Fürstenfeldbruck:Erfolgreicher Autoverkäufer unter Betrugsverdacht

Lesezeit: 2 min

49-Jähriger soll selbst zahlungsunfähigen Kunden Darlehen vermittelt haben, um Provisionen zu kassieren

Von Andreas Salch, Fürstenfeldbruck

Der Angeklagte ist Verkäufer. Seit fast 30 Jahren verkauft er Autos, angeblich mit sehr großem Erfolg. Als er noch für den VW-Konzern arbeitete, war Markus K., wie er sagt, "jedes Jahr unter den Top-3-Verkäufern in Deutschland." Für einen Autohändler aus dem Landkreis, bei dem er einmal angestellt war, habe er im Jahr bis zu 250 gebrauchte Autos binnen zwölf Monaten verkauft. Doch dabei soll es nicht immer mit rechten Dingen zugegangen sein. Seit Dienstag muss sich der 49-Jährige vor der 4. Strafkammer dem Landgericht München II verantworten. Die Staatsanwaltschaft hat Anklage wegen Betrugs erhoben.

Im Zeitraum zwischen März 2008 und Mai 2009 soll Markus K. als Verkäufer in insgesamt elf Fällen falsche Angaben bei der VW-Bank hinsichtlich Bonität seiner Kunden gemacht haben. Auf diese Weise sollen selbst Bezieher mit sehr niedrigen Gehältern in den Genuss eines Darlehens der VW-Bank zur Finanzierung eines Gebrauchtwagens gekommen sein. Es waren beileibe keine Kleinwagen, sondern Modelle der Marken Audi A 4, Audi A 6 und Audi A 8. Markus K. soll dabei kräftig mitverdient haben.

Laut Anklage erhielt er für den Verkauf eines Wagens eine Bruttoertragsprovision in unterschiedlicher Höhe. Zudem soll er für die Vermittlung eines Darlehens der VW-Bank zur Fahrzeugfinanzierung eine Provision in Höhe von dreißig Prozent des jeweiligen Vertrages erhalten haben.

Unter den Darlehensnehmern befanden sich den Ermittlungen zufolge sogar Personen, die von Sozialleistungen lebten. Um an ein Darlehen der VW-Bank zu kommen, habe Markus K. manche Kunden sogar dabei beraten, welche falsche Angaben sie gegenüber der VW-Bank machen sollten. Folge: Ein Teil der Käufer leistete später keinerlei Zahlungen auf das ausgereichte Darlehen. Die Betreffenden tauchten, nachdem sie ihr Auto entgegengenommen hatten, unter. Die Pkw dieser Kunden wurden, wie sich herausstellte, meist nach Osteuropa verschoben. Einen Teil der Fahrzeuge hatte die VW-Bank nach Kündigung der Darlehen wieder zurückerhalten.

Ursprünglich war die Staatsanwaltschaft von 23 Fällen des Betrugs ausgegangen. Die Summe der von Markus K. vermittelten Darlehen wurde mit rund 690 000 Euro beziffert. Um das Verfahren zu "entschlacken", sei ein Teil der Anklage eingestellt worden, sagte die Vorsitzende Richterin Regina Holstein. Somit geht es nurmehr um elf Fälle des Betrugs. Außerdem, so die Vorsitzende, sei es in machen der angeklagten Fälle schwierig, einen Tatnachweis zu führen. Bei einem Geständnis stellte die Kammer Markus K. im Vorfeld des Prozesses eine Verurteilung zu einer Bewährungsstrafe in Aussicht. Anderenfalls müsse er mit einer Freiheitsstrafe rechnen. Denn immerhin sei er ein "wichtiges Glied in der Darlehensgewährung" gewesen. Auf das Angebot ging Markus K. nicht ein.

Bei seiner Vernehmung bestritt der 49-Jährige, dass er bei der Vermittlung von Darlehen eine so herausragende Position eingenommen habe, wie man ihm vorwirft. Er habe keine Provision von dem Autohaus im Landkreis, bei dem er angestellt war, bekommen. Die Provisionen der VW-Bank habe vielmehr das Autohaus selbst erhalten. Ihm seien lediglich Urkunden dafür verliehen worden, dass er ein so erfolgreicher Verkäufer war. Dass die VW-Bank sogar Personen, die einen Schufa-Eintrag haben - Markus K. sprach in diesem Zusammenhang von "Schufa-Toten" - habe auch ihn sehr gewundert. Dem Gericht steht somit nun eine umfangreiche Beweisaufnahme bevor. Markus K. machte den Eindruck, als ob er dieser gelassen entgegen sieht. Als er auf der Anklagebank Platz nahm, hielt er unter seinem Arm eine Mappe. Auf ihr stand in großen Buchstaben: "Gute Fahrt".

© SZ vom 13.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: