Imkerei im Landkreis Fürstenfeldbruck:Eine Frage des Überlebens

Bienen

Ausbildungsreferent Walter Dürl am Pucher Lehrbienenstand mit einer Wabe.

(Foto: Günther Reger)

Eine ausgeräumte Agrarlandschaft, der Einsatz von Pestiziden und die Verbreitung von Parasiten wie der Varroamilbe bedrohen die Honigbiene. Dabei hat diese bei der Pflanzenbestäubung so etwas wie ein Monopol. Ohne sie würde es auch für den Menschen eng werden

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Im Grünen Zentrum in Puch stehen Nutztiere wie Rinder oder Schweine auf dem Lehrplan der angehenden Landwirte. Nun rückt ein anderes, nicht minder wichtiges Nutztier zunehmend in den Blickpunkt: die Honigbiene. Gleich hinter der Landwirtschaftsschule hat der Brucker Imkereiverein einen Lehrbienenstand mit sechs Bienenstöcken errichtet und um ihn herum Brombeer- und Haselnusssträucher, Stockweiden, Schlehe und Rotdorn gepflanzt. Verdeutlicht wird dort, wie wichtig die Rolle der Insekten ist: Bienen tragen in erheblichem Maße zum Erhalt von Wild- und Kulturpflanzen bei. In den gemäßigten Breiten sind Honigbienen die wichtigsten Bestäuber von Blütenpflanzen. Etwa 80 Prozent aller Pflanzenarten sind auf eine Fremdbestäubung angewiesen, davon können wiederum etwa 80 Prozent potenziell durch Honigbienen bestäubt werden. Gäbe es keine Bienen, dann würde es auch für andere Nutztiere und für den Menschen eng.

Walter Dürl, Vorsitzender des Imkervereins und Fachwart sowie Ausbildungsreferent des Bayerischen Bienenzüchterverbandes, engagiert sich für die Ausbildung in Theorie und Praxis, bietet Führungen etwa für Schulklassen an und versucht, die Öffentlichkeit zu sensibilisieren für die Belange der Bienen. Für die nämlich wird es zunehmend schwerer. Ihr Bestand hängt ab von Ernährung, Gesundheit und Wetter. Dass die Bestände in den letzten fünf Jahren zurückgegangen sind, ist nach Einschätzung von Christian Engelschall, Gesundheitswart der Brucker Imker, zum einen auf den Klimawandel zurückzuführen. Leichter beeinflussbar wäre der Bereich der Ernährung. Auch im Landkreis wird in Monokulturen viel Mais als Energiepflanze angebaut sowie Raps. Auch der Einsatz von Pflanzenschutzmittel bedroht die Bienenbestände. Den Landwirten möchte Engelschall keinen Vorwurf machen. In der Pflicht sieht er vielmehr die Politik, die die Rahmenbedingungen für eine möglichst vielfältige Natur schaffen müsste und keine Anreize für Monokulturen setzten sollte. "Die Landwirtschaft sägt da am eigenen Ast", sagt Dürl mit Blick auf die Bedeutung der Bienen für die Bestäubung. Der 59-jährige Brandinspektor der Münchner Berufsfeuerwehr, der in Türkenfeld selbst zwölf Bienenvölker besitzt, weist auf Alternativen zur Energiepflanze Mais wie die kaum weniger ertragreiche Virginiamalve hin. Zudem mahnt er Maisbegrünungen und Blühstreifen an den Feld- und Straßenrändern an und rät Hobbygärtnern, auf Chemie möglichst ganz zu verzichten. Zu schaffen macht den Bienen auch die in den Siebzigerjahren aus China eingeschleppte Varroa-Milbe. Mussten früher von Krankheiten wie der meldepflichtigen Faulbrut befallene Bienenvölker häufig getötet und die Bienenstöcke verbrannt werden, um die weitere Ausbreitung zu verhindern, so gibt es mittlerweile eine Alternative. Dürl hat ein Bienengesundheitsmobil aufgebaut. Ein mit allen notwendigen Utensilien für Sanierung und Desinfektion von Bienenständen ausgestatteter Anhänger steht immer einsatzbereit hinter seinem Haus in Türkenfeld. Beim diesjährigen Brucker Neujahrsempfang wurde Dürl für sein im süddeutschen Raum einzigartiges Angebot geehrt. Im Herbst half Dürl mit dem Mobil sogar in Tirol aus - dort grassierte die Faulbrut. Vier Tage half Walter Dürl beim Entseuchen und beim Auswaschen der Behälter.

Etwa 300 Imker gibt es im Landkreis Fürstenfeldbruck, 138 von ihnen sind im Brucker Imkereiverein organisiert und besitzen 950 Bienenvölker. Bis auf Christian Engelschall aus Aich (Bericht siehe unten) sind alles Hobby- beziehungsweise Nebenerwerbsimker. Denn der Honigpreis ist durch die starken Importe beispielsweise aus Südamerika nach Überzeugung vieler Experten eigentlich deutlich zu niedrig. 2013 sind in Deutschland etwa 20 000 Tonnen Honig produziert worden, 95 000 Tonnen wurden eingeführt. Vor allem die Importe aus Nicht-EU-Ländern betrachtet Walter Dürl skeptisch. Denn nicht überall wird gründlich kontrolliert, das Risiko von Inhaltsstoffen wie Antibiotika steige dadurch.

Mit einem anderen "Restrisiko" kann Dürl gut umgehen, auch wenn es ihn vor etwa zehn Jahren einmal ordentlich erwischte: 140 Mal wurde er gestochen, nachdem er einen sanierungsbedürftigen Bienenstock die Treppe heruntergetragen hatte und dabei der Holzboden durchgebrochen war. "Da steht man dann buchstäblich im Hagel." Aggressiv sind Bienen aber kaum. Wer hektische Bewegungen meidet, hat kaum etwas zu befürchten. Zudem lassen sich die Bienen durch Rauch gut beruhigen. Sicherheitshalber tragen Imker beim Hantieren mit Bienenstöcken zudem Schutzanzüge und Schleierhüte.

Organisiert und aufopferungsvoll

Im Gegensatz zur Wildbiene lebt die Honigbiene in einem sozialen Gefüge, beispielsweise im Bienenstock oder einem hohlen Baum. Sie kommuniziert mit ihren Artgenossen, übermittelt beispielsweise durch den Schwänzeltanz den Weg zu einer Futterquelle. Es gibt Wächter, Brutpfleger, Arbeiterinnen, Drohnen und die eierlegende Königin. Bienen ernähren sich rein vegetarisch. Ihre wichtigste Nahrungsquelle sind süße Pflanzensäfte - insbesondere Nektar. Für die Eiweißversorgung sind sie auf Pollen angewiesen. Für Notzeiten legen sie Futtervorräte an. Mit den jährlich in Deutschland produzierten etwa 25 000 Tonnen Honig können 20 Prozent des heimischen Bedarfs gedeckt werden. Der Giftstachel der Biene ist ein Wehrstachel. Er hat sich im Laufe der Entwicklungsgeschichte aus einem Eilege-Apparat gebildet. Folglich haben stets nur die Weibchen, also Königinnen und Arbeiterinnen, einen Stachel. Dieser ist mit Widerhaken ausgestattet und bleibt beim Stich in der elastischen Haut des Menschen stecken. Für die Biene bedeutet das den Tod. slg

Wer einen herrenlosen Bienenschwarm beobachtet, so wie jüngst am Rande des Brucker Marktsonntags geschehen, kann unter www.bruckerimker.de ("Schwarmhilfe") die Telefonnummer eines in der Nähe wohnenden Imkers nachschlagen. Zudem gibt es auf der Homepage weitere Informationen über das Kursangebot.

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