Fürstenfeldbruck:Das schönste Amt Deutschlands

Marianne Heidner ist neue Leiterin der Landwirtschaftsschule Puch. Sie schwärmt von ihrem Arbeitsplatz, der den Blick auf Alpenpanorama und oberbayerische Kulturlandschaft freigibt. Erst spät nach der Kindererziehung ist sie in den Beruf zurückgekehrt

Von Erich C. Setzwein, Fürstenfeldbruck

Ihren Arbeitsplatz liebt Marianne Heidner sehr. Hoch droben im Fürstenfeldbrucker Ortsteil Puch, im Süden das Alpenpanorama, im Osten die Silhouette der Kreisstadt und im Norden und Westen oberbayerische Kulturlandschaft - das ist die von vielen als beneidenswert angesehene Lage des Grünen Zentrums. Heidners Arbeitsplatz seit gut fünf Jahren, als sie mit der Landwirtschaftsschule vom alten Standort an der Bismarckstraße in Bruck in den Neubau an der Kaiser-Ludwig-Straße umzog. Seit Kurzem ist sie als Nachfolgerin von Alois Pfluger Leiterin der Landwirtschaftsschule und verantwortet weitere Bereiche im Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF). Was ihr die liebste Aufgabe darunter ist, das vermag die Bereichsleiterin Landwirtschaft, wie ihr Amt bezeichnet wird, gar nicht zu bestimmen: "Ich liebe die Vielfalt meines Berufs."

Die Landwirtschaft ist für die 59-Jährige Bestandteil ihres Lebens. Ihre Mutter bildete in Hauswirtschaft aus, der Vater war ein bekannter Fleckviehzüchter in der Gemeinde Bergkirchen (Kreis Dachau). Schon mit neun Jahren sei sie bei der Mutter in die Lehre gegangen, habe von ihr alles über Hauswirtschaft erfahren - bis auf den Hefeteig, den sie erst später zu machen lernte. Wissbegierig und weil ihr die Kinderbücher ausgegangen waren, machte sie sich in diesem Alter auch schon über die Sach- und Lehrbücher ihrer Mutter her und saugte auf, was in "Das Reich der Bäuerin" und in "Die Jungbäuerin" stand. Auch ein Gesundheitspflegebuch musste als Ersatz für Kinderromane herhalten.

Als Heidner nach dem Abitur am Gymnasium Dachau schon einen Studienplatz für Ökotrophologie an der Technischen Universität in Weihenstephan sicher hatte, machte sie vorher noch Praktika auf Bauernhöfen, unter anderem in Schweden und Frankreich, und schloss eine Ausbildung an der Landwirtschaftsschule an. Das Studium in Weihenstephan schloss sie mit einem Diplom ab, sie wurde in den Staatsdienst übernommen und kam über ihre erste Station Ansbach 1985 nach Neustadt/Aisch. Im dortigen Landwirtschaftsamt erlebte sie den Strukturwandel und war dabei, als Bauern sich durch die Direktvermarktung neue Einnahmequellen erschlossen. Vier Jahre war sie in Mittelfranken, ehe sie in der Regierung von Oberbayern als landwirtschaftliche Referentin mit 19 Landwirtschaftsämtern zu tun hatte.

Amt für Landwirtschaft

Marianne Heidner an ihrem Arbeitsplatz im Grünen Zentrum in Puch. Die 59-Jährige leitet dort als Nachfolgerin von Alois Pfluger die Landwirtschaftsschule.

(Foto: Günther Reger)

Da Ökotrophologinnen nicht nur wissen, was gut für die Ernährung ist, sondern auch lernen, sich bestens zu organisieren, kam es schon vor der Geburt der ersten Tochter zwischen Marianne Heidner und ihrem Mann zu einer klaren Vereinbarung: "Die Kinder sollten nicht alleine sein, die ersten zehn Jahre wollte ich daheim bleiben, die zweiten zehn Jahre mein Mann." In ihrer Kindererziehungszeit kam ein zweites Kind zur Welt, die Familie ging für sechs Jahre nach Kanada, weil Heidners Mann beruflich dort zu tun hatte. 2010 kehrte sie in den Beruf zurück, wurde Lehrerin an der Landwirtschaftsschule und Stellvertreterin von Alois Pfluger.

Von da an standen Themen der Gemeinschaftsverpflegung, die Beratung von Kantinenköchen und Kindergärten ebenso auf ihren Lehrplänen wie das Programm Ernährung und Bewegung für junge Eltern, das sie kurzerhand mit der Ausbildung von sogenannten Erlebnisbäuerinnen verknüpfte: "Es kamen Eltern mit Kindern bis drei Jahre auf den Bauernhof, haben etwas über die Landwirtschaft, die Produkte gelernt, und die Bäuerin konnte den Hof präsentieren." Mit dem Umzug in die vom Landkreis gebaute Landwirtschaftsschule ein Jahr bevor das AELF ins Grüne Zentrum zog, begann auch die Arbeit "im schönsten Amt Deutschlands", wie Heidner ihren Arbeitsplatz bezeichnet.

Architektur und Ausstattung des Grünen Zentrums bilden den Rahmen, in dem engagierte Lehrer gestandene Landwirte - Männer wie Frauen - unterrichten. Die besten Meisterkandidaten in Oberbayern werden in Bruck ausgebildet, in diesem Jahr war der erste Platz einer aus Bruck, im vergangenen wurden sogar die ersten drei Plätze von Absolventen der Landwirtschaftsschule besetzt. Bei Marianne Heidner lernen die jungen Bauern Agrarpolitik. Heidner ist im Amt für die Förderung zuständig und kann den Schülern erklären, welche Bedingungen sie erfüllen müssen, um finanzielle Förderung vom Staat zu bekommen und wie die Situation auf dem Weltmarkt einzuschätzen ist. Sich so zu verhalten wie der Weltmarkt, zu Preisen wie dort zu produzieren, das könne niemand in Deutschland, meint Heidner. Deshalb sei es die Pflicht der Industriestaaten, die Landwirtschaft zu stützen. Tatsächlich ist der größte Anteil im Haushalt der EU der für den Agrarbereich.

Amt für Landwirtschaft

Marianne Heidner, die neue Leiterin der Landwirtschaftsschule Puch, will die nächste Generation der Landwirte motivieren, ihr Potenzial auch zu erkennen.

(Foto: Günther Reger)

Weil sich aber die Situation für die Landwirte weiter verschlechtert, die Milchpreise fallen und auch die Fleischpreise nicht stabil sind, müssen sich die Bauern nach Heidners Einschätzung noch mehr um andere Einnahmequellen umsehen. "In unserer Region bietet sich Städtetourismus geradezu an", sagt sie und empfiehlt Landwirten, sich auf Gäste einzustellen, die vielleicht für drei Tage München und die Berge besuchen, aber auf dem Land leben wollen. Meist sei auf den Höfen auch Platz, um bis zu drei Ferienwohnungen zu schaffen, und die Höfe seien ja auch vorzeigbar. Das sei mit dem Urlaub auf dem Bauernhof von früher nicht zu vergleichen. Heidner findet, dass die Landwirte in diesem Feld des Tourismus sich platzieren könnten.

Sorgen über die Zukunft der Landwirtschaft würde Marianne Heidner wohl nicht zulassen. Sie will die nächste Generation der Landwirte dazu motivieren, ihr Potenzial zu erkennen: "Jammern lähmt", sagt sie. Erkennen, was geht und den Blick öffnen. So wie sie vielleicht, der die Vielfalt in ihrem Beruf am besten gefällt.

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