Fürstenfeldbruck:Der Klischee-Vermittler

Florian Prestl

Mit seinen 1,94 Metern ist Florian Prestl vor allem bei den japanischen Touristinnen ein beliebtes Fotomotiv.

(Foto: Günther Reger)

Seit sechs Jahren fahren Mitglieder des Eichenauer Musikvereins regelmäßig im Herbst nach Japan. Dort spielen sie in einem Erlebnispark, der den Besuchern andere Länder näher bringen soll. Wie es sich gehört spielen sie Blasmusik und lassen sich geduldig fotografieren. Einer von ihnen ist Florian Prestl

Von Andreas Ostermeier

Trotz des Massentourismus halten sich Klischees von anderen Völkern hartnäckig. Über die Deutschen heißt es, sie tränken viel Bier, liebten Blasmusik und trügen Lederhosen. Das Deutschenbild ist vielerorts stark von Bayernklischees dominiert. So ist es auch im japanischen Nagoya. Dort gibt es einen Freizeitpark, der seinen Besuchern die Eigenarten anderer Völker nahebringen möchte. Peruaner halten Lamas, am türkischen Gebäude sind Minarette angebracht und für Deutschland steht ein Bauernhaus. Das haben die Verantwortlichen des Freilichtmuseums aus Garmisch einfliegen lassen und original wieder aufgebaut. Klar, dass vor dieser Kulisse die Deutschen als Volk dargestellt werden, das Lederhosen trägt und Blasmusik spielt. Den japanischen Besuchern gefällt das offensichtlich, denn den Park gibt es schon viele Jahre.

Florian Prestl trägt dort Lederhose und spielt Blasmusik, genauer ein Tenorhorn. Kommende Woche fliegt er zum zweiten Mal nach Nagoya, um Deutschland musikalisch zu repräsentieren. Denn diese Aufgabe nehmen Mitglieder des Musikvereins Eichenau schon seit etlichen Jahren wahr. Sechs Musiker fliegen dafür immer im Herbst nach Nagoya, denn dann ist in der 2,3-Millionen-Stadt westlich von Tokio - genauer gesagt in dem Erlebnispark mit dem Namen "Little World Museum of Man" - Oktoberfest. Märsche, Polkastücke und Walzer bieten die Eichenauer Musiker den Besuchern. Am besten kommen nach Prestls Worten die Märsche an. Walzer sind nicht so beliebt, vielleicht auch deswegen, weil dann einige der Musiker Besucherinnen zum Tanzen auffordern. Zur Belohnung für den Mut geben die Eichenauer dann Schuhplattler-Einlagen, oder sie intonieren für die Kinder den Ententanz.

Eine halbe Stunde dauert ein Set, dann stehen die "Starzlmusikanten" aus Eichenau in Tracht für Fotos zur Verfügung. Der 20-jährige Prestl macht dabei eine besonders gute Figur, denn mit einer Größe von 1,94 Meter ist er neben den meisten Besuchern, die sich mit ihm fotografieren lassen, eine herausragende Person. Zehn Tage geht das so, fünf bis sieben Sets spielen die Eichenauer pro Tag. Dabei genießen sie nicht nur die Begeisterung des japanischen Publikums für ihre Stücke, sondern auch die Gastfreundschaft etlicher Mitarbeiter des Freilichtmuseums. Die Eichenauer werden zum Sushi-Essen eingeladen und auch zum Karaokesingen. "Es macht einen Mega-Spaß", sagt Prestl.

Die Blasmusik führt ihn nicht nur nach Japan, vor vier Jahren ist er bereits auf Konzertreise in China gewesen. Da hat er Posaune gespielt, das Instrument, mit dem er im Alter von neun Jahren begonnen hat. "Das Instrument hat mir gefallen", erzählt er, "es war das coolste." Sein Lehrer war Helmut Buchbauer, der frühere Dirigent des Großen Sinfonischen Blasorchesters des Musikvereins. Bald spielte Prestl in einem der Kinderensembles des Musikvereins, seit 2011 gehört er dem großen Orchester an. Der 20-Jährige, der an der Technischen Universität in München Biologie studiert, sieht sich als Orchestermusiker. Solo habe er nur beim Musikabitur gespielt, erzählt er. Deshalb spielt Prestl nicht nur im großen Blasorchester, sondern auch in anderen Ensembles und der Rockband "Der Bäm". Er liebt seine Auftritte, beispielsweise bei den Neujahrskonzerten vor jeweils etwa 500 Besuchern. Noch größer, und deshalb noch eindringlicher als Erlebnis, waren die Auftritte in China. Die Chinesen "flippten regelrecht aus", erzählt der Posaunist. Das Programm des Sinfonischen Blasorchesters, bestehend aus Walzern, Opernmelodien oder Big-Band-Sound, riss sie von den Sitzen.

Das wird auch in Nagoya wieder passieren, wenn die Starzlmusikanten, Akkordeon, Trompete, Klarinette, Tuba, Tenorhorn und Schlagzeug spielend, zwischen Brunnen, Maibaum aus Beton und den Tischen der Besucher auf die Bühne vor dem Bauernhaus im Erlebnispark ziehen werden. Dazu spielen sie - passend zu ihrem Repräsentationsauftrag - immer den Marsch "Mein Heimatland". Einige der Besucher kennen die Melodie bereits, denn sie kommen seit Jahren regelmäßig zu den Auftritten, erzählt Prestl. Ganz offensichtlich mögen sie das Klischee von den Deutschen, die Blasmusik spielen und Lederhosen tragen.

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