Fürstenfeldbruck:Grüne werfen CSU bewusste Irreführung vor

"Amtsanmaßung, Lüge und ein heimlicher, tendenziöser Brief": Brucks Dritte Bürgermeisterin Karin Geißler ist empört über die Amtsführung des Zweiten Bürgermeisters Erich Raff. Es geht ums Aufregerthema B-2-Verlegung

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Schier unüberbrückbare Gräben haben sich zwischen der Dritten Bürgermeisterin Karin Geißler (Grüne) und dem Zweiten Bürgermeister Erich Raff (CSU) aufgetan. Geißler wirft Raff kaum verhohlen Amtsanmaßung, fehlende Loyalität gegenüber dem erkrankten OB Klaus Pleil sowie bewusste Fehlinformation vor. Es geht um eine Anfrage ans Bundesverkehrsministerium zum Thema B-2-Verlegung, die Raff im Alleingang verfasst hat. Die Grünen fordern zudem Auskunft darüber, warum CSU-Fraktionssprecher Andreas Lohde den Inhalt von Brief und Antwortschreiben kannte, nicht aber die anderen Stadträte. Raff wies die Vorwürfe am Montag als überzogen zurück.

In sozialen Medien wird hitzig über die Sache diskutiert. Jan Halbauer (Grüne) lastet der CSU einen "heimlich geschriebenen Brief" sowie "ganz schlechten Stil" an. Lohde lüge und spiele "sein eigenes, kleines Spiel, weil er gerne Oberbürgermeister werden möchte".

In dem Schreiben geht um die Bundesstraße 2, die mitten durch Bruck führt. Die Realisierung der sogenannten Deichenstegtrasse war bereits per Bürgerentscheid abgelehnt worden. Sie sah vor, die B 2 auf Höhe des Landratsamts abzweigen zu lassen und durch den Stadtpark bis hin zur Dachauer Straße zu führen. Rund um den zurückliegenden Kommunalwahlkampf kochte das Thema erneut hoch. Die CSU forderte einen gut drei Kilometer langen Tunnel unter Amper und Emmeringer Hölzl hindurch, während BBV, Grüne und SPD ein Teilstück der B 2 formal auf die Autobahn A 8 verlegen wollen. Solche Maßnahmen wären Voraussetzung für eine Herabstufung der durchs Zentrum verlaufenden B 2. Dann wäre Bruck bei baulichen oder verkehrsrechtlichen Maßnahmen nicht mehr aufs Wohlwollen von Bund und Land angewiesen und nicht mehr an die für überörtliche Straßen geltenden Vorgaben gebunden. Nur dann könnte aus dem Marktplatz eine Tempo-30- oder sogar eine Fußgängerzone werden.

Fürstenfeldbruck: Erich Raff spricht weiter von einer "guten Zusammenarbeit".

Erich Raff spricht weiter von einer "guten Zusammenarbeit".

(Foto: Voxbrunner)

In der Mai-Ausgabe des Rathausreports hatte sich Andreas Lohde verärgert darüber geäußert, dass OB Klaus Pleil und eine Stadtratsmehrheit es wiederholt abgelehnt hatten, das von ihnen auf 160 Millionen Euro veranschlagte Tunnelprojekt zum Bundesverkehrswegeplan anzumelden. Ähnliche Projekte werden Lohde zufolge in Garmisch, Starnberg und Weilheim vom Bund finanziert.

In der aktuellen Juni-Ausgabe des Rathausreports legt Lohde nach, weist den Tunnelgegnern die Verantwortung dafür zu, dass in den nächsten 15 Jahren nichts vorangehen werde bei der B 2 und zitiert aus dem Antwortschreiben des Verkehrsministeriums, das zu dem Schluss gekommen sei, "dass eine Abstufung der B 2 nach den gesetzlichen Bestimmungen nicht möglich" ist. (Im Original heißt es: " . . . gegenwärtig nicht möglich.")

In seinem auf den 4. Mai datierten und an Verkehrsminister Alexander Dobrindt adressierten Brief, der der SZ vorliegt, spricht Raff die angeblichen Wahlversprechen von BBV, SPD und Grünen hinsichtlich einer B-2-Verlegung an. Im Juli 2014 hatte sich der Stadtrat für die formale Verlegung entschieden. Warum OB Klaus Pleil die im Juli 2014 vom Stadtrat beschlossene Strategie bis zu seiner Erkrankung im August 2015 nicht umsetzte, sei "nicht bekannt", so Raff. Seine Kritiker halten Raff diese Formulierung vor. Er wisse sehr wohl, dass ein Teil der Strategie gewesen sei, nicht einen kaum aussichtsreichen Antrag zu stellen, sondern in informellen Gesprächen bei allen betroffenen Stellen für das Anliegen der Stadt zu werben.

Straßennamen FFB

Bei Karin Geißler klingt das anders.

(Foto: Günther Reger)

Erich Raff, der am Montag aus dem Urlaub zurückkehrte, zeigte sich nun überrascht. Den Brief habe er geschrieben, nachdem ihm von SPD und BBV Untätigkeit in Sachen B-2-Verlagerung vorgeworfen worden sei. Er habe "keine Veranlassung gesehen, hier mit Frau Geißler etwas abzusprechen" oder auch mit dem Stadtrat oder der Stadtverwaltung. Heimlich verfasst habe er den Brief deshalb aber nicht. Dieser sei im Rathaus für seine Stellvertreterin zugänglich gewesen. Und Andreas Lohde habe er vor dem Urlaub informiert, weil dieser zuvor kritisch wegen des Stillstands nachgehakt habe.

Die Kritiker werfen Raff zudem vor, er habe sich mit klarer Absicht seinen Parteifreund Dobrindt als Ansprechpartner gewählt. "Da wird um Ablehnung gebettelt", schimpft Halbauer. Raff bestreitet dies. Das Bundesverkehrsministerium sei "letztlich zuständig" für eine Herabstufung der Bundesstraße. Eine Auffassung, der freilich Stefan Meier am Montag widerspricht: Der Chef des Freisinger Bauamts gibt Karin Geißler recht, die im bayerischen Innenministerium den korrekten Ansprechpartner für einen Antrag auf Herabstufung sieht - auch wenn Bayern sich mit dem Bund wohl abstimmen werde, so Meier.

Während Raff dabei bleibt, jenseits des Aufregerthemas B 2 gut mit Karin Geißler zusammenzuarbeiten, ist die Dritte Bürgermeisterin empört. Sie wirft Raff einen Alleingang und eine Bevorzugung der CSU vor. Der "komplett tendenziös geschriebene" angebliche Antrag suggeriere, hier sei bereits eine Entscheidung gefallen - "was definitiv so nicht stimmt".

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