vergessen, dass ich wegen einer Sache noch telefoniere. Da war vorgestern eine Frau bei mir. Die hat geläutet und mich zusammengestaucht wegen eines Laternenmasts an der Pucher Straße. Herr Quinten, hat sie gesagt, wir haben die BBV unterstützt. Und jetzt setzen Sie mir da so einen Pfosten vor die Haustür. Ich habe mir das dann angeschaut. Da frag ich mal nach, habe ich gesagt. Wahrscheinlich ist das im Verkehrsausschuss entschieden worden oder von den Stadtwerken. Und ein Nachbar hat sich bei mir beschwert, dass die ganze Gegend voller Hundekot sei. Machen's mal was, hat er gesagt. Aber das ist oft gar nicht so leicht. Viele meinen, wir sind die Regierungspartei. Wir haben aber nur elf von 40 Stadträten.

Wie sehr können sich die Meinungen von OB und Fraktion unterscheiden?

Härtl: Es gibt da Unterschiede, bei allem Respekt. Einen Fraktionszwang gibt es nicht.

Quinten: Beispiel Lärchenstraße. Da war der OB offen. Für fast alle von uns war aber klar, dass wir die dichte Bebauung dort an der Bahn in der Buchenau nicht wollen. Das Verfahren hätten man abkürzen können. Da war unsere Kommunikation intern sicherlich nicht ganz so gut.

Was wünschen Sie sich für die nächsten 50 Jahre?

Härtl: Vor allem, dass unser Oberbürgermeister Klaus Pleil nach seinem Herzinfarkt wieder ganz gesund wird.

Quinten: Ja, das ist das Wichtigste. Außerdem soll die BBV liberal, sozial und ökologisch ausgerichtet bleiben, sich aber auch eine konservative Ader bewahren, etwa beim Denkmalschutz.

Härtl: Und ich würde mir wünschen, dass ein parteiübergreifendes Arbeiten verstärkt möglich ist. Aber das ist ja auch schon besser geworden.

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