Fürstenfeldbruck:Das Grauen des Unfalltodes

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Ausstellung will jugendliche Verkehrsteilnehmer sensibilisieren

Von Florian J. Haamann, Fürstenfeldbruck

Sascha war 19 Jahre alt, als er auf dem Weg zur Faschingsparty von der Straße abkam und sich mit seinem Golf mehrfach überschlug. Er war nicht angeschnallt und wurde durch das Dachfenster geschleudert. Er verstarb noch an der Unfallstelle. Vor Fahrtantritt hatte ihn seine Mutter noch gebeten am Steuer nicht zu telefonieren und nicht alkoholisiert zu fahren. An den Gurt hatte sie nicht gedacht. Das Schicksal von Sascha ist eine von sechs realen Geschichten, die die Ausstellung "Schatten - Ich wollte doch leben!" in der Berufsschule Fürstenfeldbruck zeigt. Seit 2009 wird die vom ADAC initiierte Ausstellung in bayerischen Gymnasien und Berufsschulen gezeigt, um junge Verkehrsteilnehmer für die Gefahren auf der Straße zu sensibilisieren. Die sechs Geschichten sind dabei auf lebensgroße schwarze Pappaufsteller gedruckt, auf denen jeweils auch ein Bild des Verstorbenen zu sehen ist.

An die Berufsschule wurde das Projekt von Petra Mayer, Mitarbeiterin der Schulleitung, geholt. "Viele Schüler haben Erfahrungen mit diesem Thema gemacht und ich wünsche mir, dass die Ausstellung als Anlass dient, auch im Unterricht, etwa in Ethik, Religion oder Deutsch, darüber zu sprechen und dass die Schüler sich dann mit ihren Freunden darüber unterhalten." Ihrer Meinung nach sollten sich die Lehrer auch dafür verantwortlich fühlen, dass ihre Schüler sicher zur Schule und von dort nach Hause kommen. "Es ist einfach nicht schön, wenn man als Schule Unfallopfer zu beklagen hat. Aber auch bei uns passiert das regelmäßig." Nicht ganz so drastisch formuliert es Schulleiterin Andrea Reuß in ihrer Begrüßungsrede zur Eröffnung der Ausstellung: "Bei uns an der Schule gibt es Gott sei Dank noch sehr wenige Todesfälle." Dennoch hoffe sie jedes Mal, wenn sie die Zeitung aufschlage und von einem Unfalltoten lese, dass es nicht einer ihrer Schüler sei. Im letzten Jahr habe sie miterlebt, wie eine Schülerin zusammengebrochen sei, nachdem sie per SMS erfahren habe, dass eine Freundin tödlich verglückt sei. "Deswegen finde ich es gut und wichtig, dass wir die Ausstellung hier haben. Wir haben sie für euch an die Schule geholt", richtet sie ihre Worte an die anwesenden Schüler und Schülerinnen.

Eine von ihnen ist Franziska, die an diesem Freitag 18 Jahre alt wird. Es ist der Tag, von dem an sie alleine Autofahren darf. Franziska steht vor der Geschichte von Jasmin. Die 24-Jährige war auf dem Weg zu ihrer neuen Arbeitsstelle, als ihr ein Transporter mit 90 Stundenkilometern in einer Kurve auf ihrer Fahrbahn entgegen kam. Zwei Sekunden blieben ihr um zu reagieren. Die Zeit reichte nicht, die Fahrzeuge prallten frontal aufeinander, Jasmin starb am Unfallort. "Ich glaube schon, dass die Ausstellung etwas bewirken kann. Wir sind jung und unerfahren und kennen die Gefahren noch nicht so gut. Selbst denkt man darüber auch nicht soviel nach und wenn die Eltern etwas sagen, glaubt man ihnen sowieso nicht", sagt Franziska.

Schüler der KFZ-Mechatroniker-Klasse vor einer der gezeigten Schicksalsgeschichten. (Foto: Yvonne Brandstätter/OH)

Ein Aspekt, den sie bis dahin nie bedachte habe, sei das Leid, das die Hinterbliebenen erfahren. "Es war berührend zu sehen, wie sehr das die älteren Menschen bewegt." Damit spricht sie die Rede des neuen Schulreferenten des Kreistags, Christian Stangl, an. Er ist selbst Lehrer und hat erfahren, was ein Unfall bedeuten kann. "Einer unserer Schüler wurde im letzten Jahr von einem Zug überfahren. Es war entsetzlich für uns alle", sagt er und seine Stimme bricht beim Sprechen. Alle Anwesenden spüren, wie nah ihm dieser Vorfall noch immer geht. "Die Hinterbliebenen leiden oft ihr Leben lang an einem solchen Verlust. Vor allem für Eltern ist es das Schlimmste, was überhaupt passieren kann." Für Josef Kaspar vom ADAC ist es wichtig, dass die Ausstellung die Jugendlichen nicht mit erhobenem Zeigefinger belehrt, sondern versucht, sie auf der emotionalen Ebene zu berühren. "Schauen Sie sich die Silhouetten genau an und fragen sie sich: War ich nicht schon einmal in einer ähnlichen Situation? Muss ich mein Verhalten ändern?", appelliert er deshalb an die anwesenden Schüler. "Diese jungen Menschen standen noch am Anfang ihres Lebens. Sie hatten die gleichen Hoffnungen und Träume wie Sie! Sie wollten alle leben - und sind nicht mehr unter uns."

Die Ausstellung ist bis Freitag, 4. Juli, von Montag bis Freitag von 8 bis 16 Uhr im Foyer der Berufsschule auch für die Öffentlichkeit zu besichtigen.

© SZ vom 26.06.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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