Fürstenfeldbruck:Der frühe Hassprediger

Fürstenfeldbruck: Die antisemitischen Aussagen von Abraham a Sancta Clara werden in der Zeitschrift nicht thematisiert.

Die antisemitischen Aussagen von Abraham a Sancta Clara werden in der Zeitschrift nicht thematisiert.

(Foto: Sauber)

Amperland beschäftigt sich mit Abraham a Sancta Clara

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Die Juden hätten die Pest verursacht, sie schändeten geweihte Hostien, sie seien Gottesmörder und Ritualmörder, die christliche Kinder für ihre dämonischen Kulte meuchelten. Sie seien "ehrvergessene, gottlose, gewissenlose, boshafte, schalkhafte, verruchte und verfluchte Gesellen und Bösewichter, Kotkäfer und Galgenzeiserl, Blutegel, Bluthunde". Deswegen wären sie "nicht nur des Galgens, sondern sogar des Scheiterhaufens wert", schrieb Johann Ulrich Megerle (1644-1709). Besser bekannt unter dem Namen Abraham a Sancta Clara war der Augustinermönch einer der großen Hassprediger der deutschen Geschichte. Er hetzte auch gegen vermeintliche Hexen, war ein Frauenfeind und früher Deutschtümler, der vor den verderblichen Sitten der Fremden warnte.

In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Amperland wird Abraham a Sancta Clara als "der bedeutendste katholische Prediger Deutschlands im 17. Jahrhundert", als literaturgeschichtliche Berühmtheit und effektvoller Rhetoriker gepriesen. Das war er sicher, bloß wofür dieser Mann seine Talente auch nutzte, wird nirgends erwähnt, nicht einmal der Begriff Antisemitismus fällt. So blendet der Literaturprofessor Klaus Wolf aus, dass die Rezeption mindestens unkritisch war, vor allem aber zur weiteren Entfaltung des katholischen Judenhasses in Süddeutschland und Österreich entscheidend beitrug.

Das neue Amperland-Heft ist eine Festschrift anlässlich von 400 Jahren Wallfahrt zum Stern-Ei in Taxa, das heuer gefeiert wird. 1618 soll eine Henne ein Ei gelegt haben, dessen Schale einen Stern zeigte, was dem wundertätigen Eingreifen der Muttergottes zugeschrieben wurde. Abraham a Sancta Clara kommt ins Spiel, weil er von 1670 bis 1672 in Taxa im Einsatz war, bevor er von Kaiser Leopold I. als Hofprediger nach Wien berufen wurde. Vor allem aber publizierte er 1685 eine Schrift über das Ei-Wunder, die den Wallfahrtsbetrieb erst populär machte.

Zwei Beiträge beschäftigen sich mit der Legende und ihrer Entstehung. Katharina Friedl kommt zu dem Ergebnis, dass Sancta Clara die Geschichte manipulierte. Renate Zauscher beschreibt, warum kein Wunder nötig ist, um sternförmige Gebilde auf Eierschalen zu produzieren. Kalziummangel, Virusinfektionen, Entzündungen oder Verformungen des Legedarms können die Ursachen sein.

Schließlich beschäftigt sich Schriftleiter Wilhelm Liebhart mit dem Verhältnis von Martin Heidegger zu Abraham a Sancta Clara. Beide stammten aus Oberschwaben und besuchten die Lateinschule in Messkirch. Der Germanist Victor Farías hat 1987 die Zusammenhänge zwischen dem Antisemitismus, den Abraham a Sancta Clara geprägt hat, und Heideggers intellektueller Entwicklung herausgearbeitet. Leider taucht Farías nicht einmal in den Fußnoten bei Liebhart auf, geschweige denn dass seine Thesen diskutiert werden. Über Heidegger schreibt Liebhart, diesem sei es stets um das Sein und Dasein des Einzelnen gegangen und er habe "mit dem Nationalsozialismus sympathisiert". Auch das ist dürftig. Heidegger war ein Nazi, ein überzeugter Antisemit. Er unterstützte die Bücherverbrennungen, denunzierte Kollegen und zeigte nach 1945 weder Reue noch Einsicht.

Amperland, erhältlich im Museum Fürstenfeldbruck und dem Jexhof-Museum

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