Fürstenfeldbruck:Das Bier und die Bayern

Bierbuch

Günter Albrecht, Luitpold Prinz von Bayern: "Ohne Bayern kein Bier - Ohne Bier kein Bayern", Volk Verlag München 2016, 9,90 Euro.

(Foto: Verlag)

Ein Buch anlässlich 500 Jahre Reinheitsgebot

Von Erich C. Setzwein, Fürstenfeldbruck

Die Ansprüche des Buchtitels sind hoch. "Ohne Bayern kein Bier, ohne Bier kein Bayern" nennen Günther Albrecht und Luitpold Prinz von Bayern ihr Werk im 500. Jahr des bayerischen Reinheitsgebotes. Auf 190 Seiten erzählen sie Geschichte und Geschichten nicht nur rund ums Bier, sondern zeigen auch die enge Verbindung des Adelsgeschlechts der Wittelsbacher mit dem Produkt aus Wasser, Malz und Hopfen auf. Es wird letztlich schon klar, dass der Biererlass der Wittelsbacher im Jahr 1516 wesentlich zur Verbreitung des Bieres in Bayern und zum wirtschaftlichen Erfolg der Brauereien geführt hat, aber dass es ohne Bier Bayern heute nicht gäbe, darf dann doch bezweifelt werden. Vielleicht gäbe es die Wittelsbacher nicht mehr, die über die Jahrhunderte sehr gut von den Steuern auf Bier lebten, damit Kriege finanzierten und ihre Schlösser unterhielten.

Es ist Fundamentalwissen, das der Käufer eines Kastens Kaltenberger Bier kostenlos dazu bekommt. Zwar ist der Band auch im Buchhandel erhältlich, aber bis Herbst soll er bei den Getränkehändlern im Landkreis ein Werbeartikel sein. Ebenso gut könnte es in den Märkten einen besonderen Glaskrug dazu geben oder einen besonders gestalteten Modellbierwagen im Maßstab 1:87.

Viele, die sich die Frage stellen, ob Bayern nicht schon immer ein Bierland gewesen ist, werden überrascht davon lesen, dass der von den Wittelsbachern durch die Jahrhunderte regierte Landstrich einmal ein großes Weinanbaugebiet hatte - von Franken bis ins Dachauer Land, wo es heute noch Flurnamen wie den "Weinberg" gibt. Dreimal größer als heute war die Fläche, auf der Reben sprossen, allerdings soll der Wein sehr sauer gewesen sein. Aber anders als das Wasser, das sehr verschmutzt war, war der Wein ein ziemlich sauberes Getränk. Der auch heute noch in der Regensburger Gegend gekelterte Baierwein wird im Buch als "alles andere als ein edler Tropfen bezeichnet".

Sicherlich richtig, aber Bier als Getränk konnte es auch in sich haben. Zusätze, die jedem Leser zu Brechreiz verhelfen können, waren in der Zeit vor dem Reinheitsgebot gang und gäbe. Und so entstand mit dem Reinheitsgebot ein Verbraucherschutzgesetz, das festlegte, was ins Bier gehört. Das Bier sollte gebraut werden wie es schon die Germanengöttin Osmotar gesiedet hatte: "Sechs Hände Gerstenkörner, sieben helle Hopfenköpfe und acht Kellen klares Wasser."

Allerdings wurde 1516 nicht nur dieses Grundrezept vorgegeben, sondern es kamen auch - heute würde man sagen - Ausführungsbestimmungen dazu. Bierpreiskontrollen und Zeitfenster für das Brauen wurden vorgegeben, und natürlich wurde dann auch eine neue Steuer aufs Bier erhoben. Die nährte den Staat wie das Bier die Menschen und sie brachte noch im Jahr 1913, kurz vor Beginn des Ersten Weltkriegs und dem darauffolgenden Ende der Monarchie in Bayern, einen 35-prozentigen Anteil am Staatshaushalt. Darüber würde sich der heutige bayerische Finanzminister Markus Söder durchaus freuen, schließlich ist er als Ressortchef auch verantwortlich für das Hofbräuhaus. Doch Biersteuer zahlt nur der, der mehr als 200 Liter Bier pro Jahr braut. Bis zu dieser Menge ist das Sieden im heimischen Kessel steuerbefreit, und es gibt immer mehr Hobbybrauer, die diese Menge jährlich erreichen.

Im Titel wie an mehreren Stellen im Buch ist festzustellen, wie Bayern mit den Wittelsbachern gleichgesetzt wird. Ähnlich, wie es die CSU tut, wenn sie wieder einmal behauptet, ohne sie wäre Bayern nicht das, was es heute ist. Manifestieren soll das der Satz: "Es gibt wohl keinen anderen Staat, in dem die Verschränkung zwischen Brauwesen, Dynastie und Staatshaushalt so eng war wie im Reich der Wittelsbacher. Immer wieder hat das Bier über Wohl und Wehe Bayerns und der Bayern bestimmt." Doch damit würde man dem Bier, diesem "flüssigen Brot", zu viel Wirkung auf die Geschichte dieses Landstrichs zuschreiben.

Geschickte dynastische Politik, Diplomatie und Kriege gleichermaßen und Einflüsse von außen haben viel maßgeblicher dazu beigetragen, dass Bayern zu dem wurde, was es heute ist. Durch Napoleon wurde Bayern zum Königreich, durch Kurt Eisner zum Freistaat, Hitler nahm Bayern die Souveränität, und die US-amerikanischen Besatzungstruppen ermöglichten und erzwangen den Aufbau eines demokratischen Staatsgebildes. Bier hat in all diesen Zeiten eine Rolle gespielt, und wenn Günther Albrecht und Luitpold Prinz von Bayern diese Rolle größer erscheinen lassen als sie wirklich ist, könnte man schon mal eine gute Mass Kaltenberger Bier darauf trinken.

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