Fürstenfeldbruck:Fragile Personen

Die Glasmenagerie; Glasmenagerie, Deutsches Theater Berlin

Amanda (links, Anja Schneider) mit ihrer Tochter Laura (Linn Reusse) in Tennessee Williams "Glasmenagerie".

(Foto: Arno Declair)

Deutsches Theater Berlin gastiert mit Glasmenagerie

Von Katharina Proksch, Fürstenfeldbruck

Man ist, wer man ist. Wenn das so einfach wäre, schließlich verkörpert ein jeder verschiedene Rollen, freiwillig und gezwungenermaßen und wäre doch gerne jemand ganz anderer. Stephan Kimmig vom Deutschen Theater Berlin inszeniert fragile Persönlichkeiten im Kammerstück "Die Glasmenagerie" von Tennessee Williams, das am Freitag, 1. Dezember, von 20 Uhr an im Stadtsaal des Veranstaltungsforums zu sehen ist.

In Tennessee Williams Stück "Die Glasmenagerie" träumt jede Figur von einer anderen Version seiner selbst. Die Wingfields wollten in Wohlstand leben, doch daraus wurde nichts, als der Vater Amanda mit den beiden Kindern Tom und Laura alleinließ. Gezwungenermaßen übernimmt Tom die Vaterrolle und ernährt die Familie mit einem Fabrikjob. Nachts tränkt er sich in Alkohol, flüchtet in die Filmwelt und träumt von einer Karriere als Schriftsteller. Doch die Mutter erwartet sein Engagement für die Familie, während sie selber in Jugendanekdoten schwelgt und ihre Kinder mit übertriebener Mutterliebe versorgt. Laura versteckt sich hinter ihren Brillengläsern und der Nähmaschine. Zuflucht findet sie in ihrer Glasmenagerie, einer Sammlung kleiner Glastierchen. Mitunter tanzt sie durch die Wohnung. An den Mann soll sie kommen, findet ihre Mutter und Tom bringt seinen Kollegen Jim mit. Als sie ihren heimlichen Schwarm in ihm wieder erkennt, gibt ihr das neue Lebenskraft. Doch in der Realität kann so viel schief gehen. Ist es dabei nicht stark, an seinen Träumen festzuhalten?

Wie in einer Menagerie, einem Tiergehege, sind die Personen eingepfercht und versuchen auszubrechen, was das Bühnenbild verdeutlicht. "Wir haben einen Raum gesucht, der die prekäre Situation der Familie Wingfield abbilden kann. Ausgangsmaterial dafür war eine asiatische Textilfabrik, wo die Arbeiter schlafen, leben und arbeiten", so Kimmig.

Viel Platz bleibt aber für Streit, Reibereien und imaginierte Welten und Räume, die Kimmig auf verschiedenste Weise öffnet. Zum einen ließ er den Schauspielern Improvisationsfreiheit. Sie seien gezwungen, Grenzen zu überschreiten, die ihnen unbekannte Räume hinter der eigenen Routine öffnen. "Das sind Räume, wo auch der Zuschauer fantasieren kann." Als weiteres Hilfsmittel griff Kimmig in seine persönliche Musiksammlung. Unter anderem Donna Summer, The Knife oder Franckie Goes to Hollywood öffnen im Stück "Gedanken- und Gefühlswelten, die die Welt auf der Bühne komplexer und ambivalenter" erscheinen lässt.

Die Wingfields haben Wünsche an sich selbst und Vorstellungen von den anderen. Gerecht wird diesen keiner und dem nächsten schon gleich gar nicht. "Man muss seine Identität, seine Identitäten finden. Das ist ein schwerer Weg. Den begehen die Figuren in diesem Stück. Sie suchen, wer sie alles sein können", sagt Kimmig über seine Inszenierung.

Die Glasmenagerie, Freitag, 1. Dezember, von 20 Uhr an im Veranstaltungsforum Fürstenfeld. Ab 19 Uhr gibt es ein Gespräch mit dem Chefdramaturgen Ulrich Beck.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: