Kontrollen in der Kritik:Flüchtlinge protestieren gegen Wachleute

Ein Asylbewerber wirft dem Sicherheitspersonal der Erstaufnahme am Fliegerhorst vor, ihn geschlagen und getreten zu haben. Die Polizei bezweifelt das. Die Regierung wartet das Ergebnis der Ermittlungen ab

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Am Mittwoch haben Flüchtlinge gegen die Sicherheitskräfte in der Erstaufnahmeeinrichtung auf dem Fliegerhorst von Fürstenfeldbruck protestiert. Den Wächtern warfen sie vor, einen Asylbewerber während einer Eingangskontrolle zu Boden geschubst und getreten zu haben. Die Regierung von Oberbayern bestätigte, dass es eine Auseinandersetzung gab und verwies auf die Ermittlungen der Polizei, die noch nicht abgeschlossen sind. Die Polizei wiederum hat hingegen "erhebliche Zweifel" an den Vorwürfen.

Etwa 40 Personen versammelten sich gegen Mittag mit Transparenten und einem Megafon zu einer Kundgebung vor dem Eingang des Lagers, zu der die Gruppe Refugee Struggle for Freedom (Flüchtlingskampf für Freiheit) aus München unter dem Motto "No Border, no Nation" (Keine Grenze, keine Nation) aufgerufen hatte. Die Gruppe hat 2014 den Hungerstreik von Flüchtlingen in München sowie einen Protestmarsch nach Berlin organisiert. Anlass für die Aktion in Bruck sei "das diskriminierende, inakzeptable Verhalten der Sicherheitskräfte der Aufnahmeeinrichtung gegenüber den Bewohnerinnen und Bewohnern", teilte die Gruppe mit.

Demo

Die Gruppe Refugee Struggle for Freedom protestiert gegen die Behandlung durch Sicherheitskräfte in der Erstaufnahmeeinrichtung auf dem Fliegerhorst.

(Foto: Günther Reger)

Die Flüchtlinge müssen beim Betreten des Geländes einen Ausweis vorzeigen und ihre Taschen werden untersucht. Am Mittwoch, 1. Februar, seien nach Angaben der Gruppe zusätzlich und ohne Angabe von Gründen Ganzkörperkontrollen durchgeführt worden. Als sich ein Bewohner am Abend verbal widersetzte, seien Sicherheitskräfte handgreiflich geworden. Der Betroffene schilderte die Situation etwas anders. Er habe seine Tasche auf den Boden gestellt und geöffnet, als ein Sicherheitsmann sie mit dem Fuß wegkickte, berichtete Mohammed Silla der SZ. Als er sich deshalb beschwerte, sei er geschlagen und getreten worden. Der 26-Jährige stammt aus Sierra Leone und ist seit drei Monaten im Fliegerhorst untergebracht. Bei dem Vorfall seien elf Sicherheitsleute zugegen gewesen sowie ein Landsmann von Silla, der dessen Angaben bestätigte.

"So, wie von dem Betroffenen geschildert, hat es sich nicht abgespielt", erklärte Michael Fischer, stellvertretender Leiter der Brucker Polizeiinspektion. Details wollte er nicht preisgeben, weil die Ermittlungen noch laufen und noch nicht alle Beteiligten vernommen wurden. Die Brucker Polizei war an dem Abend alarmiert worden und ließ Silla ins Krankenhaus bringen, weil dieser über Schmerzen klagte. "Das ist in einem solchen Fall das Standardverfahren. Es gab aber keine gravierenden gesundheitlichen Probleme", sagte Fischer. Silla berichtete, er habe die Nacht in der Klinik verbracht und hatte Schmerzen auf der rechten Körperseite aufgrund der Tritte.

Demo

Gleiche Behandlung für alle sowie eine Abschaffung von Lagern und Kontrollen fordern die Flüchtlinge vor dem Eingang der Erstaufnahme.

(Foto: Günther Reger)

Narges Nasimi von Refugee Struggle for Freedom kritisierte die Durchsuchung von Taschen und die Ausweiskontrolle grundsätzlich. "Das ist nicht akzeptabel, das ist doch kein Gefängnis", sagte sie der SZ. Die Regierung von Oberbayern teilte mit, dass im Regelfall größere Taschen und Rucksäcke kontrolliert würden, um Drogen, Alkohol und Waffen fern zu halten. Lediglich bei konkreten Anhaltspunkten auf unzulässige Gegenstände würden die Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes die Oberbekleidung von Bewohnern durchsuchen, insbesondere die Taschen von Jacken oder Mänteln. Ganzkörperkontrollen, bei denen die Personen am Körper abgetastet werden, würden nicht stattfinden.

Bei dem Vorfall am Mittwoch habe der Sicherheitsdienst den größeren Rucksack eines Bewohners durchsuchen wollen, erklärte eine Sprecherin der Regierung. Dieser habe sich geweigert und wurde nicht eingelassen, wogegen er lautstark protestierte. Andere Bewohner, die wegen des Streites auf Einlass warten mussten, seien deshalb auch lauter geworden. "Inwieweit der Bewohner in dieser aufgebrachten Situation einen Stoß erhielt und durch wen, ist Gegenstand der polizeilichen Ermittlungen", sagte die Sprecherin.

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