Fürstenfeldbruck:Die Kunst des Düngens

Die meisten Hobbygärtner führen der Erde auf ihren Grundstücken zu viele Nährstoffe zu. Die Folge sind nicht nur hohe Nitratwerte. Die Pflanzen verlieren an Geschmack oder verkümmern im schlimmsten Fall.

Heike A. Batzer

Sobald die Sonne ein wenig zum Vorschein kommt und die Temperatur milder wird, wird gewerkelt in den Gärten: Stauden zurückschneiden, den Untergrund vorbereiten, die ersten Blumen- und Gemüsesorten aussäen. Viele Hobbygärtner meinen es jetzt besonders gut und geben reichlich Nährstoffe an Pflanzen und Erde. Die Folge: 80 Prozent der Böden von Haus- und Kleingärten sind überdüngt, hat die Forschungsanstalt für Gartenbau der Hochschule Weihenstephan in einer Untersuchung im Jahr 2008 herausgefunden. Die Sollwerte wurden teilweise um das Fünffache überschritten. Die Dimension des Problems ist nicht zu unterschätzen: Immerhin bewirtschaften die Freizeitgärtner in Bayern eine Fläche von rund 137 000 Hektar.

"In den Gärten wird deutlich zu viel gedüngt", weiß auch der Fürstenfeldbrucker Kreisfachberater für Gartenkultur und Landespflege, Horst Stegmann. Zwar benötige gerade der Gemüsegarten gelegentlich zusätzliche Nährstoffe, weil der natürliche Kreislauf durch die Ernte der Pflanze unterbrochen werde. Doch viele Freizeitgärtner wüssten zu wenig über die Zusammenhänge von Bodenbeschaffenheit und Düngung.

Ein Merkblatt des Landratsamtes zur "Düngung im Haus- und Kleingarten" fasst die Probleme zusammen: Wenn Pflanzen nicht recht gedeihen wollen, dann liege das häufig an der starken Belastung des Bodens, beispielsweise durch Baumaschinen beim Hausbau, oder aber der Boden ist einfach ausgelaugt, weil gleiche oder verwandte Pflanzenarten mehrfach nacheinander an der selben Stelle angebaut wurden. "Nur sehr selten ist direkter Nährstoffmangel die Ursache für kränkelnde Nutzpflanzen", sagt Stegmann.

Viele Hobbygärtner glauben dennoch, bessere Ergebnisse durch eine großzügige Gabe von Düngemitteln zu erzielen. Das Angebot, das sie dafür vorfinden, ist reichhaltig. In den Regalen der Bau- und Gartenmärkte steht der Universaldünger neben dem Rasendünger mit Sofort- oder Drei-Monats-Langzeitwirkung. "Speziell für den gepflegten Rasen" gedacht ist der Eisendünger, eigens dosierte Spezialmischungen gibt es beinahe für jedes Gewächs: für Tomaten, Beeren, Zitruspflanzen, Koniferen, Obst- oder Buchsbaum, Rosen, Rhododendron oder blaue Hortensien. Selbst die Discounter halten verschiedene Düngerpakete zum Start der Gartensaison bereit.

Doch wer nur nach Gutdünken düngt, liegt zumeist falsch, sagen Experten wie Stegmann. Den tatsächlichen Nährstoffbedarf abschätzen kann nur, wer über die Zusammensetzung des Bodens Bescheid weiß. Die Kreisfachberatung für Gartenbau und Landespflege im Fürstenfeldbrucker Landratsamt und der Kreisverband der Gartenbauvereine bieten deshalb allen Freizeitgärtnern jetzt eine kostengünstige Bodenuntersuchung an. Ziel der Aktion ist, die Düngergaben auf die Beschaffenheit des Bodens abzustimmen. Denn ein Übermaß an Dünger kann den Salzgehalt des Bodens so stark erhöhen, dass die Pflanzen kaum noch Wasser aufnehmen können. Sie verkümmern. Auch die menschliche Gesundheit kann Schaden nehmen, weil sich Dünger als Nitrat im Gemüse anreichert.

Insbesondere Mineraldünger (Kunstdünger) gibt die wasserlöslichen Nährstoffe so schnell frei, dass der Stickstoff nach starken Regenfällen vollständig ausgewaschen wird und das Grundwasser belastet. Organische Dünger setzen die Nährstoffe zwar langsamer frei und erhöhen den Humusanteil im Boden, doch "auch die ausschließliche Verwendung von Kompost oder Stallmist schützt nicht vor Überdüngung", warnt Stegmann. Auch organischer Dünger müsse dosiert und bewusst ausgebracht werden: "Es geht um die richtige Verteilung."

Viele Gartenbauvereine bemühen sich, das Wissen um die richtige Nährstoffzufuhr weiterzugeben. Beim Krautgartenverein "Puchheimer Wühlmäuse" sei man sich "einer gewissen Vorbildfunktion" bewusst, sagt Ulrike Gatz, die auch dem Puchheimer Umweltbeirat angehört. Im Verein lege man Wert darauf, dass grundwasserverträglich gedüngt wird. Es müsse schließlich nicht immer der größte Kohlrabi gedeihen. Im Gegenteil, findet Gatz: Radieschen, Kohlrabi, gelbe Rüben "verlieren an Geschmack als Folge der Überdüngung".

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