Fürstenfeldbruck:Fragen aus der Welt der Flüchtlinge

An der Berufsschule haben Asylbewerber ein Quiz erfunden, das Allgemeinwissen für Deutsche abfragt. Dafür werden sie beim Prämienprogramm des Landkreises ebenso mit einem ersten Platz belohnt wie eine Schulsanitäteraktion des Graf-Rasso-Gymnasiums

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Was bedeutet das Wort Taliban? Vier Antwortmöglichkeiten stehen zur Auswahl: Opfer, Schüler, Kämpfer, Lehrer. Die Mehrheit in der Aula des Graf-Rasso-Gymnasiums in Fürstenfeldbruck meldet sich beim Begriff Kämpfer. Falsch geraten. Taliban bedeutet Schüler. Die nächsten Fragen: Welches der vier Länder Senegal, Afghanistan, Syrien und Somalia ist am weitesten von Deutschland entfernt? Was hat Syriens Machthaber Assad studiert? Welches Regierungssystem hat Deutschland? In welche Richtung schaut der Bundesadler? Die Fragen gehören zu einem Quiz, das Flüchtlinge, die an der Berufsschule Fürstenfeldbruck unterrichtet werden, für das Projekt "Gegen Extremismus - für Wertschätzung und Toleranz" entwickelt haben und das beim diesjährigen Prämienprogramm für die landkreiseigenen Schulen mit einem von zwei ersten Plätzen ausgezeichnet wurde.

Den Gästen bei der Preisverleihung bereitet das Mitraten sichtlich Vergnügen. Mustafa Abdo aus Syrien und Fardos Sayed aus Afghanistan stellen die Fragen, die über den Beamer auch an der Wand aufleuchten. Die beiden jungen Asylbewerber sprechen beeindruckend gut und verständlich Deutsch, obwohl sie gerade mal zwei Jahre im Land sind und seit etwas mehr als einem Jahr Unterricht erhalten. Und sie sorgen für eine Prise Entertainment, als sie bei der Frage, wer im Jahr 2014 den Friedensnobelpreis bekommen habe (die Kinderrechtsaktivistin Malala Yousafzai aus Pakistan), ihre eigenen Namen als Antwortkategorien einbauen.

Abdo und Sayed sind zwei von 60 Flüchtlingen, die an der Berufsschule in drei Klassen in Deutsch, Mathe, EDV sowie Berufs- und Lebenskunde unterrichtet werden. Doch der Bedarf ist weitaus größer. Berufsschulleiterin Andrea Reuß appellierte deshalb an die "Solidarität der Schulen, wenn es um die Beschulung weiterer Flüchtlinge geht". Deren Integration beginne bei der Sprache und werde durch Kontakte zu einheimischen Schülern gefördert.

Das Quiz, das die Flüchtlinge im EDV-Unterricht erstellten, gehört zu den Projekten, die insgesamt 13 Schulen aus dem Landkreis beim mit 10 000 Euro dotierten Prämienprogramm einreichten. Eine Jury wählte die Sieger aus. Die Berufsschule erhält 1500 Euro daraus, ebenso das Graf-Rasso-Gymnasium, das ebenfalls mit einem ersten Preis bedacht wurde. Dort hatten die Schüler einen Schulsanitätsdienst-Tag organisiert, zu dem Schüler aus zehn Schulen sowie fast 50 Vertreter verschiedener Rettungsdienste gekommen waren. An zwölf Stationen wurden verschiedene Rettungsdienstszenarien nachgestellt: vom Hitzschlag über den Treppensturz bis zur Massenpanik. Wie sehr Schulsanitäter die Lehrer bis zum Eintreffen von Rettungskräften entlasten können, betonte Lehrerin Elke Schussmann, die selbst bei den Maltesern tätig ist: "Das ist eine erhebliche Arbeitserleichterung." Meist sei so eine perfekte Übergabe an die Rettungsdienste möglich.

Für Platz zwei ehrte Landratsstellvertreterin Martina Drechsler (CSU) das Carl-Spitzweg-Gymnasium Germering ("Nachhaltige Schule: Schule ohne Rassismus, Fairtrade-Schule"), den dritten Platz teilten sich gleich fünf Teilnehmer: die Eugen-Papst-Schule Germering ("Gib acht, sei fair", ein Projekt zur Schulung des Sozialverhaltens), die Pestalozzi-Schule Fürstenfeldbruck ("Land-Art-Projekt", bei dem die Schüler Kunstwerke aus Naturmaterialien formen), die Orlando-di-Lasso-Realschule Maisach (Achtklässler klären Mitschüler über die Erdbebenkatastrophe in Nepal auf und organisieren eine Spendenaktion), das Viscardi-Gymnasium Fürstenfeldbruck (Ausstellung zu den fünf Weltreligionen) und das Gymnasium Gröbenzell ("Auf dem Weg zur Wohlfühlschule - Schüler fördern Gemeinschaft" mit zwei Moderatoren, die die Kommunikation zwischen Lehrern und Schülern verbessern helfen). Platz vier ging an das Gymnasium Olching mit dem Planspiel "Schule als Staat", den fünften Platz teilten sich Gymnasium und Realschule Puchheim mit den Projekten "Die DDR-Strukturen und Aspekte einer Diktatur" und "Wir wollen Fairtrade-Schule werden". Auf Platz sechs landeten das Max-Born-Gymnasium Germering mit einem Projekt zur Alkoholprävention sowie die Fach- und Berufsoberschule (FOS/BOS) Fürstenfeldbruck mit einem Projekt, das sich der Werbung und Medienkompetenz widmete.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: