Fürstenfeldbruck:Premiere im Stadtrat

Erstmals stimmt mit Walter Schwarz ein Finanzreferent gegen den Haushalt der Kreisstadt. Der SPD-Kommunalpolitiker wirft Oberbürgermeister Klaus Pleil Eigenmächtigkeit vor

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Die Kreisstadt hat seit Dienstag ihren ersten doppischen Haushalt. Dieser soll künftig eine realistischere Darstellung ermöglichen, weil er beispielsweise Wert sowie Wertverlust von Gebäuden berücksichtigt. Die Freude über diesen wiederholt als "historisch" bezeichneten Schritt wurde freilich getrübt durch heftige Angriffe von Walter Schwarz (SPD) auf Oberbürgermeister Klaus Pleil (BBV) wegen einer als eigenmächtig empfundenen Amtsführung. In der Historie des Stadtrats ist es das erste Mal, dass ein Finanzreferent, der bei der Erarbeitung des Haushalts eng mit der Kämmerei zusammengearbeitet hat, gegen die finale Haushaltssatzung stimmt. Ulrich Schmetz (SPD) schloss sich der Meinung seines Fraktionsvorsitzenden an und stimmte ebenfalls gegen den Entwurf.

Bruck: Konstituierende Stadtratssitzung / Stadtrat / RATHAUS

Oberbürgermeister Klaus Pleil.

(Foto: Johannes Simon)

Deutliche Kritik kam zwar auch von Seiten der CSU, der FDP, der ÖDP und der Freien Wähler - vor allem wegen der Schaffung von 26 neuen Stellen in Bereichen wie Stadtplanung oder Kinderbetreuung und der damit einhergehenden Personalkostensteigerung, die Schwarz auf jährlich bis zu 700 000 Euro beziffert hatte. Letztlich stimmten aber auch sie dem Haushalt zu, der in diesem Jahr an fünf abendfüllenden Sitzungen vorbereitet worden war.

Zu schultern hatten die sehr aufwendige Umstellung von der Kameralistik hin zur Doppik vor allem Kämmerin Susanne Moroff und ihre Mitarbeiterin Kerstin Heldeisen. Vertreter aller Fraktionen dankten den beiden Finanzexpertinnen für ihre monatelangen Vorbereitungen. Moroff blickte durchaus mit gemischten Gefühlen vor allem auf das ebenfalls beschlossene mittelfristige Investitionsprogramm, das einen Ausblick bis einschließlich 2018 gibt. Durch Umschichtungen, Verschiebungen und deutliche Streichungen war es der Stadt in den vergangenen Wochen gelungen, die Auflagen der Kommunalaufsicht am Landratsamt zu erfüllen und den Haushalt genehmigungsfähig zu machen. Fürstenfeldbruck hat aber in den nächsten Jahren viele große Baumaßnahmen zu bewältigen wie etwa Viehmarktplatz, das Sportzentrum im Westen, Bau oder Umbau von Schulen sowie der Bau von Häusern mit günstigen Mietwohnungen im Brucker Westen. Bald wird hinter dem Horizont zudem ein gigantisches Projekt auftauchen: der Fliegerhorst, der nach dem für 2019 geplanten Abzug der Bundeswehr völlig neu überplant werden muss. Dort sollen 4000 bis 5000 zusätzliche Einwohner und Betriebe mit insgesamt 1500 bis 4000 zusätzlichen Arbeitsplätzen untergebracht werden. Moroff hofft, dass sich die Prognosen der Bundesregierung erfüllen, die Konjunktur bis zu eben jenem Jahr 2019 robust bleibt und die Steuereinnahmen entsprechend sprudeln. Das wäre wichtig, weil Bruck von 2015 bis 2018 etwa 44 Millionen Euro investieren wird und in diesem Zeitraum bereits mit einer Nettoneuverschuldung von fast sieben Millionen Euro kalkuliert. Pleil, für den es der erste Haushalt als Oberbürgermeister war, will deshalb künftig auch über neue Finanzierungsmöglichkeiten nachdenken und nannte Stiftungen oder Bürgerkredite als denkbare Wege.

