Fürstenfeldbruck:Die Holzeisenbahn

Andreas Lohde gibt nicht nur seine Erinnerungen weiter

Von Christian Hufnagel, Fürstenfeldbruck

Sechs Kinder sitzen vor einem Christbaum mit Strohsternen und echtem Kerzenlicht und lächeln in die Kamera. Die Farbfotografie zeichnet das Idyll einer Großfamilie an Heiligabend im Jahr 1977 und verrät nicht, dass sie als Wimmelbild zum Entdecken einlädt. Denn neben den sechs Geschwistern im Alter vom Kleinkind bis zum Jugendlichen ist nur ein Spielzeug wirklich zu erkennen: eine Brio-Holzeisenbahn, die sich über den Boden schlängelt und die dem Zweitjüngsten (rechts im Vordergrund) zugeordnet werden kann. Der war damals vier Jahre alt und offenbart heute im Rückblick, dass sich die halb versteckten Dinge wie ein Querschnitt durch die Geschenkewelt der Siebzigerjahre lesen lässt: Im Karton hinter ihm sei die Schmiede für eine Cowboy-Stadt, enträtselt Andreas Lohde und führt weiter auf: Märklin-Eisenbahnwaggon, Fischer-Technik, "Was ist was"-Sachbücher, Holzschlitten, Skibekleidung. "Das sieht nach viel aus, aber bei sechs Kindern musste sich jeder mit einem Hauptgeschenk zufrieden geben."

Ausgepackt werden mussten die Geschenke nie. Sie seien für alle sichtbar gewesen, sagt der 43-jährige Diplomtheologe und Kommunalpolitiker aus Fürstenfeldbruck. So verlässlich wie dieses Detail war die ganze Gestaltung des Heiligen Abends: Zunächst musizierte die Familie im ersten Stock. Nach dem Erklingen eines Glöckchens ging es ins Wohnzimmer im Erdgeschoss. Dort sang man vor der Bescherung "Stille Nacht", ehe alle zu ihren Geschenken durften. Es folgte das Essen und der Besuch der Christmette. Seit jeher ist für den Gymnasiallehrer Weihnachten "religiös, aber zunehmend von einer konsumkritischen Haltung geprägt". Diesen Geist versucht er auch seinen Buben im Alter von fünf und sieben Jahren zu vermitteln. Und er gibt noch anderes weiter: etwa seine Holzeisenbahn, mit der auch seine Söhne spielten: "Sie ist unkaputtbar", sagt er. Wohl ganz so wie Weihnachten selbst.

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