Fürstenfeldbruck:Erinnerung ans Olympia-Attentat

Symposium

Gespräch über einen Gedenkort: Unter den Teilnehmern waren neben Landrat Thomas Karmasin auch Kunstminister Ludwig Spaenle.

(Foto: Günther Reger)

Wissenschaftler und Politiker diskutieren bei einem Symposium über einen Gedenkort auf dem Fliegerhorst. Er soll Möglichkeiten zum Lernen und zur Begegnung bieten

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Die künftige Erinnerungsstätte für die Opfer des Olympia-Attentats von 1972 auf dem Brucker Fliegerhorst soll nicht nur ein Ort des Gedenkens, sondern auch der Begegnung und des Lernens werden. Darüber waren sich die Redner beim Symposium des Landratsamtes am Freitag einig. Im kommenden Jahr soll ein Grobkonzept vorliegen. Die Historikerin Angelika Schuster-Fox, die das Projekt für die Kreisbehörde betreut, stellte klar, dass der Landkreis eine solche Einrichtung nicht finanzieren kann. Dafür versprach der bayerische Kultusminister, die Mittel bereit zu stellen. "Ich werde den nötigen politischen Druck entfalten, um dieses Projekt zu verwirklichen", sagte Ludwig Spaenle (CSU).

Das Symposium, auf dem Historiker, Museumspädagogen und Vertreter der Dokumentation Obersalzberg und der Gedenkstätte Flossenbürg sprachen, fand im Offiziersheim des Fliegerhorstes statt. Landrat Thomas Karmasin (CSU) begrüßte unter den Zuhörern besonders Angehörige des 1972 in Fursty erschossenen Polizisten Anton Fliegerbauer. "Erinnerungsarbeit erfordert Mühe und Kraft", sagte Karmasin. Das Projekt habe Zeit zu reifen, auch wenn viele Faktoren noch unbekannt seien.

Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, sagte, die Bedeutung einer Erinnerungsstätte wachse mit dem zeitlichen Abstand. Sie bestehe darin, "den jungen Menschen zu erklären, was das Vergangene mit dem Heutigen zu tun hat". Gemeinsames Gedenken sei für eine gemeinsame Zukunft wichtig. Auf dem Fliegerhorst stünde genügend Raum zur Verfügung, dabei sei der Dreh- und Angelpunkt die Kontextualisierung der Ereignisse. Knobloch zog eine Linie von dem Attentat damals zu den islamistischen Terrorangriffen auf New York und auf Charlie Hebdo. Der israelische Generalkonsul für Süddeutschland, Dan Shaham, wünscht sich einen Ort der Begegnung und des Nachdenkens, des Lernens und Lehrens als Beitrag zur Gestaltung der Zukunft.

Einen weiten Rahmen steckte der Historiker Ferdinand Kramer ab, Professor für bayerische Geschichte an der Münchner Universität. Das Rollfeld auf dem Fliegerhorst sei zunächst ein Ort des Todes, an dem der Opfer, der neun israelischen Sportler und des deutschen Polizisten, gedacht und das Leid ihrer Angehörigen anerkannt würde. Es sei zugleich ein globaler Ort, weil das Attentat von 1972 weltweit in Erinnerung sei, vermittelt auch durch Spielfilme, etwa von Steven Spielberg. In einer solchen Einrichtung könne man über Akteure und Opfer, den Wandel des Sports, die Bedeutung dieser Olympischen Spiele für die Bundesrepublik sowie den Nahostkonflikt und seine Ursachen reflektieren. "Ganz schwierig" sei die Auseinandersetzung mit den Tätern, die in arabischen Ländern als Helden gefeiert wurden. Kramer sprach auch unaufgeklärte und heikle Aspekte an. So hatten Geheimdienste Hinweise auf den Terroranschlag, die die deutschen Sicherheitsbehörden ignorierten. Die deutsch-israelischen Beziehung wurden nachhaltig belastet, zumal die Bundesregierung die drei überlebenden Terroristen nur Wochen später freiließ, nachdem eine Lufthansa-Maschine entführt worden war.

Sonja-Maria Herzl-Förster und Marie-Luise Kreillinger von der Dokumentationsstelle des Obersalzbergs berichteten von dem breiten museumspädagogischen Angebot dieser Einrichtung. Nur dadurch und in dem man ein breites Spektrum an Menschen und Institutionen anspreche, könne ein solcher Erinnerungsort lebendig gehalten werden, ein historischer Ort für sich allein genüge nicht, sagte Herzl-Förster. Wie Museumspädagogen wissenschaftliche Erkenntnisse an das Publikum vermitteln, erläuterte ihre Kollegin Kreillinger. Sie riet insbesondere, eine Kooperation mit den Schulen im Landkreis einzugehen.

Schuster-Fox referierte die Positionen des Forums, das der Kreistag eingerichtet hat. Demnach soll der Erinnerungsort eine Gedenkstätte sein, dazu sollen ein Ausstellungsraum mit einer Dokumentation sowie ein Unterrichts- und Seminarraum als Lernort entstehen. Mit der Stadt Fürstenfeldbruck und der Gemeinde Maisach sowie dem BMW-Konzern, der nebenan Sicherheitstrainings abhält, und der Immobiliengesellschaft des Bundes als Eigentümerin muss verhandelt werden, damit Veränderungen im Umfeld den Erinnerungsort nicht beeinträchtigen.

Völlig offen sei, wer die Trägerschaft für eine solche Einrichtung übernehme. "Klar ist nur, dass der Landkreis alleine es nicht sein kann", betonte Schuster-Fox. Verändert habe sich der Zeithorizont, weil die Bundeswehr Tower und Rollfeld, den Tatort von damals, schon Ende des Jahres freigeben werde. Darum werde man bereits 2016 ein Grobkonzept vorlegen.

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