Bruck: SZ-FORUM / BE Bebauung Viehmarktplatz

Finanzreferent Walter Schwarz.

(Foto: Johannes Simon)

Walter Schwarz muss er hierfür aber noch als Weggefährten gewinnen. Der SPD-Fraktionsvorsitzende brachte zwar seine Freude über sprudelnde Steuern und Schlüsselzuweisungen zum Ausdruck. Gleichwohl findet er, dass der Oberbürgermeister das Geld auch mit vollen Händen wieder ausgegeben habe, also nicht gerade geglänzt habe beim Sparen. Als Beispiele für "OB-Wunschprojekte" nannte Schwarz den geplanten Rathausanbau, die Bebauung des Viehmarktplatzes und die Turnhalle für das Sportzentrum III im Westen. Zudem kreidet er es dem OB an, dass Finanzmittel, die für die Schule Nord eingestellt sind, nicht, wie ihm vorgeschlagen, zugunsten des Ausbaus der Grundschule West zur dreizügigen gebundenen Ganztagsschule umgeschichtet worden sind. Mit Blick auf das geplante Sportzentrum III sagte Schwarz, es mache ihn "fassungslos", dass erneut die zuständigen Fachausschüsse übergangen worden seien. Schwarz kritisierte die Amtsführung des OB, die er teils "nicht als seriös empfunden" habe.

Finanzielle Eckdaten für 2015

Ausgewählte Eckdaten des Haushalts (auf Prognosen basierend, Darstellung nach Doppik, Angaben gerundet, in Millionen Euro)

Ergebnishaushalt

Einnahmen aus Einkommensteuer 21,2

Einnahmen aus Gewerbesteuer 16,0

Gesamterträge74,0

Personalaufwendungen inklusive

Pensionsrückstellungen18,0

Kreisumlage16,6

Finanzhaushalt

Steuereinnahmen 46,0

Erlös aus Grundstücksverkäufen5,6

Baumaßnahmen gesamt 8,6

erste Raten Schulen Nord und West1,2

Sanierung Kindergarten Frühlingstraße1,6

Erste Rate für Wohnhäuser

Am Sulzbogen und Parsevalstraße1,0

Finanzierungstätigkeit

Nettoneuverschuldung0,0

Gesamtverschuldung39,0

Gnädiger zeigte sich der CSU-Fraktionsvorsitzende Andreas Lohde, auch wenn er frozzelte, Pleil habe sich als "viel versprechenden Bürgermeister" erwiesen. Lohde drängte auf mehr Effizienz in der Verwaltung, bezeichnete die Einstellung eines Verkehrsplaners als überflüssiges "Feigenblatt" und warnte vor teuren "Luftschlössern" sowie "Alleingängen des Brückenbauers" Pleil etwa bei dem Plan, rechts und links der Amperbrücke zusätzliche Übergänge zu schaffen. Gleichwohl gab sich Lohde am Ende versöhnlich: "Es war nicht alles schlecht, was in den letzten neun Monaten passiert ist." Gegen die beiden Stimmen der Freien Wähler beschlossen wurde Lohdes Änderungsantrag. Dieser sieht vor, für das Sportzentrum III in den Jahren 2016 und 2017 jeweils 500 000 Euro einzustellen und zur Gegenfinanzierung sowie zur Begrenzung der Neuverschuldung das städtische Grundstück an der Cerveteristraße, hinter der Kinderkrippe, mit geschätzten Erlösen von drei Millionen Euro in den Haushalt aufzunehmen.

Klaus Wollenberg (FDP) stimmte dem Haushalt nach eigenen Worten zu, weil zwei von der Volkshochschule beantragte Stellen, deren Bedarf bislang noch nicht nachgewiesen ist, noch nicht endgültig beschlossen wurden. Trotz eines "gewaltigen Aufschwungs beim Stellenplan" fand er lobende Worte für den OB. Der agiere "erfrischend unkompliziert", stehe einer "sympathischen Verwaltung" vor und bringe wichtige Projekte wie das Lichtspielhaus voran. Zufrieden äußerten sich auch Klaus Quinten (BBV), Christian Stangl (Grüne) und Franz Neuhierl (Freie Wähler).

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