Fürstenfeldbruck:Gelungene Inklusion

Das Landratsamt zieht nach einem Jahr positive Bilanz für das Projekt "Wohnen für Hilfe". Junge Erwachsene unterstützen Senioren im Alltag und wohnen dafür mietfrei bei ihnen

Von Julia BErgmann, Fürstenfeldbruck

Seit einem Jahr gibt es das Projekt "Wohnen für Hilfe" im Landkreis. Jetzt zieht das Landratsamt eine positive Bilanz. Die Vermittlungsstelle konnte neun Wohnpartnerschaften vermitteln. Die Idee hinter dem Projekt: Junge Menschen, die sich noch in der Ausbildung befinden, ziehen bei Senioren ein, die noch ein Zimmer frei haben. Statt Miete für den Wohnraum zu bezahlen, unterstützen die jungen Erwachsenen die Senioren im Alltag. Sie helfen beim Rasenmähen, gehen mit dem Hund Gassi oder erledigen andere Arbeiten im Haushalt. Eine Stunde Hilfe pro Quadratmeter Wohnfläche im Monat - so lautet der Richtwert des Projekts. Im Landratsamt vermittelt Verena Bauer die Wohnpartnerschaften zwischen Jungen, meist Studenten oder Auszubildende, und Senioren.

Die Beteiligten seien meist sehr zufrieden mit ihrer vermittelten Wohnpartnerschaft gewesen, heißt es von Seiten des Landratsamts. "Man ist nicht mehr allein und das gibt einem Sicherheit. Damit das Zusammenleben klappt, bedarf es Sympathie auf beiden Seiten und eine offene Kommunikation", findet etwa eine Seniorin aus Puchheim. Eine Studentin aus der Ukraine meint: "Wohnen für Hilfe ist eine gute Möglichkeit für mich, die deutsche Kultur kennenzulernen und mich auf das Zusammenleben mit der älteren Generation einzulassen." Sie fühle sich unterstützt und mittlerweile sei zwischen ihr und ihrer Gastgeberin eine echte Freundschaft entstanden.

Sicher gibt es hin und wieder auch Probleme, zum Teil werden Erwartungen enttäuscht. Eine Seniorin hatte etwa erwartet, dass die junge Frau, die bei ihr eingezogen war, häufiger Zeit mit ihr verbringt. Auch in solchen Momenten ist Verena Bauer die richtige Ansprechpartnerin. Sie begleitet die Wohnpartnerschaften auch nach der erfolgreichen Vermittlung. Regelmäßig meldet sie sich bei beiden Parteien, um zu fragen, wie das Miteinander läuft.

Bereits im Vorfeld einer Vermittlung beginnt für Verena Bauer die Arbeit. Sie führt erste Gespräche mit Studenten und Senioren, lässt sie Fragebögen ausfüllen und vergleicht Erwartungen und Ansprüche beider Parteien, um einschätzen zu können, ob eine Wohnpartnerschaft sinnvoll wäre oder nicht. Gehen die Erwartungen der Studenten und Senioren zu stark auseinander, ist das Zusammenleben von vornherein zum Scheitern verurteilt. Auch die Wohnräume der Senioren werden vorab besichtigt, um sicherzustellen, dass sie für die Vermittlung geeignet sind."Das zur Verfügung gestellte Zimmer sollte zum Beispiel kein kleiner dunkler Kellerraum ohne Fenster sein", sagt Bauer. Schließlich soll sich auch der Wohnraumsuchende in seiner künftigen Bleibe wohlfühlen können.

Würden die Beteiligten während der ersten vier Wochen des Zusammenlebens feststellen, dass es nicht passt, könnten sie das Projekt beenden. So lange gilt die Probezeit. Außerdem regelt ein sechsseitige Vertrag die Wohnpartnerschaft. Er soll beiden Seiten Sicherheit geben. Festgelegt wird darin nicht nur die Kündigungsfrist, sondern auch welche Art von Hilfe man von dem neuen Mitbewohner erwarte und wie viele Stunden pro Woche er helfen soll. Es wird aber auch festgehalten, welche Art von Hilfe auf keinen Fall geleistet werden kann. Die Studenten oder Azubis, die sich auf das Projekt einlassen, können etwa grundsätzlich keine klassischen Pflegearbeiten übernehmen, erklärt Bauer. Auch aus Erfahrungen von Vermittlungsstellen in anderen Städten weiß sie, dass es durchaus vorkommt, dass Senioren derlei Erwartungen hegen. "Dafür ist das Projekt nicht gemacht", sagt Bauer. Glücklicherweise geht es für viele der älteren Menschen, die sich für das Projekt entscheiden, aber hauptsächlich um etwas anderes. "Das Gefühl, dass noch jemand im Haus ist, ist oft wichtiger als klassische Hilfeleistung", sagt sie.

Vermittlungsstelle "Wohnen für Hilfe", Landratsamt Fürstenfeldbruck, telefonisch erreichbar unter 08141/5195632, E-Mail-Adresse: wohnen-fuer-hilfe@lra-ffb.de

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