Fürstenfeldbruck:Diskussionen über das ganze Leben

Zeitgespräche

Ulrich Finke, Dekan im Ruhestand, gehörte dem sogenannten Fünferteam der Veranstaltungsreihe bis 2014 an.

(Foto: Günther Reger)

Seit 25 Jahren wird bei den Brucker Zeitgesprächen über Gott und die Welt diskutiert

Von Karl-Wilhelm Götte, Fürstenfeldbruck

Ob Diskussionen über Islam oder Buddhismus, Organspende, die Ehe als Auslaufmodell oder gar über weiteres Leben im Universum mit dem Fernsehprofessor Harald Lesch - die Themen deckten das ganze Leben der Menschen ab. Exakt 244 "Zeitgespräche" der evangelischen Kirche fanden in den vergangenen 25 Jahren in den Gemeindezentren der Gnadenkirche im Brucker Westen und der Erlöserkirche in der Stadtmitte statt. Fast monatlich lud das Zeitgespräche-Team zu einer Veranstaltung ein. "Nur bei Großereignissen, wie Fußballmeisterschaften, haben wir keines angesetzt", erläuterte Ulrich Finke, der ehemalige Dekan, jetzt bei einer umfassenden Bilanz "25 Jahre Zeitgespräche".

Diese Kontinuität ist beeindruckend. "Und das immer alles bei Wasser und trocken Brot", fügte der heutige Sprecher des Zeitgespräche-Teams, Bernd Riegel, schmunzelnd hinzu. Zu Wasser und Brot konnten die Besucher aber immer auch ein Glas Weißwein genießen. Und die Zuhörer und die Diskutanten kamen reichlich. Ulrich Finke, Dekan von 1993 bis 2002, ist zwei Jahre nach Beginn der Zeitgespräche dazu gestoßen. Der heute 77-Jährige gehörte dann bis 2014 zum Zeitgespräche-Fünferteam und war deshalb prädestiniert dafür, vor etwa 50 Besuchern ein Zwischenfazit der evangelischen Erwachsenenbildung in Fürstenfeldbruck zu ziehen.

Finke erinnerte an seine "energische Sekretärin Frau Blasy", selbst Teammitglied, die ihn 1993 nachdrücklich aufforderte, bei der Planung und Durchführung der "Zeitgespräche" mitzuarbeiten. Er begann mit der bestbesuchten Veranstaltung. 150 Besucher wollten sich damals über die Pläne für das damals noch im Rohbau befindliche AEZ im Brucker Westen informieren. "Damals mussten wir aus Raumgründen die Kirche zuschalten", erzählte Finke. Besucherzahlen sind natürlich ein wichtiger Maßstab dafür, ob das Angebot passt. "Bei unter 20 grummeln wir", bekannte der Dekan im Ruhestand. Den niedrigste Wert mit nur sechs Besuchern gab es 2005 . Dabei war das christliche Abendland das Thema; das zog nicht. Dafür ein prominenter Referent. Zu "Christsein in der Politik" mit Jochen Vogel, dem ehemaligen Münchner OB und Bundesminister, kamen vor 15 Jahren immerhin 60 Besucher.

Auf 30 Politikabende kam Finke in seiner Bilanz: "Wir haben keine Werbung für eine bestimmte Politik gemacht, aber etwas Schlagseite hatten wir schon, denn die Bewahrung des Friedens war von besonderer Bedeutung." Auch Rechtsextremismus war ein Dauerthema. Schon 1993 kamen 80 Zuhörer und Diskutanten und informierten sich über rechtsextreme Anwerbestrategien. Referent war Kriminalhauptkommissar Meyer von der Bayerischen Informationsstelle gegen Rechtsextremismus gewesen. Aber auch Wirtschaftsthemen, wie der Euro oder TTIP, das umstrittenen Freihandelsabkommen der EU mit den USA, wurden behandelt. Auch historische Kritik an der evangelischen Landeskirche mussten die vielen Gemeindemitglieder unter den Zuhörern ertragen. Ganz heftig wurde es 1994, als Björn Mensing, Zeitgeschichtler und Pfarrer an der KZ-Gedenkstätte in Dachau, über "NS-Kumpanei oder Widerstandsorganisation" referierte. "Seine Aussagen über meine Landeskirche und Bischof Meiser waren nicht sehr schmeichelhaft", meinte Finke rückblickend. "Aber er polemisierte nicht, sondern brachte Fakten." Möglichst ohne Polemik, dafür faktenreich und gut recherchiert soll es auch weitergehen. Am 28. September wird der Münchner LMU-Professor Andreas Renner, vom Lehrstuhl für Russland- und Asienstudien, einen Vortrag zu Russland halten. 2017 - im Luther-Jahr - wünscht sich Sprecher Bernd Riegel "Besucher, die der Kirche ihre Meinung sagen".

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