Griechen im Landkreis:In Sorge um die Heimat

Theodoros Faras beobachtet fassungslos, wie sich in seinem Geburtsland die Lage von Tag zu Tag immer mehr zuspitzt. Der Fürstenfeldbrucker Gastwirt rechnet mit dem Schlimmsten und telefoniert beinahe täglich mit seiner Familie

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Theodoros Faras wirkt überraschend entspannt. Die Vögel zwitschern, die Sonne scheint, seine Angestellten servieren Gyros und Calamares in dem Biergarten vor dem griechischen Restaurant Parthenon. Am Rande der Oskar-von-Miller-Straße könnte alles so schön sein, würde es in Faras' Heimatland nicht gerade drunter und drüber gehen. In den Nachrichten gibt es nur ein Thema: Die Krise in Griechenland, geschlossene Banken, der mögliche Ausstieg aus dem Euro, vielleicht gar aus der Europäischen Union. Der 25-jährige Gastwirt ist ziemlich stressresistent und schafft Probleme am liebsten gleich selbst aus der Welt. Diesmal aber muss er tatenlos aus der Ferne zusehen, wie alles immer schlimmer zu werden scheint. Beinahe täglich telefoniert er mit der Familie in Griechenland. Beinahe täglich kommt die nächste Hiobsbotschaft.

Theodoros

Theodoros Faras fühlt sich machtlos und muss mit ansehen, wie seine Familie daheim, vor allem aber Rentner und Normalverdiener in Bedrängnis geraten.

(Foto: Günther Reger)

"Noch hat meine Familie keine ernsthaften Probleme", räumt Faras ein. Aber wer kann schon sagen, wie sich das noch entwickelt? Niemand. Europa beschreitet da gerade Neuland. Regelmäßig wird der Wirt von Stammgästen auf die Krise angesprochen. Aber was soll er denen denn erzählen? Sicher ist nur, dass es zurzeit jeden Tag ein bisschen schlechter wird und sich die Lage zuspitzt. Die Eltern und der Bruder leben in Griechenland. Sie können jetzt noch täglich 60 Euro am Bankautomat abheben. Theoretisch, wenn der Geldautomat nicht leer oder die Schlange davor unendlich ist. 60 Euro für eine Familie. Was kann man damit schon machen?, fragt Faras und verdreht die Augen. Dann gibt er gleich selbst die Antwort: Nicht viel! Dabei geht es den Verwandten noch relativ gut. Der Bruder betreibt eine Strandbar. Und Touristen zahlen in Euro.

Nur Bares ist Wahres

Wer in den kommenden Tagen nach Griechenland in den Urlaub fährt, der dürfte ganz schön ins Schwitzen kommen. Nicht nur wegen der prognostizierten Temperaturen, die zwischendurch ganz locker die 35-Grad-Marke knacken könnten, sondern auch wegen einer gewissen Unsicherheit, ob und wann ein Geldautomat Geld ausspuckt oder die Kreditkarte angenommen wird. Fest steht, dass niemand in nächster Zeit damit rechnen muss, dass der Euro in Griechenland durch Drachmen oder eine andere Währung ersetzt wird, aber zu Engpässen beim Bargeld könnte es kommen. Deshalb raten Reise-Experten wie der Gröbenzeller Hans-Georg Rembeck dazu, ausreichend Bargeld mit in den Urlaub zu nehmen. Rembeck schließt sich der Empfehlung des Auswärtigen Amtes an: "In Griechenland kann es bei der Bargeldversorgung zu erheblichen Wartezeiten kommen, auch zu Engpässen beispielsweise bei der Ausstattung der Automaten mit Bargeld." Zwar sollen griechische Banken bis einschließlich kommenden Sonntag, 6. Juli geschlossen bleiben, die Geldautomaten müssten aber Scheine rausrücken. Angeblich, aber das wird wohl erst eine Testabhebung am Urlaubsort ergeben, sollen ausländische Touristen mehr abheben können als griechische Bankkunden. Deren Tagesmaximum liegt bei 60 Euro. Ausländische Bankkarten seien nicht betroffen, heißt es.ecs

Ein Albtraum wäre es für den 25-Jährigen, wenn wieder die Drachme eingeführt und sein Heimatland vielleicht auch noch die Europäische Union verlassen würde. Auch er selbst hat ja einen griechischen Pass. Dann wäre er plötzlich ein Bürger zweiter Klasse. Viel passieren könne ihm zwar nicht, glaubt er. Aber alles wäre sehr viel schwieriger. Etwa das Engagement neuer Mitarbeiter aus Griechenland. Theodoros Faras schüttelt den Kopf. Auch etwas anderes bereitet ihm Sorge: Viele Menschen in Griechenland seien gar nicht oder falsch darüber informiert, was auf Regierungsebene und in den Verhandlungen mit der Europäischen Union, der Europäischen Zentralbank und dem Internationalen Währungsfonds passiert. Oftmals werde in den Medien bewusst der Ärger über Merkel und Co geschürt. Im März war er in der Heimat und spürte die angespannte Stimmung und die großen Sorgen der einfachen Bevölkerung. "Ich denke, dass die Menschen daheim insgesamt gespalten sind. 50 Prozent sehen die Hauptschuld bei der EU oder auch den Deutschen und 50 Prozent glauben, dass die Probleme hausgemacht sind." Auch in Deutschland haben freilich viele den Stab über Griechenland gebrochen, ohne das Land und die Verhältnisse zu kennen oder überhaupt einmal dort gewesen zu sein. Da werden dann gerne alle Griechen über einen Kamm geschoren. Wie auch immer es ausgeht, ob alles in eine Staatspleite mündet oder in eine weitere Verschuldung und schmerzhafte Reformen - Faras rechnet mit einer bevorstehenden Durststrecke "von 20 Jahren".

Er selbst und seine griechischen Angestellten leben irgendwie zwischen den Welten. Immerhin ist er bislang noch nicht angefeindet und für mögliche Versäumnisse in seinem Heimatland mitverantwortlich gemacht worden.

Etwas mehr Abstand hat Konstantin Kostopoulos. Der Technikchef des Veranstaltungsforums ist in Deutschland geboren. Sein Vater kam vor vielen Jahren hierher, um Medizin zu studieren. Auch wenn der 54-Jährige keinen Kontakt mehr hat zu Verwandten und sich eher als Deutscher fühlt, so verfolgt er doch gebannt die Nachrichten. "Mir tun die Leute dort leid, für die ist das wirklich dramatisch." Sicher gebe es in Griechenland Schwarze Schafe. Aber ob die Krise wirklich so eskalieren musste, daran hat Konstantin Kostopoulos so seine Zweifel.

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