Fürstenfeldbruck:Brucks CSU muss um Mehrheit bangen

FW-Fraktionsmitglied Gabriele Fröhlich will 2014 auf der SPD-Liste kandidieren. Das ändert die Machtverhältnisse im Stadtrat

Von Stefan Salger

Gabriele Fröhlich, Mitglied der Freien-Wähler-Fraktion und Planungsreferentin im Brucker Stadtrat, will nächstes Jahr auf der Liste der SPD kandidieren. Das gab sie am Donnerstag bekannt. Sie folgt damit einem Angebot der SPD und stellt nach dem Austritt aus dem Ortsverein der Freien Wähler (FW) die Weichen für eine Fortsetzung der kommunalpolitischen Karriere. Der Schritt ist eine Konsequenz aus der im Juli verlorenen Wahl zum OB-Kandidaten der Freien Wähler, in deren Folge Fröhlich auch den Vorsitz des Ortsvereins abgegeben hatte.

Freie Wähler

Gabi Fröhlich, bislang Stadträtin der Freien Wähler, wendet sich der SPD zu.

(Foto: Günther Reger)

Fraktionssprecher Franz Neuhierl, der den Ortsverein seither kommissarisch leitet, war von Fröhlich bereits am Mittwoch informiert worden. "Wir sind nicht erfreut", sagte Neuhierl der SZ, "aber wir können es nicht ändern. Überrascht habe ihn nicht der Austritt Fröhlichs, wohl aber der Wechsel ausgerechnet zur SPD. Ähnlich äußerte sich der stellvertretende FW-Ortsvorsitzende Kurt Homm: Er habe nicht erwartet, dass Fröhlich sich "ausgerechnet in diese Richtung" umorientiere. Neuhierl sieht kein Problem, auch weiterhin mit Fröhlich zusammenzuarbeiten: "Wir werden uns deshalb nicht in die Haare kriegen." Mit dem Schritt überraschte Fröhlich auch Brucks CSU-Chef Hans Schilling. Die Reaktion des Zweiten Bürgermeisters: "Das gibt's ja wohl nicht!"

Die 56 Jahre alte Architektin gehört der drei Mitglieder umfassenden FW-Fraktion des Stadtrats an und will bis zum Ende der Amtsperiode ihr Mandat in den Reihen der Freien Wähler noch erfüllen. Diese "Geradlinigkeit" sei sie ihren Wählern schuldig. Zudem plant sie keinen Beitritt zur SPD. Dennoch könnte sich der Seitenwechsel bereits auf die aktuelle Stadtpolitik auswirken. Denn bislang hatten CSU und Freie Wähler gemeinsam mit CSU-OB Kellerer bei strittigen Entscheidungen eine hauchdünne Mehrheit von 21 gegen 20 Stimmen.

Mit Spannung erwartet werden nun unter anderem die im Herbst beginnenden Haushaltsberatungen. Der Haushalt für das bevorstehende Jahr wird vom aktuellen Stadtrat beschlossen, aber erst vom neuen Stadtrat, der bei den Kommunalwahlen im März gewählt wird, "vollzogen". Fröhlich beteuerte zwar am Donnerstag bei ihrem ersten gemeinsamen Auftritt mit dem Dritten Bürgermeister Ulrich Schmetz (SPD), SPD-Fraktionschef Axel Lämmle und SPD-Ortsvereinschef Mirko Pötzsch, sie wolle auch künftig sachlich orientiert und ohne ideologische oder parteipolitische Scheuklappen abstimmen. Gleichwohl ließ Lämmle durchblicken, dass er bereits nach der Sommerpause darauf hofft, die CSU mit Hilfe der "Seiteneinsteigerin" notfalls überstimmen zu können. Dann etwa, wenn es um Themen wie die Schaffung von günstigem Wohnraum geht.

Fröhlich gilt als Befürworterin der Nachverdichtung und ist neuen Wohnformen sowie Wohnungsgenossenschaften gegenüber aufgeschlossen. Davon könnte die SPD profitieren, wenn es im Zuge der Haushaltsberatungen um die Wohnquartiere an der Rothschwaiger Straße und Am Sulzbogen geht, aber auch um die von der SPD geforderte Personalaufstockung der Stadtverwaltung, mit der Bewegung bei Stadt- und Radverkehrsplanung gebracht werden soll.

Schilling gab sich am Donnerstag betont gelassen: Fröhlich habe sich auch bislang nie davon abhalten lassen, anders als CSU und ihre FW-Stadtratskollegen abzustimmen. Er verweist auf das Beispiel Götz Hildenbrand, der 2008 von der FDP zu den Freien Wählern wechselte. Auch Hildenbrand habe vor und nach diesem Wechsel "nach dem Herzen" abgestimmt, ohne sich einem Fraktionszwang verpflichtet zu fühlen. Deshalb erwartet Schilling keine direkten Auswirkungen. Mit der Wahl 2014 würden dann die Karten neu gemischt.

Hildenbrand und Neuhierl wollen nach SZ-Informationen dann aus Altersgründen so weit hinten auf ihrer Liste kandidieren, dass sie möglichst nicht mehr wiedergewählt werden. Spätestens 2014 könnte die vor allem von SPD, Grünen und BBV wiederholt als "Mehrheitsbeschaffer der CSU" verspottete FW-Stadtratsfraktion aus dem Block der Konservativen ausscheren - vor allem, wenn es dem OB-Kandidaten Georg Stockinger gelingt, ein Stadtratsmandat zu erringen. Stockinger steht mit der CSU, der er früher angehörte, auf Kriegsfuß.

Fröhlich ist seit 2001 Mitglied der Freien Wähler, seit 2005 Ortsvorsitzende und seit 2008 Stadträtin. Bei den OB-Wahlen 2008 war sie auf 6,7 Prozent gekommen. Wie ein Blitz aus heiterem Himmel hatte sie die Niederlage bei der diesjährigen Nominierung des OB-Kandidaten getroffen. Dort hatte sich Stockinger mit sieben gegen fünf Stimmen durchgesetzt. Noch in der Nacht hatte Fröhlich daraufhin ihren Rücktritt als Ortsvorsitzende bekannt gegeben, eine Woche später war sie ganz aus der Gruppierung ausgetreten. "Hätte ich das damals nicht gemacht, dann spätestens vor zwei Wochen", so Fröhlich. Denn dass der Landesvorsitzende der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, sich gegen eine Verschärfung des Tierschutzgesetzes wehre, habe sie regelrecht schockiert.

Die Trennung vom Ortsverein sei "ruhig und ohne Rosenkrieg" erfolgt. Dass Schmetz vor einigen Wochen auf sie zugekommen sei und ihr nach Absprache mit Ortsverein und Fraktion eine "Kandidatur ohne Vorbedingung" (Lämmle) auf der SPD-Liste anbot, wertet Fröhlich "als Zeichen der Wertschätzung, die mir so nicht bewusst war." Über den Platz auf der SPD-Liste entscheiden die Mitglieder des Ortsvereins bei der Nominierung am 19. Oktober.

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