Fürstenfeldbruck:Das bisher schwerste Jahr

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Landrat Thomas Karmasin geht davon aus, dass er sich auch 2016 fast ausschließlich um die Unterbringung von Flüchtlingen kümmern muss. Er rechnet mit 2500 zusätzlichen Asylbewerbern im Landkreis

Von Gerhard Eisenkolb, Fürstenfeldbruck

2015 war für Landrat Thomas Karmasin nach eigener Bekundung das schwerste Jahr seit seinem Amtsantritt 1996. Und für 2016 sieht er für sich und seine Mitarbeiter keine Änderung. Das kündigt der Landkreischef im SZ-Interview an. Der anhaltende Zustrom von Flüchtlingen, für deren Unterbringung und Betreuung der Landkreis zuständig ist, ist der Grund für die Dauerbelastung des Landrats und seiner Mitarbeiter. Gearbeitet wird in der Behörde schon lange im Krisenmodus. Auch das wird die nächsten Monate so bleiben. Etwa 80 Prozent seiner Arbeitszeit widmet der Landkreischef diesem Thema, für die Aufgaben in der Kommunalpolitik bliebt da nicht viel Raum.

Daran werde sich so schnell nichts ändern, lautet Karmasins Prognose. Er rechnet für das neue Jahr mit der Zuweisung von insgesamt weiteren etwa 2500 Asylbewerbern durch die Regierung von Oberbayern. Zum Ende des Jahres 2015 lebten im Landkreis einschließlich der Asylbewerber in der Dependance der Erstaufnahme der Regierung am Fliegerhorst etwas mehr als 3000 Flüchtlinge. Mit seinen Prognosen zur Entwicklung der Flüchtlingszahlen lag der Brucker Landkreischef bisher immer richtig. Das bedauert er fast, weil seine Schätzungen meist über den amtlichen Voraussagen lagen. Ihm wäre eine andere Entwicklung mit niedrigeren Zahlen lieber gewesen.

Auch wenn er unverhohlen von einer "gesellschaftlichen Katastrophe" spricht, so hat sich der Brucker Landrat doch schon Gedanken darüber gemacht, wie diese Herausforderung zu bewältigen ist. Da es nicht mehr viele freie Turnhallen gibt, zieht er Shelter, also ehemalige, ungenutzte Flugzeugbunker im Fliegerhorst, ebenso in Betracht wie Tiefgaragen. Die Garagen wurden bereits vom Bauamt auf ihre Tauglichkeit geprüft. In der des Finanzamts in Fürstenfeldbruck ließen sich zumindest für einen befristeten Zeitraum Betten für bis zu 500 Menschen aufstellen. Vorbereitungen für einen solchen Fall wurden bereits getroffen. Für die Sommermonate zieht Karmasin auch die Unterbringung von Flüchtlingen in Zelten in Betracht.

Seinen Vergleich der Zuwanderung mit einer "gesellschaftlichen Katastrophe" hält der Landrat für eine zulässige politische Zuspitzung, um Dinge zu verdeutlichen. Von seinen Kritikern im SPD-Unterbezirk, der sich in einer einstimmig verabschiedeten Resolution jede ausländerfeindliche Rhetorik verbeten und zum respektvollen Umgang mit Flüchtlingen aufgefordert hatte, lässt sich der Landrat jedenfalls nicht umstimmen. Auch nicht durch die Tatsache, dass es bisher im Landkreis in Zusammenarbeit mit den Städten und Gemeinden sowie den ehrenamtlichen Asylhelfern weitgehend gelungen ist, die große Aufgabe zu lösen. Eine Katastrophe werde noch nicht allein dadurch gut, dass man sie gut manage, sagt er.

Eine Kehrtwende und damit den von ihm geforderten Rückgang der Zuwanderung erhofft sich Karmasin von den drei Landtagswahlen am 13. März in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt. Wohl erst danach würden maßgebliche Bundespolitiker aufwachen und erkennen, dass die Stimmung in Deutschland doch nicht so sei, wie viele Vertreter der Parteien noch denken. Dann, das hofft zumindest Karmasin, werde endlich konsequent gehandelt und der Zustrom an Flüchtlingen flache langsam ab. Der Landrat geht zudem davon aus, ein Teil der Zuwanderer werde erkennen, dass ihre in Deutschland gesetzten Erwartungen nicht in Erfüllung gehen. Einige der Enttäuschten würden wieder in ihre Heimat zurückkehren.

Als wichtigstes Projekt im neuen Jahr nennt der Landrat den Neubau der Berufsschule in Fürstenfeldbruck. Von der Struktur- und Potenzialanalyse erwartet er sich in den nächsten Monaten konkrete Antworten auf die Frage, wie sich der Landkreis entwickeln soll.

© SZ vom 04.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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